DREISSIG

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Sina

Mein Wecker klingelte und ich kam wieder mal nicht aus dem Bett. Seit ein paar Wochen fühlte ich mich richtig schlecht. Ich war müde und angeschlagen, ich hatte einfach keine Kraft. Ich liess mich von meinem Arzt untersuchen und mir wurde Blut abgenommen. Das Resultat, nicht gerade das beste. Ich wurde für weitere ausführliche Abklärungen der Uniklinik zugewiesen und musste diverse Untersuchungen über mich ergehen lassen. Das Resultat, eine unschöne kleine Wucherung in meiner linken Brust. Bösartig aber im Frühstadium. Zum Glück therapierbar. Ich hatte mich sofort für die operative Entfernung entschieden, welche in ein paar Tagen auch stattfinden sollte. Ich hatte Angst, grosse Angst. Meine Mutter hatte ich vor 2 Jahren an Krebs verloren, soll ich jetzt in ihre Fussstapfen treten? Da kann ich mir definitiv schöneres vorstellen.

Ich quälte mich aus dem Bett und schleifte mich unter die Dusche. Ich hatte in den letzten Wochen richtig an Gewicht verloren, was ich jetzt auch in meinem Spiegelbild wahrnahm. Fertig geduscht und angezogen schminkte ich mich dezent und liess noch einen Kaffee raus und nahm meine Medikamente ein. In einer Stunde werde ich mich mit Luana treffen, bevor sie morgen schon wieder zurück nach Deutschland fliegt. Ich freute mich so sehr, sie endlich wieder zu sehen und mit ihr zu quatschen. Seit ihrer Abreise Ende Juli, hatten wir leider nicht mehr die Möglichkeit uns zu sehen. Ich war so neugierig, was es in ihrem Leben neues gab und ob sie nun endlich mit Chris zusammen ist. Seit unserem letzten Telefonat waren ein paar Wochen vergangen und sie hatte mir diesbezüglich einfach keine Auskunft gegeben. 

Etwas wusste Luana nicht und zwar hatte mich Chris vor der Firmenfeier per Mail kontaktiert und mich eingeladen. Er wollte meiner Luna damit eine Freude machen. Ist er nicht einfach süss? Leider konnte ich nicht hinfliegen, da ich gesundheitlich nicht in der Lage war so weit zu reisen. Aber heute, heute werden wir uns sehen und ich werde es einfach geniessen. Wer weiss, wann wir uns das nächste Mal sehen werden.

Pünktlich auf die Minute klingelte es an der Türe. Ich war erstaunt, denn Pünktlichkeit gehörte definitiv nicht zu Luanas Stärken. Hatte die kleine tatsächlich schon was gelernt in Bünde. Voller Vorfreude öffnete ich die Türe und Luana sprang mir direkt in meine Arme. „Siiiiiinaaaaa. Endlich." Sie liess mich nicht mehr los und unsere Emotionen schwappten über. Weinend sassen wir am Boden und hielten uns einfach nur fest. „Schön dich endlich wieder zu sehen. Ich hab so viel zu erzählen" Luana war total aus dem Häuschen und voller Lebensfreude. Ich sah ihr an, dass sie richtig glücklich war. „Chris?" fragte ich und grinste sie an. Sie nickte. „Er ist einfach so süss" fängt sie direkt an zu schwärmen. 

Wir fuhren in die Stadt und bummelten durch die Einkaufsstrasse. Wie immer, wenn wir unterwegs waren, war kein Laden vor uns sicher. Nach-weihnachtlicher-Ausverkauf lässt grüssen. Ich hielt 5 Taschen in den Händen, Luana war sogar mit 8 Taschen bepackt. „Das nächste Mal kannst du Chris zum Schleppen mitnehmen" witzelte ich herum und ordnete meine Taschen an meinem Handgelenk gerade neu. „Das halte ich für keine gute Idee, er ist die grössere Shoppingqueen wie ich." Wir verfielen beide in schallendes Gelächter.

Als wir an unserem Lieblings Café vorbei kamen mussten wir einfach rein und setzten uns in eine ruhige Ecke. „Wie immer?" fragte mich Luana und lief schon in Richtung Tresen. „Ja, wie immer" nickte ich ihr zu. Sie war für mich einfach die schönste Person auf Erden und das glücklich sein stand ihr einfach so gut. Sie kam mit einem Kaffee, einem Cappuccino und zwei Stück Torte zurück an den Tisch. „Und jetzt erzähl mir von Chris und dir..." Ich wollte einfach alles wissen. „...und bitte lass keine Details aus." Ich zwinkerte ihr zu und sie begann zu erzählen, sie erzählte mir einfach alles. „Habt ihr nicht gemacht?" fragte ich sie und musste lachen, als sie mir von der Bürogeschichte erzählt.

„Dann hatte es ja doch was gutes, dass ich nicht zur Feier gekommen bin." Ooopsi, es rutschte mir einfach so raus, obwohl ich Chris versprochen hatte nichts zu sagen. „Wie?" fragte mich Luana und lies die Gabel mit dem Kuchen auf den Teller sinken. Ich war gezwungen, ihr von Chris seiner Mail zu erzählen und dass er ihr eine Freude machen wollte. „Oh nein, wie süss ist er denn?" Luana war zu Tränen gerührt. „Es ist so schön dich so glücklich zu sehen" Ich nahm ihre Hand und drückte sie leicht. „Und wie geht es dir süsse? Ich mache mir ein bisschen Sorgen um dich?" Sie sah mich nachdenklich an. „Mir geht es ganz gut, ich lag nur ein paar Tage flach, dass ist alles." Ich hasste es, wenn ich sie anlügen musste aber ich wollte ihr die gute Laune nicht verderben. Nicht heute.

Wieder Zuhause angekommen entschieden wir uns dazu, eine Pizza zu bestellen und es uns vor dem TV gemütlich zu machen. Ein Gefühl wie früher. Luana kramte den Flyer des Kuriers hervor und bestellte direkt unsere Lieblingspizza. Als sie jedoch den Flyer auf den Tisch zurücklegte, fiel ihr Blick direkt auf den Bericht der Uniklinik in Zürich, welchen sie auch direkt in die Hand nahm. 

I call it MAGIC when you're around meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt