Ein Bett. Ein Tisch. Ein Stuhl. Und wie jedes Mal fragt sie sich, wieso es gerade dieses Bild ist, welches sie ihr zeigt, wenn sie nach einem langen Tag voll mit Training in ihre Zelle geführt wird. Als die Tür hinter ihr geschlossen wird, lässt sie sich, wie immer, an der Wand neben ihrem Bett zu Boden sinken. Sie kann nicht verhindern, dass ihr Blick zu dem Loch, dem Licht in der Finsternis, schweift. Zu dem Loch, durch das sie schon drei Mal mit einem Bernsteinfarbenen Auge gesprochen hat. Mit einem Verrückten. Gestern hat sie nicht mit ihm gesprochen. Er würde ihr nur wieder von seinen verdrehten Theorien über das kämpfen erzählen. Oder? Er ist der einzige, mit dem sie seit Wochen gesprochen hat. Der einzige Mensch, den sie außerhalb des Trainings sieht. Sie kann nicht anders, als sich hinab zu beugen und durch das Loch zu sehen. Doch heute ist dort kein Bernsteinbraun. Dort ist nur der ausgeblichene Stoff der Trainingshemden.
"..."
"Na Annishalein, Prinzessin des Blümchenlandes?! Hattet Ihr eine angenehme Nacht, eure Hoheit? HAHAHAHA!"
"Nein."
"Oooh, hat Euch ein böser, böser Wolf auf der anderen Seite Eures adligen Zimmers geweckt? HAHAHA!"
"Nein."
"Mhmm... Was dann Annisha? Wo ist Eure wunderbare Hoffnung, Majestät? HAHAHA! Gebt ihr auf, jetzt, wo der Adler sein Nest nicht verlässt? Seid Ihr bockig, weil Euer lächerliches Krönchen verrutscht ist?
Mrpff... Der Adler verlässt sein treues Nest nicht. Wenn Feinde kommen, greift er an und teilt... Er teilt höchstens das Blut seines Feindes, was kurz danach mit deinem eigenen vermischt werden wird.
Langweile ich dich, Anisha? Erfülle ich nicht Eure Ansprüche in Sachen Gesellschaft? Seid Ihr euch also sicher, mich, das arrogante Arschloch, unter eine Decke zu nehmen?"
"Wieso sparst du dir deine Energie nicht, um zu überleben, Jardy?"
"Hehehe... Warum, verkneifst du dir nicht deine wertlosen Hoffnungsbehauptungen und beginnst endlich die Realität zu sehen, Annisha?!"
"Die Realität ist, dass wir von irgendeiner brutalen Untergrundorganisation entführt wurden und diese uns jetzt für einen Kriegt ausbildet. Um unserem Schicksal zu entgehen, können wir nicht einfach blindlings auf einen oder zwei losgehen. Wir brauchen Hoffnung und einen richtigen Plan."
"Mrmpf... Du versuchst dem Schicksal zu entgehen, dem Tod, Anisha?! Du sagst wir brauchen Hoffnung, einen richtigen Plan? MEIN PLAN IST DER RICHTIGE! Was macht es für einen Unterschied auf einen, oder zwei zu gehen, wenn wir doch am Ende sowieso gegen alle kämpfen? Versuchst du zu fliehen und gleichzeitig zu kämpfen, entscheidest du dich für den Tod. Das Schicksal, was schon vor unserer Geburt für uns bestimmt worden war. Ob ich nun hier kämpfe, oder dort draußen im Dreck krieche, ich wandere immer in der Hölle, als ob ich der verdammte Teufel wär... Hehehe... "
"Schön. Und was ist dein Plan? Und jetzt erzähl mir nichts von Adlern und der Hölle."
"Pfff... Ich glaube, du hast mich nicht richtig verstanden... HAHAHA! Denn das ist mein Plan. Kämpfe, bis zur Pforte des ewigen Todes... Hehehe... Ist das zu ungenau, Mädelchen, oder soll ich es nochmal in Blümchensprache erklären?!"
"Nein."
"HAHAHA! Gut. Und wenn dir meine... ausgesprochen anspruchsvollen Fantasien meines... Ebenbilds , zu langweilig geworden sind, Prinzesschen... muss ich wohl so langsam anfangen, von aggressiven Wölfen zu sprechen, nicht wahr?! Ich habe gehört, sie haben es besonders, auf kleine Mädchen auf Blumenwiesen abgesehen... HAHAHA!"
"Wenn sie es nur auf Mädchen auf Blumenwiesen abgesehen haben, brauche ich mir ja keine Sorgen machen. Schließlich gibt es hier keine Blumen."
"Hahaha! Prinzesschen... Du hältst dich wohl für sehr klug, mhm? HAHAHA! Verkrieche dich lieber in deinen Blümchen-Palast zurück und entwickle einen richtigen Plan, Mädchen. Du... Bist nichts weiter als ein hoffnungsvolles süßes kleines Pflänzchen auf einer weiten großen grünen Wiese, was die Hoffnung hat, nicht wie seine niedergebrannten Freunde abgemäht, nicht wie all die anderen Grashalme, mit verräterischem Blut und stinkenden Leichen - das Unheil des Raubvogels und seiner Beute, das er einst über sie brachte - beschmissen zu werden. Doch dieses lebendige Blümchen, die Prinzessin , wagte es tatsächlich den Vogel zu bitten, zu leben, obwohl dieser und die lächerliche Blumenprinzessin schon lange von der Welt verraten worden waren."
"Von der Welt verraten? Ich fühle mich eher von denen verraten, die meinen, meine Hoffnung ersticken zu müssen."
"Pfff... So langsam verstehe ich warum sie dich hierher geschickt haben... Wenn ich der törichte Spatz wäre, würde ich auch dazu tendieren Blumen zu fressen. Hahahaha!"
"Und wieso bist du hier? Wenn du doch immer dein Nest verteidigst... Wie haben sie es geschafft den Adler zu verschleppen?"
"Weil ich ein Adler bin."
"..."
"HAHAHAHA! Ein Adler, Anisha, kämpft mit dem Tod. Ich bin mir nicht sicher, ob das letzte hoffnungsvolle Blümchen auf der weiten Wiese diese Plagegeister hören will... Hehehe... "
"Das letzte..."
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Bernsteingrau -- PAUSIERT
FantasyEr, der keine Hoffnung kennt. Sie, die das Leben nicht aufgibt. Beide gefangen von einer mysteriösen Untergrundorganisation und getrennt durch eine Mauer. Doch was, wenn sich ein Loch im farblosen Stein befindet? Eines, durch das man Farben sehen ka...