01 Kapitel

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MAE'S SICHT

»Komm schon«, jammere ich und bemühe mich, das Taschentuch, welches ich gerade aus der fast leeren Packung gefischt habe, nicht nach dem Fernseher zu werfen. »Find dein blödes Gleichgewicht, damit er drauf kann!«

Hinter mir Räuspern. »Mae-Liebes, du weißt, dass das nur ein Film ist, oder?«

Ruckartig drehe ich mich um, sodass ich mit dem Rücken auf meinem Bett liege, und stütze mich so auf die Ellenbogen, während Daniel seufzend sein Handy zur Seite legt, und mich anstarrt.

»Okay, was ist los?«, frage ich genervt. Im Hintergrund höre ich die Stimme von Leonardo DiCaprio, und ich verziehe das Gesicht, weil ich genau weiß, welche Szene gerade beginnt; ich muss mich zusammenreißen, um nicht das Weinen anzufangen. »Titanic ist dein Lieblingsfilm, letztes Mal – und dass war vor nicht weniger als zwei Tagen – hast du mehr geheult, als ich die letzten siebzehn Male zusammengerechnet.«

Ich beäuge ihn misstrauisch. »Mir geht's gut. Ich hab heute nur keine Lust auf solche Schnulzen.«

Alarmiert greife ich nach der Fernbedienung und schalte auf Pause – schlagartig verstummt das Wellenrauschen.

»Hat Ace wieder Schluss gemacht?«

Mein – nebenbei bemerkt übrigens schwuler – bester Freund nickt wehmütig.

»Ich bin ihm zu anhänglich, sagt er.« Ich lache, auch wenn das ein wenig unangemessen ist, aber irgendwie auch lustig, denn – »Letzte Woche hat er es beendet, weil du ihm zu distanziert warst, und dich kaum in seiner Nähe aufgehalten hast. Denk darüber mal nach.«

Ich sehe, wie Daniel schluckt.

»Entschuldige mich bitte – ich muss mal kurz für beste Freundinnen.« Kurzerhand schnappe ich mir aber noch Daniel's Handy. »Nur zur Sicherheit. Sonst würdest du nur was echt Dummes machen; ich kenn dich ja. Schalt den Film an, vielleicht kannst du dich so ablenken.«

Er sieht beleidigt aus, aber auch erleichtert, und ich gehe zufrieden aus dem Zimmer. Kaum eine Minute später schließe ich die Toilettentür und lehne mich mit dem Rücken dagegen, während ich auf dem Display von Daniel's Telefon umher wische.

Er hat kein Passwort – wahrscheinlich hat er es rausgetan, als sein Ex mal wieder mit ihm Schluss gemacht hat. Bisher war es nämlich immer Ace' Geburtsdatum.

Dieser geht aber schon nach dem zweiten Anruf ran, womit ich eher nicht gerechnet hatte.

»Daniel? Es ist vorbei, das hab ich doch mehr als –«

»Deutlich gemacht? Ohja, das hast du. Und wie. Er ist vollkommen aufgelöst!«

Ace schweigt überrascht. »Klar, und jetzt kriegst du den Mund nicht auf. Hab schon verstanden. Und weißt du was? Er hat einen richtig süßen Typ kennengelernt. Der übrigens schwul, und stolzer Besitzer von Daniel's Handynummer ist!«

Ha. Perfekt.

Ich lege zufrieden auf, und warte dann ab. Und in 5, 4, 3, 2...

»Sag Daniel dass es mir leid tut«, keucht Ace atemlos, als ich rangehe. »Und dass ich ihn liebe. Und dem Typ sagst du, er soll sich die Nummer in den Arsch schieben, denn –«

Ich unterbreche ihn, wenn auch gezwungenermaßen. Lügen ist echt scheiße.

»Es gibt keinen Typ«, gebe ich schuldbewusst zu. Am anderen Ende der Leitung herrscht Stille. Dann räuspert sich Ace vernehmlich.

»Wieso sollte ich dann wieder mit ihm zusammen sein?«

Ich schnaube.
»Weil du ihn liebst!?«

Ace schweigt wieder, und stände er jetzt vor mir, würde ich ihm eine knallen, damit er wenigstens einen Schmerzensschrei von sich gibt.

»Ich bin in zehn Minuten bei euch«, meint er schließlich. Ich lege auf mich selbst stolz auf, und lösche sorgfältig das Anrufprotokoll. Spuren verwischen ist ja nicht gleich Lügen. Oder? Keine Ahnung. Aber für Daniel und Ace lüge ich gerne. Dafür sind die zwei wirklich viel zu süß.

Mein schwuler bester Freund liegt mit geröteten Augen auf der Matratze, als ich wieder in mein Zimmer komme. Es laufen gerade die letzten Minuten, in der Rose Jake's Hand von der Tür löst, und er sinkt. Sehr tief. Und tiefer.

Herrje. Wie tief denn noch? 
Der Kerl muss ein U-Boot sein.

Ich schlucke schwer.

»Der Film sollte verboten werden«, murmele ich, dann setze ich mich auf die Bettkante, und streiche Daniel sanft über den Rücken. »Lass das, ich krieg Gänsehaut. Bestimmt fühlen sich so kalte, tote Finger an, die eine Weile im Atlantik lagen.«

Ich kichere, und ziehe meine Hand zurück.

»Danach schauen wir Frühstück bei Tiffany's«, entscheidet er.

»Mal sehen«, entgegne ich leise, ignoriere aber seine verwirrte Miene, und lege meinen Kopf auf die Matratze. In den nächsten Minuten schauen wir stumm zum Bildschirm, und lassen das Intro bis ganz zum Ende ablaufen, dann klingelt es an der Tür, und ich werfe Daniel einen Blick zu.

»Mach du bitte auf, ich kann grad nicht aufstehen«, flehe ich mit Hundeblick. Als er mich entnervt mustert, zucke ich unschuldig mit den Achseln. »Ist bestimmt nur die Pizza.«

»Boah, du bist so faul, Mae«, ächzt er, dann stemmt er sich hoch und schlurft aus dem Raum. 

»Als Trinkgeld habe ich ihm einen Kuss verprochen!«, rufe ich, als er an der Tür ist. Er dreht sich um, und zeigt mir einen Vogel, dann verschwindet er im Flur.

Oh, und wie er einen Kuss bekommen wird.

Amüsiert glucksend rolle ich mich aus den Kissen und folge ihm leise und unbemerkt.
Ich sollte Spionin werden. Ha, er ist bei der Tür. Hinter einer Kommode bleibe ich stehen, und drücke mich an die Wand.

Die Tür geht auf...
und Daniel's Augen werden groß.

»Ace? Was –«
Bevor er den Satz beenden kann, wird er in Richtung Tür gezogen und geküsst. Ich richte mich vergnügt auf. »Mission erfolgreich abgeschlossen, Agent«, murmele ich. Dann zwänge ich mich an den zwei Verliebten vorbei, und trete in die Nachmittagssonne.

»Hey, ihr beiden«, schreie ich ihnen am Gartentor nochmal eben zu. »Ich geh in die Stadt. Aber nicht überall Sabber verteilen, ja?«

Ich glaube, sie hören mich gar nicht mehr.
Lachend kicke ich einen Stein vom Wegrand.

Mal sehen, was der Shopping Center so für Missionen bereit hält. Bestimmt gibt's irgendwelche Idioten, die nur darauf warten, von mir genervt zu werden.


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bin endlich fertig.
so. was sagt ihr zu d&a? 
uNd wAs wIrD iM sHoPpInG cEnTeR pAsSiErEn?
tja. 3mal dürft ihr raten.

isch weiß, ihr liebt misch
love, kyra xx

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