Aussprache?

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Punkt acht Uhr war ich wieder in der Praxis. In meinem Behandlungszimmer angekommen lag schon die erste Akte bereit. Natürlich musste es die von Joshua sein. 'Da muss ich wohl durch' dachte ich mir und setzte mich an meinen Schreibtisch. Fünfzehn Minuten später hörte ich ihn und die Arzthelferin, die in in meinen Raum schickt. 'Dann wollen wir mal.' Es klopft an der Tür.
Ich: "Herein!"
Die Tür ging auf und er folgte der Arzthelferin in meinen Raum. Sie ging und schloss die Tür.
Ich: "Hallo Joshua. Was kann ich denn für dich tun?"
Joshua: "Hey, ich dachte ich hätte einen Termin bei Dr Müller Wohlfahrt?"
Ich: "Er ist gerade selbst in einer Behandlung. Also entweder nimmst du mit mir vorlieb oder lässt das Trainingslager auf Grund einer unbehandelten Verletzung ausfallen."
Joshua: "Gut, dann bringen wir es hinter uns. Ich hab ein ziehen im linken Abduktor."
Ich: "Ok, dann leg dich mal hin."
Ich tastete sein linkes Bein ab und merkte das Problem.
Ich: "Das haben wir gleich. Nur eine kleine Spritze und in ca 30 Minuten ist alles wieder gut."
Ich zog die Spritze auf und verabreichte sie ihm.
Ich: "Das wars schon. Kann ich sonst noch was für dich tun?"
Joshua: "Nein das wars."
Wir hatten uns gerade verabschiedet und er wollte gerade die Tür öffnen, als er sich nochmal umdrehte.
Joshua: "Wir sollten mal reden."
Ich: "Ich wüsste nicht worüber."
Joshua: "Darüber, was die letzten Jahre war."
Ich: "Für mich gibt es da nichts mehr zu reden und wenn du mich entschuldigst, ich muss weiter arbeiten. Außerdem separiere ich gerne berufliches und privates."
Joshua: "Wann hast du Pause?"
Ich: "es ist viel zu tun heute."
Joshua: "Feierabend?"
Ich: "Ich muss weiter arbeiten."
Enttäuscht verlässt er den Raum um kurz nach zwölf klopfte es an der Tür.
Ich: "Ja bitte?"
Leon kam herein und hatte unteranderem einen großen Salat dabei.
Leon: "Hey, ich habe mir gedacht, dass du mit Sicherheit viel zu tun hast und bringe dir deswegen was zum Essen."
Ich: "Danke, das ist echt lieb von dir. Es geht vom Arbeitsaufwand. Wie ist das Training?"
Leon: "Alles gut. Wir starten langsam und nächste Woche ist ja das Trainingslager. Kommst du eigentlich mit?"
Ich: "Soweit ich weiß nicht."
Leon: "Ok."
Er wirkte fast ein wenig traurig.
Genau in dem Moment kam mein Chef rein.
Hans: "Frau Dr Kimmich..."
Ich: "Herr Dr Müller Wohlfahrt..."
Hans: "Hallo Leon."
Leon: "Hallo"
Hans: "Nächste Woche schon was vor? Wenn nicht hätte ich sie gerne im Trainingslager dabei."
Ich: "Gerne. "
Hans: "Die genaueren Infos gebe ich ihnen später. Genießen Sie ihre Mittagspause."
Ich: "Danke sie auch"
Er ging und schloss die Tür.
Ich: "Sieht wohl so aus als würde ich doch mitkommen."
Wir lachten.
Leon: "Freut mich. Weswegen war Jo eigentlich da?"
Ich: "Sorry, ärztliche Schweigepflicht."
Leon: "Ok. Habt ihr geredet?"
Ich: "Er war mein Patient und ich die behandelnde Äztin. Selbstverständlich haben wir geredet."
Leon: "Du weißt was ich meine."
Ich: "Ich trenne gerne Berufliches und privates."
Leon: "Klappt im Moment ja ganz gut."
Wir lachten.
Ich: "Noch warst du ja nicht mein Patient."
Wir genossen die Mittagspause und verabschiedeten uns.
Der Arbeitstag war endlich vorbei. Es kommen schließlich nicht nur die Spieler zu uns sonder auch Privatpersonen. Die Praxis liegt jetzt seit neuestem in der Säbner Straße, damit es näher am Trainingsgelände ist. Die Sonne schien sehr stark und ich setzte meine Sonnenbrille auf. Ich gehe zu meinem Wagen und sehe dort meinen Bruder. Ich hatte gar keine Lust mit ihm zu reden. Er lehnte an meinem Wagen, als ich ankam.
Ich: "Lass das bitte, der Wagen war teuer."
Er ging einen Schritt zurück und ich wollte in meinen Wagen einsteigen. Joshua machte die Autotür wieder zu.
Ich: "Lass das, ich möchte heim fahren."
Auch beim zweiten Mal schlug er die Tür wieder zu.
Joshua: "Wir müssen reden."
Ich: "Aber nicht jetzt. Ich bin müde und möchte nach Hause. Der Tag war anstrengend."
Joshua: "Wir reden jetzt!"
Ich: "Nein tun wir nicht."
Joshua blockierte die Fahrertür.
Ich: "Lass mich sofort durch!"
Ich würde laut.
Joshua: "Melly bitte."
Ich: "Nein ich will nicht! Du kannst mich nicht zwingen! Und nenn mich nicht Melly!"
Wir wurden immer lauter. Leon und Serge kamen dazu und versuchten zu helfen.
Serge: "Hey Leute, was ist denn bei euch los?"
Joshua: "Ich wollte mich mit ihr aussprechen, aber sie blockt komplett ab!"
Leon: "Du kannst sie nicht zwingen."
Joshua: "Bist du etwa auf ihrer Seite?"
Leon: "Ich bin auf gar keiner Seite, aber du kannst sie nicht zwingen."
Ich: "Genau. Hör auf ihn Joshi. Wenn ich dann bitte fahren dürfte."
Leon: "Du fährst mit Sicherheit jetzt kein Auto. Du bist zu aufgebracht."
Ich verdrehte die Augen.
Leon: "Ich fahr dich nach Hause. Serge, kannst du bitte Mels Wagen fahren? Du bist ja eh ohne da."
Serge: "Klar kein Problem. Wohin?"
Leon: "Sie wohnt neben mir."
Serge: "Ok. Schon witzig."
Leon: "Mel, die Schlüssel."
Widerwillig gab ich Serge die Schlüssel und stieg zu Leon in den Wagen. Ich sprach die ganze Fahrt über kein Wort mit ihm. Wir kam kurz nach Serge zu Hause an. Ich ging zu ihm und bekam meine Schlüssel. Ich sagte kurz danke und ging in meine Wohnung. Ich setzte mich aufs Sofa und hoffte für heute meine Ruhe zu haben, doch da hatte ich mich getäuscht. Keine zehn Minuten später klingelte es sturm an meiner Tür. Ich ging an die Tür und sah durch den Spion. Mein Bruder stand davor.
Ich: "Verschwinde!"
Joshua: "Lass uns reden, bitte."
Ich: "Verschwinde, oder ich rufe die Polizei."
Leon kam dazu.
Leon: "Lass es lieber Jo. Das hat gerade keinen Sinn"
Joshua: "Ich will doch nur wissen, warum sie damals einfach weg ging, ohne mir etwas zu sagen. Sie war einfach weg."
Die Jungs drehten um und wollten gerade gehn, doch ich öffnete die Tür.
Ich: "Warte! Kommt rein."
Sie drehten sich zu mir und kamen rein. Ich schloss die Tür. Joshua wollte mich umarmen, doch ich verweigerte. Wir gingen ins Wohnzimmer.
Ich: "Setzt euch. Wollt ich was trinken?"
Sie schüttelte den Kopf. Ich ging in die Küche, stellte ein Glas auf die Kücheninsel die die Küche vom Wohnzimmer trennte und schenkte mir ein Glas Wasser ein. Ich setzte mich zu Leon, Serge und Joshua auf die Couch. Stille. Das war ungefähr fünf Minuten so, bis Joshua anfing zu sprechen.
Joshua: "Mel, warum bist du einfach weg gewesen? Du warst einfach nicht mehr da und ich wusste nicht warum. Erst später hab ich erfahren, das du nach Boston gegangen bist."
Ich: "Einfach weg?! Einfach weg?!
Joshua: "Ja, da hast mir nichts erzählt und unsere Eltern auch nicht.
Ich: "Du hast dich doch nicht für mich interessiert! Du warst doch einzig und allein auf deine Fußballkariere fixiert. Was anderes hat dich doch nicht interessiert!"
Ich würde lauter, denn jetzt war die erste Möglichkeit, die angestauten Agressionen, Enttäuschungen und Vernachlässigungen raus zu lassen.
Ich: "Keiner von euch hat sich für mich interessiert. Nur Debby hat mich angerufen. Weder Mum, noch Dad, geschweige denn du hat sich für mich interessiert. Ich wart doch auf einem kompletten Fußballtrip. Was anderes als Fußball hat euch doch gar nicht mehr interessiert. Wie es mir ging war euch doch scheiß egal."
Joshua: "Das stimmt nicht. Du bist immernoch meine kleine Schwester. Du bist mir nicht egal."
Ich: "Davon hab ich allerdings nicht viel gemerkt."
Leon: "Tut mir leid das ich mal kurz einschreiten muss, aber beruhigt euch besser mal ein wenig. So können wir das ganze nicht klären."
Er wandte sich mir zu und legte seine Hände auf meine verschränkten Arme.
Leon: "Ich weiß, dass bei dir eine Menge aufgestauter Wut und Enttäuschung vorhanden ist. Aber wenn du es klären möchtest, musst du ruhig bleiben. Ok?"
Ich nicke.
Joshua: "Du weißt Bescheid?"
Leon: "Ja, sie hat mir alles erzählt."
Joshua: "Wann?"
Leon: "Als ich sie zum Abendessen zu mir eingeladen habe."
Serge: "Am Tag unserer Spritztour?"
Leon: "Ja."
Joshua: "Was für eine Spritztour?"
Serge: "David wollte unbedingt mit Mels Auto eine Runde drehn und zu dritt sind wir danach was essen gegangen. Leon hat uns danach zurück gefahren. Jetzt kann ich es ja auch sagen, mit deinem Wagen ist das Fahren wirklich das reinste Vergnügen."
Ich lachte.
Ich: "Danke."
Joshua: "Ihr unternehmt etwas mit meiner Schwester und erzählt mir nichts davon? "
Serge: "Du hast ja auch nie über sie gesprochen."
Ich: "Außerfem geht dich meine Freizeitgestaltung gar nichts an."
Joshua: "Ich bin immernoch dein Bruder."
Ich: "Ein Scheiß bist du! Ich geh jetzt auf die Terasse eine rauchen und wenn ich wieder komme seit ihr alle weg! Das Ganze hier macht doch keinen Sinn! Mit dir kann man nicht reden!"
Ich ging auf die Terasse, schloss die Tür und setzte mich auf den Stuhl. Nach dem ich fertig war ging ich wieder rein. Gott sei dank war ich wieder allein. Ich machte mir was zum Abendessen, doch bekam kaum was runter. Das ganze setzte mir doch mehr zu als gedacht. Um ca halb acht klingelte es an der Tür. Am Monitor neben meiner Tür, dass eine Brünette Frau vor meiner Tür stand.
Ich: "Kann ich ihnen helfen?"
???: "Kann ich bitte hoch kommen? Ich glaube wir beide sollten reden."
Ich ließ sie rein und öffnete die Tür. Ich bittete sie rein. Wir setzten uns auf die Couch.
Ich: "Zuerst wüsste ich gerne mal, wer du bist."
???: "Ja, es tut mir auch leid, dass ich hier so reinplatze und dich überfalle. Ich bin Lina, Joshuas Freundin."
Was will die denn hier? Ich verschränkte meine Arme und überschlug meinen Beine.
Ich: "Und was möchtest du von mir? Wie kann ich dir weiterhelfen?"
Lina: "Jo kam nach Hause und war nicht er selbst. Er hat nur deinen Namen erwähnt und da ich daraus nicht schlau wurde hab ich Leon angerufen, doch der wollte mir nichts erzählen. Danach hab ich es bei Serge probiert und nach einer kurzen Diskussion hat er mir erzählt wo du wohnst. Er meinte wenn dann sollst du mir was erzählen. Wer bist du eigentlich. Hast du eine Affäre mit meinem Freund?"
Ich: "Um Gottes Willen nein! Er ist mein Bruder."
Lina: "Jetzt weiß ich auch, warum mir der Name bekannt vor kam. Was ist denn passiert."
Ich: "Er wollte mit mir reden, doch dann kamen nur Vorwürfe und dann hatte ich natürlich auch keine Lust mehr."
Lina: "Er hat dich im Laufe unserer Beziehung nur ein mal erwähnt. Er wollte nie über dich reden. Kannst du mir vielleicht sagen was passiert ist?"
Ich erzählte ihr die Geschichte, die ich auch Leon erzählt habe.
Lina: "Das kling überhaupt nicht nach ihm. Er ist eigentlich der totale Familienmensch."
Ich: "Das hab ich gemerkt. Wie geht's dem kleinen?"
Lina: "Jo hat dir von ihm erzählt?"
Ich: "Nein, ich weiß es aus der Presse."
Ich trinke einen Schluck.
Lina: "Du weißt es aus der Presse, dass du Tante geworden bist?"
Ich: "Ja, hab ich mal gelesen."
Lina: "Ihm geht's gut. Er entwickelte sich prächtig. Willst du ihn mal sehen?"
Lina holt ihr Handy raus und zeigt mir ein Bild. Ich war sofort verliebt.
Ich: "Oh mein Gott wie süß ist der denn? Der sieht aus wie sein Vater."
Lina: "Er würde dich sicher gerne kennen lernen."
Ich: "Ich glaube das wäre Jo nicht recht."
Lina: "Das ist auch mein Kind. Wie wärs wenn wir uns morgen zum Mittagessen treffen?"
Ich: "Gerne. Kannst du was empfehlen? Kenne mich hier noch nicht aus."
Lina: "Ich schick dir die Adresse. Jo muss davon nichts wissen."
Wir tauschten Nummern aus und umarmten uns zum Abschied. Ich habe gerade meine Schwägerin kennen gelernt.

Die kleine SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt