Schmirgelpapier

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Intimität: Hände halten
Musik: Wenn auch du hören willst, zu welchem dieser Text entstanden ist.



Schmirgelpapier


Es schien wie eine Welt, der aller Schmerz genommen war, welcher sonst auf ihr lebte.
Der in all den Ecken hauste, durch Backsteinmauern und selbst in Herzen kroch.

Nur Hingabe und Wärme, als explodierten Abermillionen Sterne.
Als hätte die Sonne den Mond gefunden und der Mond das Licht in sich selbst.



Finger, die rau waren, wie Schmirgelpapier und dennoch so begehrenswert, wie das erste Grün des Frühlings. So hingebungsvoll, als hätte ein Schalk all die Uhren der Welt zum Stillstand gebracht; den Menschen die Zeit geraubt und sie zurück zu sich selbst gezwungen. In seiner Brust, ein Herzschlag, so kraftvoll und klar, wie lang nicht mehr. Atem, der durch seine Glieder tanzte, im Slalom die Rippen passierte und ihn im kleinen Zeh kitzelte. Schmerzen, die den Rotschopf bis vor wenigen Augenblicken geplagt hatten, verwandelten sich in fürchterlich, klebrige Zuckerwatte, die Karies-Löcher im Kopf verursachte.
Verschwunden war all der Triumph und vergessen der Hohn. Nicht mehr wichtig die verzweifelten Gesichter und der eigene Sieg. Von Bedeutung nur jene Hände, die die seinen umschlossen. Die so rau waren, wie Schmirgelpapier und dennoch so begehrenswert, wie das erste Grün des Frühlings.
„Du musst besser auf sie achten", diese monotone, kaum vernehmbare Stimme, die Hitze in seinen Wangen erschuf und Schmetterlingsflügel seine Nase küssen ließ.
„Du übertreibst, Wakatoshi-kun", das Grinsen zu holprig, das Herz gar stolprig, „Das kann bei einem herausfordernden Spiel hin und wieder passieren."
Er wollte viel mehr sagen, dachte ans Lachen, sich Drehen und mit der Sonne spazieren gehen. War doch nicht bereit für das Gefühl von Herzgeflatter und Tagträumerei. Warum aber standen dann hier und jetzt, in diesem Raum, alle Uhren scheinbar still?
Es gab nur jene Finger, die rau waren, wie Schmirgelpapier und dennoch so begehrenswert, wie das erste Grün des Frühlings. Warme, vertraute Hände, die seine eigenen hegten und pflegten.

Er verstand nicht, wie ihm geschah.
Der Andere war zu nah
.

Tendou schaute ihm in die Augen, sah auf diese Hände. Zeitlos, gar für immer?
„Du brauchst Ruhe", Ushijima blickte tief in seine Seele und das jedes Mal ein wenig mehr, „Du solltest schlafen, Satori."
„Damit meine Finger genesen?", der Sportler mochte spotten, das Holpern in der Brust überspielen und sich nicht an den Jüngeren verlieren, „Dann könntest du sie auch einfach küssen."
Dreist traf Ernst.
„Okay, okay, ich weiß, Wakatoshi-kun, keine Späße, wenn es um die Hände eines Volleyballers geht", er legte den Kopf so ungesund schief, „Bin schon weg, ja?"
Ein verlegenes Lachen, denn Tendou realisierte, dass er nicht wusste wie. Wie vermochte er zu gehen, wo die Uhren der Welt stillstanden und der Moment nicht verstrich? Es niemals würde.
Wie sollte er sich lösen, wo Finger, die rau waren, wie Schmirgelpapier und dennoch so begehrenswert, wie das erste Grün des Frühlings, weiterhin die seinen umschlossen? Wo doch zwei Blicke sich verbanden und Ushijima nicht blinzelte. Ja wie?

„Ich glaube, da ist eine Elster vor deinem Fenster."
Tick tack.
„Es ist Winter, Satori."
.
.
.
„Wakatoshi-kun."
„Hm?"
„Wir halten Händchen."

Fürchterlich, klebrige Zuckerwatte, die Karies-Löcher im Kopf verursachte.



Danke fürs Lesen.
500 Worte.

Note: Dieser Text ist ... wohl ruhiger und melancholischer. Er ist nach einem erschöpfenden Wochenende entstanden und ich wusste gar nicht, ob ich schreiben will, oder kann. Aber ich habe mich einfach hingesetzt, Musik angemacht und die Finger über meine Tastatur gleiten lassen. Irgendwie ist dieses Stück nackt und intim. Warm, aber auch unruhig. Für mich jedenfalls.
Danke, dass diese Worte nun auch in dir leben, lieber Leser.

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