5. Was jetzt?

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Mit der Zeit ging es mir immer besser und so würde ich bald entlassen werden. Andauernd musste ich daran denken, wie es jetzt weiter gehen sollte. Wie vorher? Einfach wieder zurück ins Kinderheim als wäre nichts gewesen? Das wollte ich nicht. Ich hatte meinen Vater endlich gefunden, da gab ich doch jetzt am Ende nicht auf! Der Vaterschaftstest hatte bereits vor einigen Tagen bestätigt, dass ich Dr. Lindners Tochter bin. Und nun rückte die Entlassung immer näher, das war offensichtlich, und ich wusste immer noch nicht, wie es weiter gehen sollte.
Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als die Tür aufging und Dr. Lindner herein kam. Er setzte sich zu mir aufs Bett. „Deine Entlassung ist heute", sagte er lächelnd, aber gleichzeitig auch etwas bedrückt kam es mir vor. „Mhhhm ok..", antwortete ich nachdenklich. „Darüber wollte ich mit dir reden", packte ich die wahrscheinlich letzte Gelegenheit am Schopf.

„Ich möchte nicht weiter im Kinderheim bleiben. Ich habe mein Ziel, meinen Vater zu finden, endlich erreicht und das soll jetzt alles umsonst gewesen sein? Kann ich nicht zu dir ziehen? Bitte!!". „Um ehrlich zu sein, ist mir genau das die letzten Tage ununterbrochen durch den Kopf gegangen. Ständig habe ich die Vor-und Nachteile überlegt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mir das zutraue. Aber ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich die Herausforderung „Teenie-Tochter" annehmen werde!", sagte er stolz und sah mich erwartungsvoll an. Ich war kurz davor, richtig auszuflippen. Endlich hatte ich das, was ich all die Jahre meines ganzen Lebens kläglich versucht hatte, zu erreichen, geschafft! Ich konnte nicht anders und mir kullerten tausende Freudentränen die Wangen herunter. Vor voller Freude umarmte ich ihn und er mich zurück. Das fühlte sich so gut und vor allem richtig an. Den magischen Moment beendete dann leider sein Handy. Mit einem entschuldigendem Blick ging er ran und musste daraufhin gehen. „Dr. Bähr macht dir gleich die Entlassungspapiere fertig und ich informiere Frau Borge", sagte er noch und verließ den Raum.

Kurze Zeit später kam Dr. Bähr mit den Entlassungspapieren. Er teilte mir noch ein paar letzte Dinge mit, wie z.B. Sachen, die ich noch nicht machen sollte, wünschte mir noch Alles Gute und verabschiedete sich von mir. Ich konnte mein Glück immer noch nicht fassen. Ich würde zu meinem Vater ziehen. Ein komplett neues Leben beginnen. Und das Ganze noch heute! Während ich so darüber nachdachte, schlüpfte ich mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht in meine Kleidung. Es tat gut, nach so langer Zeit wieder normal angezogen zu sein. Ich packte noch den Rest meiner Sachen und verließ anschließend das Zimmer. Ich stand mit meinem Rucksack jetzt auf einem sehr belebten Krankenhausflur. Überall wimmelte es von Pflegern, Krankenschwestern und Ärzten. Ich atmete noch einmal tief durch bevor ich losging. Mein Ziel war die Cafeteria, wo ich auf meinen Vater warten wollte.

Es dauerte zu meinem Überraschen nicht lange, bis er auftauchte und sich zu mir setzte. Ich begrüßte ihn mit einem breiten Lächeln. Er grinste zurück. „Du strahlst ja wie ein Honigkuchenpferd", stellte er freudig fest. „Ja, ich kann es kaum abwarten, endlich in mein neues Leben zu starten!", rief ich voller Begeisterung. „Na dann lass uns los", sagte er und stand auf. Er hatte sich den den Rest des Tages für mich frei genommen, was ich total nett fand. Während der Autofahrt erzählte er mir, dass er mich schon viel früher aus dem Kinderheim geholt hätte, hätte er gewusst, in welchem ich war. Er war also auch ein bisschen auf der Suche nach mir gewesen, aber genauso erfolglos wie ich. Zum Glück hatten wir uns jetzt endlich gefunden.

One day you'll be lovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt