Kapitel 1 - "Regen"

318 20 4
                                    

Die grelle Sonne wärmte meine Haut als ich, zusammen mit meiner gefüllten Gitarrentasche durch die Innenstadt hastete. Schnell hatte ich mich entschlossen meinem Stammcafè einen Besuch abzustatten, bevor ich zu spielen began. Ich betrat den kleinen Laden und bestellte mit einem freundlichen Grinsen meinen üblichen Cappuccino. Hastig drehte ich mich, mit dem Gedanken mal wieder bei all meinen Liedtexten, um und raste holprig in eine schlaksig gebaute Person. Ich stolperte leicht zurück, während mein Lieblingsgetränk auf den alten Eichenholzboden schwappte. Die Tropfen verbanden sich zu einer kleinen Pfütze, die sogleich einen dunklen Fleck bildete.

"Wie dumm bist du?! Pass doch auf!"

Damit glitt ich durch die alte Holztür, nachdem ich an ihm vorbei gehuscht war.

Mit zusammengekniffenen Augen und hängenden Kopf trottete ich durch den gleißenden Regen in die überfüllte Stadt. Der Regen bahnte sich in Tropfen an meinem Gesicht hinunter. Das Wasser ließ meine Haare und meine Kleidung an meinem Körper kleben. Als ich an seinem Lieblingscafè vorbei ging verschnellerte ich mein Schritttempo. Ich blieb kurz stehen, um meinen Gitarrenkoffer wieder richtig auf meine Schulter zu rücken. Als ich an der kleinen Brücke, die, die North- und Southside miteinander verband, stehen blieb, sahen mich viele Leute verdutzt an. Als wollten sie wissen, warum ich einfach inne hielt. Die Brücke war aus alten bemoosten Stein und bot jeweils am Anfang kleine Sitzmöglichkeiten, die aus ebenfalls stark verwitterten Stein bestanden. Ich stellte meinen schweren Koffer ab und setzte mich auf eine der besagten Sitzmöglichkeiten. Mit einem Klick öffnete ich den schwarzen Lederkoffer und mein Baby kam zum vorschein. Ich holte meine heißgeliebte Akustikgitarre haraus und begutachtete sie still. Nun sahen mich nahezu alle Menschen, die die Brücke passieren wollten, an. Ich nahm sie durch aus wahr, jedoch achtete ich nicht sonderlich auf ihre verwirrt schüttelnde Köpfe, die entweder unter einer Kapuze oder einem Regenschirm geborgen waren. Ich selbst hatte nur T-shirt und Jeans an, doch auch dies war mir egal, davon bekam ich nichts mit. Behutsam platzierte ich meine, nun schon durchnässte, Gitarre auf meinem Schoß und schob den Koffer nicht weit vor meinen Sneakers. Sanft ließ ich meine Finger über die Saiten gleiten und erzeugte somit einen harmonievollen Akkord. Immer wieder ließ ich die Klänge sich wiederholen, bis man eine wundervolle Melodie vermachen konnte. Ich schloss meine Augen und ließ meinen Kopf langsam mit dem Takt mitgehen. Ich schaltete vollkommen ab. Dies war in letzter Zeit einer der einzigen Momente bei dem ich Gefühle an mich ran ließ. Ich hatte mich zurückgezogen, vollkommen verschanzt, in meiner eigenen Traumwelt, da wo alles noch perfekt war. Leise summte ich die Melodie mit.

So saß ich nun da. Durchnässt, gitarrenspielend und summend.

Nach ein paar weiteren Melodien beschloss ich lieber ins Trockene zu gehen, also ließ ich meine Gitarre sachte ich den, mit Münzen gefüllten Koffer sacken. Seufzend erhob ich meinen schweren Körper von dem bemoosten Stein. Mit gesengten Blick schob ich meinen Gitarrenkoffer auf meine Schulter und schlich die lange Hauptstraße wieder zurück. Ohne meinen Blick zu heben huschte ich schlaksig durch die hölzerne Tür des Cafès. Ich lief zur Theke und versuchte mich zu entscheiden, was ich daraufhin bestellte, Cappuccino. Die alte Frau lächelte mich traurig und wissend an. Ich entschied mich für einen kleinen Tisch am Fenster. Der Trubel in der Stadt hatte ein wenig nachgelassen. Einige Menschen liefen gestresst mit Aktenkoffern und Handy am Ohr durch die Gassen. So viele Menschen verschwendeten ihr Leben mit einem Job, der ihnen nichts als Geld einbrachte. Keinen Spaß. Sie sollten lieber ihr Leben leben so lange wie sie können. Das Leben ist wie ein Schachbrett, es macht einen Zug nach dem anderen. Und irgendwann heißt es plötzlich "Schachmatt". Und dann, während ihr gesamtes Leben im Schnelldurchlauf an ihnen vorbeizieht, fragen sie sich, was sie bloß falsch gemacht haben. Mit einen leisen Klimpern wurde mir eine Tasse vor die Nase gestellt. Dankend lächelte ich die Cafèbesitzerin an. Verträumt schlürfte ich an meinem Getränk. Ich genoss die Wärme, die von den Heizungen ausging und sah weiter hinaus. Die kleinen Glöckchen, die an der hölzernen Ladentür befestigt waren, gaben das Signal, dass ein weiterer Kunde das Gebäude betrat. Er sagte etwas zu der Frau, wahrscheinlich seine Bestellung, und suchte sich einen Platz. Ich vernahm selbstbewusste Schritte direkt in meine Richtung.

"Luke?...Hey!"

Verdutzt sah ich auf. Der Kunde, der jetzt seine Kapuze abnahm, lächelte mich grüßend an. Ich brauchte einen Moment um die Person zu erkennen. Steve.

"Hi..." Gab ich ihm als Antwort.

"Darf ich mich setzten?"

Mit einem Nicken deutete ich ihm ein Ja. Nachdem auch er sein Getränk entfangen hatte, setzte er auf Smalltalk.

"Hör' zu Steve...tut mir leid, aber mir ist nicht so nach reden."

Enttäuscht seufzte er und nippte an seinem Kaffee.

CollinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt