19.

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Mitten im nirgendwo blieb sie stehen prustend und von Tränen verschwommen. Ihre Atmung überschlug sich, brauste auf und ab. Wie Strudel im Meer wurden ihre Gedanken hin und her gerissen, kein einziger Gedanke konnte sich aus dem Wirrwarr herauskristallisierte. Sie schluchzte, fiel zu Boden, der aufgeweicht durch den Regen der letzten Nacht ihre Kleidung durchnässte. Sie schrie so laut, dass sie Tiere den Wald verließen. So laut, dass man sie noch im nächsten Dorf. Für Stunden hallte ihr Schrei nach. Ein Schrei voller Angst, Frust und Trauer. Herzzerreißend hallte der Schall ihrer eigenen Stimme nieder. Umwaberte die Bäume hinauf bis in ihre Kronspitzen. Sie wollte zu ihr, alles was dieses Mädchen, mitten im Wald wollte, war zu ihr. Zu ihrer besten Freundin. Egal wie viel es sie kosten würden. Jede Faser ihres Körpers verzog sich zu ihre, suchte ihre Kontakt. Sollte sie ihr Leben etwa selbst in die Hand nehmen und ihrer besten Freundin nachfolgen. Einfach hier und jetzt ihre dürren Arme aufschlitzen und den Boden rot verfärben. Das Gras unter ihr begießen mit all den Schmerz, der sich in ihren Körper sammelte. Ihren Körper auslaugen, bis all ihre Lebenskraft sie verlassen hatte und ihre Seele von dieser irdischen Welt verschwinden würde. Wieder schrie aus. Ihr Schrei gefüllt von Verlassenheit und Schmerzen. Blindlings lief sie wieder los, einfach immer weiter. Das Rauschen des kleinen Wasserfalls wurde immer lauter. Eigentlich empfand Ruffian diesen Ort immer als magisch, wie ein Tor in eine andere Welt. Jetzt wollte sie dieser Tor endlich nutzen hinab in die Tiefe, in den magischen Spiegle der nur erschien, wenn man ganz genau hinsah, wenn man dazu fähig war, de kalten Wassernebel zu ignorieren, dann konnte man ihn sehen, wie flüssiges Silber in, dass die Wassermassen stürzten. Halt an Ruffian. Nein, dass konnte sie nicht. Du musst doch für sie weiter Leben. Aber ein Leben ohne sie, ist genauso, wie gar kein Leben, es würde nicht lang dauern, bevor Ruffians Batterien alle wären, sie nicht mehr weitermachen konnte. Wie Handy dessen Ladekabel man verloren hatte. Nach kurzer Zeit einfach nur nutzlos. Die Stimmen in ihrem Kopf schrien sich förmlich an. Während Ruffian unerlässlich weiter rannte. Über Äste und Stein, durchs dornige Dickich und um gefallende Bäume herum. So schnell wie sie ihre kleinen Füße halt tragen konnten. Die weißen Socken, die sie sich gerade erst vor wenigen Stunden angezogen hatte, waren nun nicht mehr weiß, sondern ein ekeliges braun. An manchen Stellen hatte sich der dünne Stoff schon aufgelöst. Das würde sie nicht wollen Ruffian. Schrie es in ihrem Kopf. Denkst du wirklich, dass so alles besser wird? Doch Ruffian machte wollte. Sie wollte jetzt nicht aufgeben, sie wollte ihr jetzt genau jetzt wieder nahe sein und nie mehr getrennt von ihrer besten Freundin leben müssen. Der Wind pfiff an ihren Ohren vorbei, hinterließ ein lautes Brausen, verwirbelte ihre Haare, die sie heute Morgen nicht mehr zu einem Zopf zusammengefasst hatte. Wie wilde braune Schlange schlängelten sie sich durch den Wind, ausgehend von ihrem Kopf. Einige wandten sich um ihre dürren Armen, andere fiel ihr wild ins Gesicht und noch andere zog sie hinter sich her. Manchmal verfingen sie sich in Ästen und Rinden, doch das Mädchen blieb nicht stehen, sie ließ sich ihre hübschen Haare einfach herausreißen. Ohne mit der Wimper zu zucken ertrug sie den Schmerz, Ruffian war eh schon taub. Taub für sämtliche Gefühle, taub für die eisige Kälter, die sich an ihren Beinen hoch schlängelten. Es war nicht mehr weit, nur noch wenige Schritte und sie wäre da, dann würde sie nur noch das Portal durchqueren müssen. Doch darum machte sie sich jetzt noch keine Sorgen. Schließlich müsste sie einfach nur an der Klippe abspringen und schon wäre sie wieder bei ihr. Bei ihrer Regina. Das kannst du deinen Eltern und Franco doch nicht antun. Sie wären so traurig wie du jetzt, willst du das wirklich? Doch ihr Entschluss stand fest. Es musste enden, jetzt. Sie musste einfach Regina wieder sehen. Das Rauschen des Wassers wurde immer lauter. Ihre Füße trugen sie über das feuchte Moos am Rande des Flusses der wild aufschäumte und ihr immer wieder ins Gesicht. Wischte ihr die Tränen, wie eine eisige Hand, von den roten Wangen. Immer schneller wurden ihre Schritte, der Abgrund nur noch wenige Meter entfernt.

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