NEUNUNDDREISSIG

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Mit einem schüchternen „Guten Morgen" und einem Kaffee in der Hand begrüsste sie uns. „Morgen" antworteten Andreas und ich gleichzeitig und ich zeigte ihr, dass sie auf dem Stuhl gegenüber Platz nehmen soll. Ich setzte mich neben meinen Bruder, der sogleich mit dem Gespräch begann. „Was war gestern los?" Nadia war sichtlich nervös. Sie schaute Andreas und mich abwechselnd an und eine Träne lief ihr über die Wange. „So schlimm?" Ich reichte ihr ein Taschentuch.

„Es tut mir leid..." entschuldige sie sich für ihre Tränen und putzte sich die Nase. „...es wurde mir gestern einfach zu viel" fuhr sie fort. „Was genau?" Ich war ungeduldig, da ich dieses Gespräch so schnell wie möglich hinter mich bringen wollte.

Zögerlich fing sie an von ihrem Freund zu erzählen, der sich vor ein paar Wochen nach 2 Jahren Beziehung von ihr getrennt hatte und jetzt seine neue Freundin stolz der Welt präsentierte. „Ich war schockiert, da ich ihn wirklich sehr geliebt hatte..." Sie machte eine kurze Pause und musste sich etwas sammeln. „...während der Show bekam ich ein Bild zugeschickt, dass ihn mit seiner neuen zeigt. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, ich war so wütend und ich stand komplett neben mir... und als ich dann Luana sah, wie sie meine Arbeit machte und Andreas mir die Abmahnung in die Hand drückte....es wurde mir einfach zu viel...es tut mir leid, wirklich."

Es begann eine Diskussion mehrheitlich zwischen ihr und mir und ich erklärte ihr nochmals, wie wichtig blindes Vertrauen und Kommunikation zwischen Künstler und Crew ist. „Wir müssen jedem einzelnen aus der Crew blind Vertrauen können! Wieso hast du niemand angefunkt... z.B. Bianca?" „Ich weiss es nicht, es kam mir einfach nicht in den Sinn" sie lässt ihren Kopf sinken.

„Und was sollte der Spruch zu Luana?" wollte ich dann doch auch noch wissen. Ich war genervt, denn ohne Grund sagt man sowas nicht. „Ich kann es erklären." Sie holte zögerlich ihr Handy aus der Tasche. „Hier..." sie zeigte uns ein Foto. „Zeig mal" Andreas nahm ihr das Handy aus der Hand. „Die sieht ja aus wie Luana..." 

„Das kann nicht sein, gib her." ich nahm Andreas das Handy ebenfalls aus der Hand. Im ersten Moment blieb mit das Herz kurzzeitig stehen, legte das Handy dann aber wieder auf den Tisch und schob es Nadia zu. „Das ist sie nicht, diese....wer auch immer dass ist, sieht ihr nur verdammt ähnlich" etwas unbeholfen fuchtelte ich mit meinen Armen umher. „...ausserdem trägt Luana einen Nasenring und eine Tätowierung auf dem linken Arm und hat sie längere Haare als die auf dem Bild" stellte ich sofort klar, musste mir aber selbst eingestehen, dass sich die beiden schon verdammt ähnlich sahen. „Das entschuldigt deine Aussage Luana gegenüber aber nur minimal" stellte ich klar. „Ich weiss, ich werde mich bei ihr auch noch entschuldigen und ihr das Bild zeigen. Ich konnte einfach nicht mehr klar denken..."

Andreas nahm die Mappe, die vor ihm auf dem kleinen, runden Tisch lag und drückte sie mir in die Hand. Ich kramte nach einem Zettel und legte diesen auf den Tisch. „Ich machs kurz" und schob ihr diesen zu. Sie schaute das Stück Papier an, nahm es zögerlich in die Hand und las.
„Vertragsänderung?" sie schaute uns fragend an. „Wie muss ich dass verstehen?"

Andreas erklärte ihr, dass wir sie von der gesamten Tour abziehen werden und sie nur noch im Büro in Bünde arbeiten wird, denn die Büroarbeiten erledigte sie immer sehr zufriedenstellend. „Wir werden dich aber genau im Auge behalten, erlaubst du dir auch nur noch einen klitzekleinen Fehler, bist du raus" streng sah ich sie an. „Unterschreib bitte hier, ausser du möchtest direkt die Kündigung?" Andreas gab ihr einen Stift und mit einem erleichterten „Danke" unterschrieb sie.

Sie entschuldigte und bedankte sich noch gefühlt tausend mal und sie gab uns ihr Wort, dass sie sich bei Luana entschuldigen wird. Andreas machte ihr zudem Mut, dass sie den Kopf nicht in den Sand stecken sollte und sie sicherlich bald einen neuen Freund finden wird. Auch wenn ich sie lieber ganz gekündigt hätte, fand ich die Idee von Andreas mit der Ausschliessung der Tour fürs erste ganz gut.

„Sie sieht Luana aber schon sehr ähnlich" wandte sich Andreas an mich nachdem Nadia die Garderobe wieder verlassen hatte. „Ja schon, aber mir ist die ganze Geschichte ein bisschen zu dünn.." Ich wusste nicht wieso, aber ich traute ihr nicht, nicht mehr.

Wir verliessen die Garderobe wieder in Richtung Halle und erledigten noch die letzten Dinge, die vor der Show am Abend anstanden und bevor der restliche Reinelt Clan hier aufschlägt. „Chris? Können wir?" Manu kam auf mich zu und grinste mich an. Fragend schaute Andreas zu uns und schüttelte seinen Kopf. Er wusste, wenn Manu und ich etwas planen, wird es gross und so wird es auch sein.

„Ich komme. Bis später Bruder" ich klopfte ihm auf die Schulter und zusammen mit Manu verliess ich die Halle. 

I call it MAGIC when you're around meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt