Eisenhauer Park

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Hannah Baker

Der Eisenhauer Park war nicht weit von mir entfernt, deswegen brauchte ich auch nicht lange dorthin. Warten musste ich gar nicht, als ich ankam. Justin ging schon auf dem Spielplatz hin und her und murmelte irgendwas vor sich hin. ,,Hey!", machte ich Justin auf mich aufmerksam. Er wirbelte herum und entdeckte mich. ,,Du bist aber schnell da.", wunderte er sich. ,,Ich wohne hier gleich um die Ecke.", erklärte ich ihm. ,,Achso. Das wusste ich gar nicht. Dann ist es ja praktisch, dass ich diesen Platz ausgewählt habe." Ich nickte und fragte ihn: ,, Und du? Warum bist du schon da?" ,,Ich wollte extra pünktlich da sein.", meinte Justin stolz,
,,Um einen guten Eindruck zu hinterlassen." ,,Es wirkt.", tat ich beeindruckt und ging auf das blaue, rostige Drehkarussell zu, das in der Mitte des Spielplatzes stand. Ich stellte ein Bein auf den Boden des Karussells und mit dem anderen Bein gab ich anschwung. Der Sand, der unter dem Karussell lag, wirbelte auf. Justin wollte mir beim Anschwung helfen, stellte sich ein bis zwei Meter hinter mich und bekam den ganzen Sand volle Kanne ins Gesicht. Justin hustete und fuchtelte mit einer Hand vor seinem Gesicht herum. „Das bringt auch nichts! ", bemerkte ich lachend und wiederholte meine Bewegung, so dass das Karussell an Fahrt bekam. Justin wich vor dem Karussell zurück, da er sonst mitgerissen worden wäre. Nachdem er sich beruhigt hatte, bat er mich etwas zu stoppen, damit er mitfahren konnte. Ich stoppte mit meiner Fußhacke langsam das Karussell. Danach brachten wir beide zusammen, dass Karussell in Bewegung. Es wurde immer schneller. Meine offenen Haare flogen im Fahrtwind und ich fühlte mich frei. „Ich glaube, ich muss mich gleich übergeben. ", berichtete mir Justin mit brüchiger Stimme und er hüpfte vom Karussell. Ich sprang ihm hinterher. Justin torkelte leicht und fiel fast auf den Boden. „Oh Gott. Alles gut?", rief ich besorgt. Justin stützte sich auf seinen Knien ab und murmelte: ,, Die Welt darf sich nicht mehr so drehen, dann geht es wieder." Ich atmete aus und lief zu ihm.
Eine kurze Zeit sagte niemand etwas bis ich ihn fragte: „Geht es jetzt dir jetzt wieder besser? " „Jap.", bestätigte Justin, „Nur manchmal wenn ich in so ein Drehteil steige, wird mir schwindelig und leicht übel."  „Oh, das wusste ich nicht. Bei mir geht es eigentlich. Anscheinend bin ich immun." Justin starrte mich an und meinte: „Wird dir etwa nicht schlecht? Ich kenne keinen Menschen, der sich nicht danach fast übergeben muss." Ich grinste. „Wie gesagt. Ich kann das ab." Justin schüttelte ungläubig den Kopf und richtete sich zu seiner vollen Körpergröße auf  „Wollen wir zum Ausgleich rutschen? Da wird mir nicht schlecht." „Klar!", freute ich mich. Insgeheim hatte ich nur darauf gewartet. Ich hatte mir schon vorgestellt, Justin auf der Raketenrutsche zu küssen. Das war so romantisch, fand ich. Wir kletterten die kurze Leiter zum Gerüst hoch und ich lehnte mich gegen das Metall des Klettergerüsts. Es war kalt genauso wie der Wind der durch die Bäume wehte. Mein Körper reagierte auf die Kälte mit einer Gänsehaut, doch mir war es in diesen Moment egal. Ich fühlte nur Justin, der vor mir stand und mir eine Strähne hinters Ohr strich. Mein innerer Amour seufzte verträumt. „Willst du als erstes rutschen?", unterbrach Justin diesen romantischen Augenblick. Ich schüttelte den Kopf und machte mit einer Handbewegung verständlich, dass er als erster rutschen konnte. Justin setzte sich auf den Rutschenanfang und rutschte. „Wooo!", machte er, als wäre es das Aufregendste zu rutschen. Ich lachte. „Jetzt bist du dran!", forderte Justin von unten. Ich machte es ihm gleich und setzte mich hin. Justin hatte sein Handy gezückt und bestand drauf ein Foto von mir zumachen, während ich rutsche. „Oh nein. Mein Rock.", kicherte ich als ich bemerkte, dass mein Rock hochfliegen würde, wenn ich rutschte. „Komm schon. Ist nicht schlimm!", gab mir Justin Mut und ich rutschte. Der Blitz von der Handykamera nahm diesen Moment auf und mein fliegender Rock war mir total egal. Einzig allein Justin zählte. Justin stand immer noch am Ende der Rutsche und ich krachte mit voller Geschwindigkeit in ihn hinein. „Au!", heulte Justin gespielt auf und ich entschuldigte mich viel zu oft. „Mir geht es gut, Hannah. Ich habe mir nicht wehgetan." „Achso, dann ist ja gut." Meine Wangen röteten sich leicht und ich schaute verlegen weg. „Wirklich alles prima.", beschwichtete mich Justin und kam mir näher. Bei uns beiden schien es gleichzeitig klick zu machen, denn wir streckten oder beugten uns jeweils zu den anderen und pressten die Münder aufeinander. Ganz sachte, wie eine leichte Berührung und es war das schönste Gefühl der Welt. Den ersten Kuss meines Lebens hatte mir Justin Foley gegeben und es war auch nicht der Letzte.

Am nächsten Tag

Ich betrat den Klassenraum zum Kommunikations Unterricht mit Frau Barley. Im Kommunkations Unterricht lernten wir, wie der Name schon sagt, etwas über die Kommunkations mit unseren Mitmenschen. Uns wurde zum Beispiel gelehrt wie man sich ausdrückt oder wie man sich in einem Streit verhält. Natürlich, muss man das nicht genauso machen, wie Frau Barley es uns einbläut, aber es erleichert ungemein den Umgang mit bestimmten unangenehmen Situationen. In diesem Kurs waren alle Klassen gemischt, die genauso wie ich kurz vor dem Highschoolabschluss waren. Ich setzte mich gerade auf meinem Platz, als Justin mit seiner Freundesgruppe laut gröllend reinmarschierte. Justin setzte sich auf seinen Platz, nicht unweit von mir. Ich war versucht wieder aufzustehen und zu ihm zu gehen, doch er hatte nicht mal einen Blick auf mich geworfen seitdem er den Raum betreten hatte.

,,Mann, da hast du ja mal wieder jemanden herum bekommen.", sagte ein Freund von Justin zu ihm, kurz nachdem Justin sich gesetzt hatte. Ein Ping, von einem Handy ertönte. Es war das Handy eines Mädchen in meiner Nähe. Es holte ihr Handy sofort raus, und erschrak. Sie drehte sich empört zu Justin um und fragte ihn: ,,Wie kannst du sowas nur verschicken, Justin?" Justin Reaktion bestand nur aus einem unsicheren Schulterzucken und sein Blick wanderten für einen kurzen Moment zu mir. Das Mädchen schüttelte den Kopf und zeigte das Foto sofort ihrer Freundin neben ihr. Die warf auch nur einen empörten Blick zu Justin. Weitere Pings folgten und irgendwann holte jeder sein Handy heraus, obwohl Frau Barley es ausdrücklich verbot, als sie sah, dass alle ihr Handy zückten. Ich war jetzt auch neugierig geworden und öffnete meinen Rucksack, um auch mein Handy rauszuholen, das auch kurz zuvor gepingt hatte. Ungläubig starrte ich das Foto, das Justin an alle geschickt hatte, an und Tränen schoßen in meine Augen. Das konnte nicht wahr sein. Jetzt murmelten alle vor sich hin und blickten kurz zu mir, schauten aber dann wieder schnell weg. Ich fühlte mich total beträngt und Panik stieg in mir auf. Sie durfte nicht siegen, sonst würde es noch peinlicher werden, als jetzt. Die Wut auf Justin, die in mir hochkam, überstieg die Panik und ich blickte Justin kurz wütend und unsicher zu gleich an. Wie konnte er nur? Wie konnte er nur dieses Foto von der Raketerutsche so missbrauchen? War das alles nur für ihn ein Spiel? Wieso hatte er überhaupt dieses Bild gemacht? Wegen seines Ansehens oder warum? Auf dem Foto sah man mich rutschen. Der Rock war, wie ich schon gestern gedacht hatte, hoch geweht und hatte meine weiße Wollunterhose offenbart und Justin hat dieses beschissene Foto allen geschickt. Meine Hand verkrampfte sich um den Bleistift , den ich in die Hand genommen hatte und versuchte stark zu sein. Ich wischte mir kurz über die Augen und bekämpfte die Tränen. Ich musste stark bleiben, damit Justin nicht sein Ziel bekam. Mich zu erniedrigen. Er hatte es schon geschafft, aber ich durfte es ihn und den anderen nicht zeigen. Das redete ich mir die restliche Stunde ein, bis es endlich zur Mittagspausen klingelte. Ich zischte schnell Richtung Toilette, um mich da auszuheulen, als ich Clay auf den Weg in der Aula ganz alleine sitzen sah. Nach kurzen Überlegen setzte ich mich zu ihm, damit wir beide nicht alleine waren und er mich ablenken konnte. Ich hoffte, Clay könnte mich irgendwie aufmuntern.




Fanfiktion Tote Mädchen lügen nicht/ 13reasonswhyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt