Kapitel 1

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Still stand ich vor den Spiegel und hielt das Kleid, was ich mir vor ein paar Tagen gekauft hatte an meinen Körper. Es war wunderschön. Behutsam zog ich mir den zartrosa Stoff über, der kühle Stoff schmiegte sich angenehm an meine Taille. Vorsichtig strich ich darüber und hob den Kopf, um mich anzusehen. Das Kleid war perfekt. Glücklich machte ich eine Pirouette und spürte wie der Stoff sich langsam anhob, um sich mitzudrehen.

Meine Gedanken schweifen ab, zu einen hell erleuchteten Saal gefüllt mit Menschen, die mich gespannt und glücklich beobachteten. Leise Musik kam von irgendwo her, zu der ich schwerelos zu tanzen begann. Nach der Vorstellung folgte Applaus, das Scheinwerferlicht richtete sich auf mich und ich verbeugte mich lächelnd. In der Ferne rief eine mir bekannte Stimme, die ich im ersten Moment nicht richtig zuordnen konnte undeutlich etwas. Einen Namen. Einer der mir sehr bekannt vorkam. Und ich hasste ihn wie die pest. Schlagartig war der Traum vorbei und ich befand mich in meinem abgedunkeltem Zimmer wieder.

Traurig sah ich mich noch einmal an um dann schnell wieder in meine Jeans und das T-Shirt zu schlüpfen, die unordentlich auf meinem ungemachten Bett lagen. Das Kleid steckte ich schweren Herzens wieder in die hinterste Ecke meines Schrankes. Genau in dem Moment, als ich den Schrank zugemacht hatte, klopfte es. Ohne auf ein „Ja" oder „herein" zu warten öffnete meine Mutter die Tür und trat ein. „was ist denn?", wollte ich wissen. „Wir warten auf dich Justus. Es gibt essen, und da du anscheinend nicht auf Rufe reagierst, sondern eine Sondereinladung brauchst, bin ich jetzt hier." Da war er wieder dieser stich in mir es tat unglaublich weh. Mein kompletter Körper zog sich zusammen. Zögerlich nickte ich und schlich mich kommentarlos vorbei an meiner Mutter runter in die Küche um mich zu setzen. Still saß ich da, ohne den geringsten Appetit zu haben machte ich mir ein Stück Lasagne auf meinen Teller während mein Bruder alles in sich hineinstopfte, bekam ich kaum einen bissen runter.

Lustlos stocherte ich in meinem Essen herum und bemerkte wieder nicht, wie ich von Mama angesprochen wurde. „Justus?" Leon starrte mich an. „JUSTUUUUUUS!" „Mh", gab ich zur Antwort. „Isst du das noch?", gierig lehnte er sich vor um an mein Essen zu kommen, aber meine Mutter war schneller: „Leon! Du hattest doch jetzt genug, dass gehört deinem großem Bruder." „Nein schon ok kannste haben wenn du willst hab eh keinen Hunger", murmelte ich und schob ihm den Teller, mit meinem auseinandergenommenen Mittagessen hin, auf das er sich gleich stürzte.

Der besorgte Blick meiner Mutter verriet mir das ihr das nicht passte, aber sie blieb stumm. „Ich nehme mir einen Apfel mit hoch, vielleicht hab ich ja später Hunger", ich lächelte das gefaketeste lächeln, was es nur geben konnte und verschwand mit einem Apfel in der Hand in meinem Zimmer. Was war nur los mit mir? Warum war ich so? Warum fühlte sich das alles so falsch an. Ich schrieb meinem besten Freund auf den ich seit geraumer Zeit furchtbar stand, was ich ihm natürlich niemals sagen werde, ob wir uns treffen wollen. Der jedoch hatte keine zeit, also blieb mir nichts anderes übrig, als den Tag allein mit meinen Gedanken zu verbringen. Sehnsüchtig blickte ich immer wieder zu dem Schrank, in dem ich mein Kleid versteckt hatte, es zog mich an. Auch als ich das im Laden im Schaufenster gesehen hatte, wurde ich magisch davon angezogen. Generell fand ich in der Frauenabteilung mehr Kleidung die mich ansprach. Vielleicht wollte ich damit bezwecken anderen Männern zu gefallen. Ich konnte es nicht sagen. Gekauft hatte ich allerdings noch nie etwas. Allein die Vorstellung komisch angeschaut zu werden, wenn ich alleine mit einem Klamottenberg aus der Umkleide komme, lies mich schaudern.

Draußen war die Sonne unter- und der Mond aufgegangen und bis auf Wolkenfetzen, die einzelne Sterne verdeckten eine sehr klare Nacht. Ich zog mich gerade aus als mein Blick von meinem Spiegelbild gefangen wurde. Gerade stehend musterte ich meinen Körper er passte einfach nicht zu mir, es fühlte sich an wie ein Käfig in dem ein Tier festgehalten wird. Meine Augen wanderten an meinem nackten Oberkörper zu meiner Brust. Auf einmal kam der Gedanke das die Stelle schrecklich flach aussah. Für das männliche Geschlecht mag das ja normal sein, aber ich hatte das Gefühl, dass da etwas fehlte. Kaum war der Gedanke zu ende Gedacht verstärkte sich der Druck unten. Ich wollte da gar nicht hinsehen, tat es aber doch. Mir wurde schlecht. Nicht die Art von schlecht wenn man krank wird. Nein viel schlimmer.

This Body is my CageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt