Erlösung

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«Oh mein Gott, Leon, da ist sie!», hörte ich plötzlich eine dumpfe Stimme, die von weit entfernt zu kommen schien. Es tönte nach Vanessa. Mein Herz klopfte schneller. Sie hatten mich gefunden!

«Verdammt, was hat dieser Mistkerl getan», sagte nun Leon.

«Wir müssen Markus holen.» Vanessas Stimme schien sich noch weiter zu entfernen. Ich wollte ihr nachschreien, dass es gar nichts bringen würde, weil er mich nicht mehr liebte. Doch Stein kann ja bekanntlich nicht reden. Leon sagte noch etwas, was ich jedoch nicht verstehen konnte, dann war es wieder komplett still.

Es war einige Zeit vergangen, bis ich wieder Stimmen hörte. Stimmen, die sich schnell auf mich zubewegten. Zusätzlich konnte ich eine Anwesenheit spüren. Es waren mehrere Leute da, aber ich konnte nur jemanden spüren. War das Markus?

«Sam, es tut mir so leid», hörte ich nun leise. Tatsächlich von Markus. Seine Stimme tönte dumpf, wie die von Leon und Vanessa vorhin, jedoch nicht so weit entfernt, sondern nah. Es hörte sich wie ein Echo an, das versuchte, zu mir durchzudringen.

«Ich hätte das mit Theodora nie tun dürfen, deswegen sind wir erst in diese Situation geraten. Ich muss noch bis zum nächsten Sonnenaufgang warten, bis ich dich erlösen kann. Aber ich verspreche dir, dass ich komme und dich erlöse», hörte ich noch, bevor die Stimmen wieder gingen.

Es dauerte lange, denn ich konnte es fast nicht abwarten, wieder Markus' Nähe zu spüren. Bei jedem kleinsten Geräusch hoffte ich, er sei es. Leider war es immer nur ein Tier. Vermutlich nisteten schon Vögel auf meinem Kopf, so lange fühlte es sich an, bis ich wieder eine Anwesenheit spürte. Sie kam mir immer näher.

«Sam, es ist so weit. Die Sonne ist gerade aufgegangen», hörte ich wieder die Stimme von Markus. «Ich muss mich für so vieles bei dir entschuldigen. Ich wollte dir nie das Herz brechen. Ich bin ein Idiot, das weiss ich langsam. Ich hoffe, du liebst mich immer noch. Ich möchte dich erlösen und dann mir dir wieder dort weitermachen, wo wir vor einigen Monaten aufgehört haben. Ich vermisse dich so fest, ich hatte solch eine Angst um dich, als du plötzlich verschwunden bist. Bitte komm wieder zurück.»

Ich merkte, wie mein Gesicht wieder zurückverwandelt wurde. Ich öffnete meine Augen und schaute auf Markus, der sich umgedreht hatte.

«Sie liebt mich nicht mehr, sonst würde sie sich zurückverwandeln», sagte er gerade deprimiert zu Maxi, der etwas weiter weg stand. Seine Stimme tönte wieder normal, nicht mehr so komisch. Als Maxi mich bemerkte, schaute er erstaunt.

«Markus, schau doch», sagte er und zeigte auf mich. Markus drehte sich zu mir um und sah mir in die Augen.

«Markus», flüsterte ich traurig. Er schaute mich mit grossen Augen an, hob seine Hand und strich über meine Wange. Doch er stutzte.

«Wieso verwandelst du dich nicht komplett zurück?», fragte er.

«Was ist mit Theodora?», fragte ich stattdessen, während mir eine Träne die Wange runterlief.

«Mit Theodora ist nichts, ich wollte dich nie verlassen», antwortete Markus und wischte mir die Träne aus dem Gesicht. Mein Gesicht begann langsam wieder zu Stein zu werden.

«Markus, hilf mir», flüsterte ich noch, ehe ich wieder komplett zu Stein wurde.

«Das wird nie klappen, wenn sie das Gefühl hat, dass ich Theodora liebe», murmelte Markus und seine Stimme tönte wieder so, als würde er zehn Meter von mir entfernt stehen. So schemenhaft. Was Maxi dann sagte, konnte ich nicht verstehen.

«Es gibt vieles, was ich dir erklären muss. Ich werde dir es erklären, aber dafür musst du zurückkommen. Ich liebe Theodora nicht wirklich, ich habe das nur getan, um dich nicht in Gefahr zu setzten. Doch genau das habe ich schlussendlich getan. Ich habe dich Darkside ausgesetzt, ohne dass ich das wollte. Bitte komm zu mir zurück, ich brauche dich, ich liebe dich!»

Ich spürte, wie jetzt nicht nur mein Gesicht zurückverwandelt wurde, sondern auch der Rest meines Körpers. Und ich spürte, wie Markus' Lippen immer noch auf meinen lagen. Auch er schien zu bemerken, dass ich nicht mehr aus Stein war, denn er löste sich von mir und schaute mich lächelnd an.

«Ich liebe dich», flüsterte ich.

«Ich liebe dich auch, Sam», flüsterte Markus zurück und küsste mich wieder. Ich lächelte in den Kuss hinein und wollte Markus umarmen, doch ich stellte schnell fest, dass meine Arme immer noch an die Wand gefesselt waren.

«Markus», murmelte ich in den Kuss hinein. Er löste sich wieder. «Meine Arme», gab ich ihm zu verstehen. Markus drehe sich zu Maxi um.

«Hast du ein Messer?», fragte er. Maxi lächelte froh und zückte schnell sein Taschenmesser, das er dann Markus zuwarf. Dieser versuchte, schnell die Seile von meinen Handgelenken zu entfernen. Als sie endlich runterfielen, schlang ich meine Arme um Markus. Einen Moment lang standen wir einfach da und hielten uns gegenseitig in den Armen. Maxi war gegangen, vermutlich wollte er uns etwas Zeit geben. Ich klammerte mich immer mehr an Markus, bis er sich mit einem Arm von mir löste. Mit seiner Hand strich er mir über meine Wange, mit der anderen hielt er mich immer noch fest. Ich schmiegte mein Gesicht in seine Hand und verlor mich in seinen Augen.

«Du hast mir noch was versprochen», sagte ich lächelnd.

«Dass ich es dir erkläre, nicht wahr?», erwiderte Markus. Ich nickte. Er schaute sich kurz um und lief dann zu einem dicken Rohr, wo er sich draufsetzte. Ich tat es ihm gleich und schaute ihn erwartungsvoll an.


Kurzes Kapitel, ich weiss.

Aber das wird das Zweitletzte sein, deswegen hehe

Die wilden Kerle, wieder zu HauseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt