Kapitel 2

7 2 1
                                    

Er hockte in der dunkelsten Ecke seiner Zelle und starrte auf den Boden und das wahrscheinlich schon seit mehreren Tagen. Da nach unten in den Kerker kaum Tageslicht kam, wusste er nicht mehr, wie lange er schon hier saß. Er rührte sich nicht von der Stelle und befand dies auch nicht als nötig. Warum denn auch? Da er keinen Sinn mehr in seinem Leben sah, brauchte er sich auch nicht mehr zu bewegen. Wahrscheinlich waren seine Gelenke durch die Kälte und die wenige Bewegung schon gefroren. Leicht drehte er seine Kopf und hörte sofort ein Knirschen. Anscheinen hatte er sich schon echt lange nicht mehr bewegt. Er hob seinen Blick und bemerkte zum ersten Mal, wie lang seine schwarzen Haare geworden waren. Sie waren schon so weit gewachsen, dass sie sein blasses Gesicht fast vollständig verdeckten. Er hob seine Hand und knackte mit seinen dürren Fingern. Sein ganzer Körper war dürr und mager und seine zerrissene schwarze Kleidung hing wie ein zu großer Sack von ihm herab. Wann hatte ihm diese Klamotten wohl das letzte Mal richtig gepasst. Er senkte seine Hand wieder und blickte zu Boden. Er hatte wahrscheinlich seit Tagen nichts mehr gegessen, aber auch das war egal. Im Prinzip konnte ihm auch eigentlich alles egal sein. Es gab für ihn keinen Ausweg aus diesem Kerker. Selbst wenn er eine Wache dazu brachte, die Gittertür aufzuschließen, würde er nicht weit kommen, da hier noch viele andere Wachen in den Kerkern waren, die die Regeln befolgen. Also vertrieb er sich lieber die Zeit damit, die unwissenden Wachen zu foltern. Denn auch ohne Waffen und eingesperrt, war seine Magie eine tödliche Waffe. Das Einzige, was er brauchte, war ein Name. Dann machte seine Magie den Rest. Er drang in die Köpfe der Wachen ein und fügte ihnen mit Leichtigkeit physische Schmerzen zu. Sie schrien und wandten sich vor seiner Zelle. Akito beobachtete mit Freude den Schmerz in den Augen der Wachen, wenn sie realisierten, dass Akito die volle Kontrolle über sie erlangt hatte. Sie merkten, dass sie nichts gegen ihn unternehmen konnten und der König, ganz ohne Magie, konnte auch nichts tun, um seine Wachen vor ihm zu schützen. Seine Magie konnte ihn zwar nicht hier rausbringen, doch so konnte er sich wenigstens die Zeit vertreiben. Mit jedem neuen Namen, den er in Erfahrung brachte, fand sich ein neues Opfer, welches er kontrollieren und verletzten konnte. Seine Magie war einfach perfekt, um Leuten seinen Willen aufzuzwingen. Er brauchte nur den Namen einer Person und schon machte sie, was er wollte. Er konnte über ihr Handeln bestimmen und sogar in ihre Träume und Gedanken engreifen. Er konnte selbst Leute steuern, die meilenweit weg waren. Dies war jedoch sehr kraftaufwendig und inzwischen war er leider etwas eingerostet. Gerade noch so, reichte seine Magie für diese kleinen Folterspäßchen noch aus. Doch wenn er hier unten seine Kräfte einsetzte, hieß das zwar für ihn, dass er noch mehr Menschen quälte und dann ganz sicher nie wieder hier rauskommen würde, aber zu aller erst musste er sich hier irgendwie die Zeit vertreiben, dann machte es auch noch Spaß und außerdem würde der König ihn nicht hier rauslassen und das aus zwei Gründen. Vor der Öffentlichkeit war nur der Grund bekannt, dass er ja ein Killer sei und seine Magie gefährlich wäre, da er nur einen Namen brauchte um zu töten. Dieser Grund war einfach nur unbegründet. Es war richtig, dass er nur einen Namen brauchte um zu töten, aber was brachte es dann, ihn einzusperren? Komischerweise vertraute das Volk den König.

Doch es gab noch einen zweiten Grund. Ein Grund über den seit Jahren nicht mehr gesprochen wurde. Doch dieser Grund konnte dem König die Krone kosten und für den König war dies mit Sicherheit der Hauptgrund, warum er ihn hier unten verrotten ließ. Denn wer zu sehr an der Macht hängt, hat Angst diese zu verlieren und den König plagte diese Angst jeden Tag.

#

Eine weit entfernte Kirche läutete die Glocken und ein Anflug eines Grinsens huschte über Akitos Gesicht. Die liebste Zeit seines Lebens in diesem Loch war angebrochen. Es war Zeit für einen Wachwechsel. Die Wache vor seiner Zelle hängte ihren Schlüssel an einen Haken, setzte sich in Bewegung und verschwand um eine Ecke. Man konnte noch hören, wie er die Treppe hinaufging und die Tür zum Kerker hinter sich schloss. Kurze Zeit war alles ruhig. Die Gefangenen aus der Sammelzelle tummelten sich an der Zellentür. Sie alle blickten sehnsuchtsvoll auf den Schlüssel neben dem Treppenaufgang, dann knarrte die Tür nochmals und eine weitere Wache in Rüstung tauchte vor der Zelle auf. Akito blickte kurz auf. Mist! Schon wieder eine Wache, die ihn schon kannte und ihm unter keinen Umständen ihren Namen verraten würde. Er wandte den Blick ab. Heute würde er wohl keinen Spaß mehr haben. Anscheinend nahm der Hauptmann die Einteilung der Wachen auf einmal doch ernst. Zum fünften Mal hintereinander war es eine der Wachen gewesen, die er nicht beeinflussen konnte. Langweilige Wachen, die ihre Arbeit ernst nahmen und sich an alle Regeln hielten. Er hatte mehrmals versucht, sie zum Reden zu bringen. Doch es hatte alles nichts genützt. Es war ihm nicht gelungen ihre Namen aus ihnen herauszulocken. Stattdessen beobachtete er nun die anderen Gefangenen in den benachbarten Zellen. Er musterte ihre hoffnungsvollen Gesichter. Sie glaubten echt, es gäbe noch einen Ausweg. Akito war einmal selbst so gewesen. Damals hatte er noch Hoffnung gehabt und genau wie seine Mitgefangenen immer hoffnungsvoll vorne an den Gitterstäben gehockt und versucht zu überlegen, wie er am besten ausbrechen sollte, doch nach mehreren, gescheiterten Versuchen hatte er es sein lassen. Denn jetzt war ihm alles egal. Dieses Loch hier war sein Ende und auch das Ende aller anderen hier unten.

Plötzlich huschte ein rotes Licht an dem kleinen Gitterfenster vorbei, welches sein einziger Bezug zur Außenwelt war. Augenblicklich blickte Akito auf und blickte sich im Kerker um, doch außer ihm schien niemand das rote Licht bemerkt zu haben. Er hatte das rote Licht zwar nur für den Bruchteil einer Sekunde gesehen, aber es war da gewesen, oder hatte er es sich doch nur eingebildet? Nein, das konnte nicht sein. Er hatte dieses Licht definitiv gesehen, oder? Akito war sich nicht mehr ganz sicher. Dann zischte ein weiteres rotes Licht an dem Gitterfenster vorbei. Nun war sich Akito zu einhundert Prozent sicher. Das Licht war dagewesen. Auch wenn nur er es gesehen hatte und eines war jedenfalls sicher. Selbst wenn sie es bemerkt hätten, wüsste niemand, was das Leuchten zu bedeuten hätte. Doch Akito wusste es. Das Leuchten hatte etwas mit ihm zu tun. Ein Funken Hoffnung kehrte in seinen Körper zurück. Dieser kleine Funken hatte seine Einstellung völlig verändert. Es tat gut, wieder Hoffnung zu spüren und richtige Freude kehrte in seinen, bis eben noch in sich zusammengesackten Körper zurück. Es war ein gutes Gefühl. Anders als die Freude, die ihm das Foltern gemacht hatte. Diese Freude war echt und rein. Es fühlte sich so an, als wäre ein Hauch Leben in seine Körper zurückgekehrt. Lange hatte er sich nicht mehr so gefühlt. Endlich fühlte er sich nicht mehr leer. Das Licht war ein Zeichen für ihn. Jemand wusste das er hier war und wollte ihm helfen. Sie hatten ihn noch nicht vergessen. Er wusste zwar nicht, warum dieses Licht genau jetzt hier aufgetaucht war, aber es war ihm im Moment auch nicht wichtig. Seine Gedanken kreisten nur um eine Sache. Er würde hier rauskommen. So viel stand fest. Ein schmales Lächeln huschte über sein Gesicht. Etwas Großes würde auf sie alle zukommen und niemand in Alaria war darauf vorbereitet.

Demon Hearts. Das Ritual der WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt