Andy hob schützend seine Arme über sich. Entsetzt blickte er mir entgegen. Natürlich hatte er einen Albtraum gehabt. Und natürlich würde ich kein einziges Wort dazu verlieren. Ich selbst steckte Tag für Tag und Nacht für Nacht in meinem ganz persönlichen Albtraum fest. Ein Albtraum der perfide Realität geworden war. Langsam setzte er sich aufrecht. Sah sich um. Als er die vielen Waffen sah, welche sich links und rechts von mir auftürmten, sah er mich fragend an.
„Was? Was tust du da Kat?"
Sein Atem ging stockend. Schweißperlen glänzten auf seiner erhitzten Stirn.
„Ich habe nur versucht, abzuwägen. Welche Waffen wir zu unserem Vorhaben nutzen können."
Versuchte ich ohne ein Zittern in meiner Stimme, wiederzugeben. Doch natürlich ohne Erfolg. Andy stand auf und sah sich beide Seiten an. Stumm nickte er. Als er sah, dass mein Handy eingeschaltet war, verlor er seine Farbe. Ich sah ihm an, dass er etwas bestimmtes wissen wollte.
„Nein. Sie lebt. Ich habe kein Foto von ihr bekommen. Aber eine Nachricht."
Antwortete ich, ohne seine Frage abzuwarten.
Ich öffnete sie und übergab ihm mein Handy.
Sein Puls schlug so stark, dass er deutlich zu sehen war. Es war ein kontinuierliches Hämmern an seinem Hals. Als wäre er gerade einen Marathon gelaufen.„Wir sollten keine Zeit mehr verstreichen lassen. Je länger wir hier verweilen, um so unachtsamer werden wir. Sie werden uns finden, ehe wir die Chance hatten, Sie zu finden."
Warf ich an dieser Stelle ein. Mir war es wichtig, ihm die Dringlichkeit nahe zu bringen.
Ab diesem Zeitpunkt, galt es weiter zu machen. Loszuziehen und nicht auf ein Wunder zu warten.„Ich verstehe schon. Gib mir fünf Minuten, dann weiß ich wo hin wir müssen."
Sprach er ohne mich anzusehen. Er öffnete seinen Laptop, verband ihn mit meinem Handy und zog die zweite Waffentasche zu sich heran.
Nervös betrachtete ich, wie er auf der Tastatur rum hämmerte. Zwischenzeitlich nahm er sich immer wieder einige der Waffen vor. Lud sie, zielte und legte sie auf seine linke Seite. Auch jene Granaten, welche auch ich mir zurecht gelegt hatte, füllte er in den dafür vorgesehenen Gürtel.„Kennst du dich damit aus? Was die Farben bedeuten?"
Fragte er beiläufig und hämmerte weiter auf der Tastatur.
„Nein. Nicht wirklich. Ich hatte noch nie eine Waffe in der Hand. Geschweige denn hab ich je eine abgefeuert."
Antwortete ich wahrheitsgemäß und rutschte nervös auf dem Sofa umher.
Andy blickte mich an. Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen.„Dann ist die Auswahl, welche du dir zurecht gelegt hast, die richtige. Was die Farben angeht, rot sind die explosiven Granaten. Jene, wie du sie auch aus den Filmen kennst. Die blauen Granaten, verteilen Rauch. Für den Fall das man flüchten oder sich verstecken muss. Die gelben sind Blendgranaten."
Erklärte Andy mir und führte seinen aggressiven Tastaturen Schlag fort. Als Sirenen auf der Straße ertönten, zuckten ich unwillkürlich zusammen. Die Anspannung in mir war einfach viel zu groß. Ich überlegte fieberhaft ob diese Entscheidung nun richtig oder falsch war. Aber was war schon richtig und was war falsch? Wo lag die Grenze? Der schmale Pfad, welchen man nicht überschreiten sollte? Wenn man bedachte, das diese Monster die Schnüre hielten. Wir waren nur die Marionetten, in ihrem perversen Spiel. Ein spiel um Leben und Tod. Und es galt diesem zu entrinnen. Oder die Rolle zu tauschen. Vom gejagten zum Jäger werden. Doch war ich dafür gemacht? Oder Andy? War ich dafür nicht viel zu paranoid, ängstlich. Konnte ich so skrupellos sein? Einem Menschen das Leben nehmen? Ich hatte keine Antwort auf diese Frage. Vor etwas über einem Jahr, hätte meine Antwort ganz klar nein geheißen. Nun hatte ich keine Antwort. Kein eindeutiges Nein. Dies ließ es mir eiskalt den Rücken hinunter laufen. Wann hatte sich die Hemmschwelle verabschiedet? Doch war es nicht eine gute Tat, die Erde von solchen Monstern zu säubern? Ich war mir meiner Sache nicht sicher. Es war ein Kampf, der in meinem inneren tobte. Und dieser Kampf würde sich hinziehen. Zähflüssig, wie Lava welche sich durch das Tal schlängelte. Denn erst wenn ich erneut vor einem dieser Monster stand, würde sich herausstellen wie meine Antwort lautete.
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Das Spiel
Mystery / ThrillerEs existiert eine Nummer, der du schreibst weil du neugierig bist. Du wirst aufgefordert Dinge zu tun, die sich in ihrer Abnormität stetig steigern. Du denkst, dies sei nur ein Spiel? Das es so etwas nur in Horrorfilmen gibt? Um dich zu versicher...