Das Geschenk

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Mama. Sie schaute mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Vermutlich wegen der Backschlacht.

«Was willst du?», fragte ich sie, ohne auf ihren Blick einzugehen.

«Ich... Naja, ich habe ein Geschenk für dich. Zu Weihnachten. Ich wollte dich nicht von deinen Freunden trennen. Und von deinem Vater.»

«Das glaube ich dir nicht.»

«Dann glaub es halt nicht.» Damit gab sie mir ein in pinkes Geschenkpapier gewickeltes Päckchen.

«Natürlich ist es pink. War ja nicht anders zu erwarten», sagte ich augenverdrehend. «Aber... Danke.»

«Ich weiss, dass Joachim jetzt die Rechte über dich hat.»

«Ja, und das ist auch gut so», antwortete ich kalt.

«Vielleicht denkst du trotzdem darüber nach, freiwillig wieder nach Stuttgart zu kommen.»

Ich glaube bei der hackt's. Nie im Leben. «Darauf kannst du lange warten.»

«Das Angebot steht dir jedenfalls offen. Frohe Weihnachten», sagte Mama und lächelte mich an. Ich sah ihr aber sofort an, dass es ein künstliches Lächeln war.

«Frohe Weihnachten», murmelte ich und auch Papa wünschte ihr frohe Weihnachten. Obwohl wir beide Mamas Lächeln nicht erwiderten. Mama drehte sich wieder um und lief zu ihrem Auto. Provokant streckte ich ihr hinter ihrem Rücken die Zunge raus. Papa schloss die Tür wieder und wir liefen zurück in die Küche, wo Leon und Marlon schon am Aufräumen waren.

«Das hätte ich jetzt echt nicht erwartet», sagte Papa als er das sah und schaute den Geschehnissen baff zu. «Ihr seid ja doch zu was zu gebrauchen.»

«Papa!», rief Leon und bewarf Papa mit einem Lappen. Wir lachten.

«Hey Sam, was hast du denn bekommen?», fragte mich Marlon, dessen Blick an meinem Geschenk hängen geblieben war.

«Ist von Mama», antwortete ich. Leon und Marlon starrten mich mit aufgerissenen Augen an.

«Von Mama?», wiederholten sie. Ich nickte.

«Mach's auf!», forderte Leon mich auf.

«Vielleicht ist eine Zeitbombe drin», mutmasste Marlon.

«Oder tödliches Gas», sagte ich grinsend. «Passen würde es jedenfalls zu ihr.»

«Jetzt hört schon auf», brummte Papa. «Das würde sie nie tun.»

Ich riss das Papier auseinander. Was ich drin fand, liess mich aufseufzten.

«Ist das ihr Ernst?», fragte ich genervt.

«Schminke?», fragte Marlon verwirrt.

«Ich hasse es», murmelte ich. Aber da war noch was drin. Ich nahm zwei weitere Päckchen raus, die mit 'Leon' und 'Marlon' beschriftet waren.

«Da ist noch was für euch dabei», sagte ich und gab die grell pinken Päckchen meinen Brüdern.

«Bitte was?», fragte Marlon verwirrt. «Die weiss doch nicht mal mehr, dass ich überhaupt existiere.»

Leon lachte und riss sein Päckchen auf. Dann riss er seine Augen auf.

«Nein, bitte nicht», sagte er leise. Ich schaute auf sein Geschenk und sah, dass Mama ihm ein Buch gekauft hatte.

Ich lachte laut los. «Das passt ja super zu dir!»

Leon sah mich geschockt an. Auch Marlon hatte ein Buch geschenkt bekommen.

«Will die uns verarschen?», fragte er augenverdrehend. «Das Zeug können wir gleich verbrennen.»

«Jetzt kommt schon Jungs», forderte Papa Leon und Marlon auf. «Probiert wenigstens, ein wenig zu lesen.»

Maulend legten sie ihre Bücher weg. Auch ich stellte das Schminkzeug achtlos zur Seite. Und dann ging's weiter ans Aufräumen.

Die wilden Kerle, wieder zu HauseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt