3. Teil

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Als wir uns aus der Umarmung lösten wirkte Tae etwas verlegen. Er sah mich dennoch fest an und sagte: ,,Wir finden bestimmt bald etwas zu essen. Du must nur noch ein ganz klein wenig durchhalten." Ich nickte nicht sehr motiviert, stand jedoch wieder auf.
Jetzt gingen wir sehr langsam, aber weit kamen wir sowieso nicht. ,,Bleib stehen!", sagte Tae leise. Ich blieb stehen und schaute nach vorn. Ich spürte wie die Angst in mir hochkam. Eine Schlange kam auf uns zu. Sie war braun weiß gefleckt und sehr groß. Drohend richtete sie sich auf, dazu zeigte sie uns ihre zwei langen Fangzähne. Im nächsten Moment flog plötzlich ein Sperr auf sie zu. Der Speer kam vor ihren Kopf auf den Boden auf. Die Schlange erschrak und verschwand im Dickicht. Tae und ich blieben stehen und warteten. Ich hörte Äste knacken, da sah ich wie aus dem Gebüsch ein Mann und eine Frau kamen. Vor Freude machte mein Herz einen Hüpfer. Ich kannte die beiden Personen. Sie waren auch im Flugzeug gewesen. Die Frau saß am Ende des Ganges, vermutlich mit ihrer Freundin. Der Mann hatte seinen Sitzplatz im vorderen Bereich gehabt. Die Frau kam nun auf uns zu. Sie war recht groß, trug eine blaue Jeans mit einem passenden blauen T-Shirt und hatte ihre blonden Harre zu einem Dutt gebunden. ,,Hallo ihr beiden, ihr wisst gar nicht wie sehr es uns freut euch zu sehen. Wir dachten, es gäbe keine weiteren Überlebenden mehr." Nun konnte ich auch den Mann besser sehen. Er war sehr groß und hatte dunkle Haut. Er trug ein T-Shirt und dazu eine schwarze Jeans. Sein Gesichtsausdruck war ziemlich grimmig. Die Frau sagte nun: ,,Ihr beiden seht ja ganz verhungert aus, folgt uns doch bitte!" Ich blickte zögernd zu Tae. Dieser zuckte mit den Schultern.
Die beiden führten uns zu einer Ruine. Ich erkannte, dass sie wohl mal ein Tempel gewesen sein musste. Nun war der Tempel zu ein Art Camp umfunktioniert. Es gab viele Fackeln sowie ein paar Rettungszelte. Ich roch gerade etwas Leckeres, als ein Mädchen auf uns zu kam. Sie war ungefähr so groß wie Tae, hatte einen dunklen Teint und lange schwarze Harre. Auch ihr Gesicht wirkte sehr edel. Sie war wirklich sehr schön. ,,Oh, es gibt ja doch noch weitere Überlebende. Vielleicht sollten wir doch aufbrechen und noch andere suchen!", rief sie als Begrüßung. Die blonde Frau schüttelte den Kopf und antwortete ihr: ,,Wir haben doch darüber gesprochen, dass die Chance zu gering ist. Außerdem ist es sehr gefährlich." „Ja, ist mir klar." Sie wollte gerade gehen, als die blonde Frau zu ihr sagte: ,,Bitte zeig den Beiden alles und versorge sie mit frischer Kleidung und Essen!" Das Mädchen warf uns einen abschätzigen Blick zu, dann nickte sie. ,,Kommt!", sagte sie unfreundlich und lief los.
Nach zwei Schritten blieb sie stehen und fragte gelangweilt: ,,Wie heißt ihr denn eigentlich?" ,,Also ich bin Tea-hyung", sagte Tae etwas zu schnell.
Mir war nicht entgangen, dass er nur noch Augen für das neue Mädchen zu haben schien. Da überraschte es mich auch nicht, dass er mich außen vor lies. Sie wirkte allerdings auch nicht sehr interessiert an mir. Nun lächelte sie Tae an und sagte nur zu ihm, ,,Folg mir bitte!" Die beiden liefen nun nebeneinander. Ich kam mir sehr schnell fehl am Platz vor, wie ich da so humpelnd hinter her lief. Außerdem tat es, warum auch immer weh, die Beiden zusammen zu sehen. Also entschied ich mich, alleine das Camp zu erkunden. Ich kam an ein großes Zelt. Vor dem Zelt stand eine alte Dame. Sie hatte ihre grauen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Als ich näher kam erkannte ich, dass sie in einem großen Topf rührte. Einige Sekunden später kamen aus dem Zelt zwei Jungen. Als sie mich sahen rannten sie sofort auf mich zu und sagten aufgeregt: „Du bist die Neue stimmst. Freut uns dich kennen zu lernen." Die Jungen waren beide recht groß. Der Eine hatte glattes blondes Haar, der andere hingegen braune Locken. Der Lockige sagte: ,,Du hast wohl ganz schön was durchgemacht, so wie du aussiehst." Ich antwortete nicht, sondern zuckte nur mit den Schultern. ,,Sie ist wohl nicht sehr gesprächig," stellte der Junge mit den blonden Haaren fest. Da mischte sich die ältere Dame ein. Komm Kleine, du siehst ja so abgemagert aus. Bitte iss doch etwas!"
Sie füllte in eine Kokosnussschale braune Brühe. Ich nahm die Schale.
,,Es schmeckt besser, als es aussieht", sagte der Junge mit den Locken. Ich schlürfte vorsichtig die Suppe. Es schmeckte wirklich ziemlich gut. Als ich wohl mindestens drei Kokosnussschalen getrunken hatte, ließ ich mich müde auf den Boden fallen. Der blonde Junge setze sich zu mir. ,,Jetzt musst du uns alles erzählen und bitte sag nicht, wie Naomi, dass dir Leichen über den Weg gelaufen sind." Ich zögerte, doch begann zu erzählen. Als ich meine Erzählung beendet hatte, sah ich bei beiden Jungen leichte Angst. ,,Oh man, jetzt haben wir schon zwei, die lebende Leichen sehen. Das wird Marie nicht gefallen." Ich wollte gerade fragen wer Marie und wer Naomi sei, als der blonde Junge fragte, ,,Oh, das haben wir ganz vergessen, wie heißt du eigentlich?" ,,Nancy, Nancy Wheeler." ,,Wie die von Stranger Things", stellten die Beiden fest. ,,Also ich bin Tom sagte der Junge mit den braunen Locken und das ist Jonas."
,,Nancy, ich will wirklich nicht unfreundlich wirken, aber ich würde dich doch bitten, dass du dich wäschst," sagte Tom verlegen. ,,Oh ja natürlich," antwortete ich ebenfalls verlegen. ,,Ok ,cool wir zeigen dir wo," sagte nun Jonas. 
Tom und Jonas führten mich an einen See. Das Wasser war strahlend blau und wunderschön. ,,Also hier kannst du ungefährdet baden gehen. Keine Sorge, das Wasser ist sauber.", erklärte mir Tom. ,,Ok," antwortete ich. ,,Na, dann lassen wir dich jetzt alleine. Wir suchen dir auch gleich noch etwas Neues zum Anziehen", sagte Jonas und ging. Tom folgte ihm.
Im ersten Moment kam ich mir komisch vor, doch dann zog ich mich rasch aus.  Meinen BH und Schlüpfer lies ich sicherheitshalber an. Als ich mich so ins Wasser gleiten ließ, spürte ich wie mein Köpper aufatmete. Endlich konnte ich den Schweiß und Dreck abwischen. Ich tauchte unter und genoss die Stille. Als ich wieder auftauchte, sah ich, dass Tae am Ufer stand. Zu meiner Freude ohne dieses Mädchen. Als er mich sah winkte er und ging natürlich auch mit Boxershorts ins Wasser. Er kam zu mir geschwommen und lächelte. ,,Endlich bekomme ich diesen ganzen Dreck ab", stellte er fest. ,,Stimmt, kannst du bei ihr einen besseren Eindruck machen", antwortete ich kühl. Kurz wirkte Tae verwundert, grinste dann aber. ,,Ist hier jemand eifersüchtig?", fragte er lachend. ,,Nein, bin ich nicht," erwiderte ich wütend und wollte weg schwimmen. Aber er hielt meinen Arm kurz fest. ,,Warte, ich habe schon viel herausgefunden. Naomi hat die Leichen auch gesehen. Sie musste vor ihren eigenen Eltern fliehen und ist der Meinung, dass man sie retten kann." ,,Ach und wie will sie das anstellen?", fragte ich nicht überzeugt. ,,Sie denkt, dass die Menschen von einer Art Zauber befallen sind. Mithilfe eines Rituales kann man sie vielleicht wieder zurückverwandeln." ,,Das ist bescheuert, die hat nicht mehr alle Tassen im Schrank", antwortete ich. ,,Mag sein, aber ich ergreife jede noch so kleine Chance, wenn ich meine Familie retten kann. Egal wie unmöglich es auch ist. Wenn du es nicht verstehst, dein Problem." Mit diesen Worten schwamm er zurück.



Ich war sauer auf ihn.  Allerdings noch viel wütender auf dieses Mädchen, was so viel Quatsch erzählte. Woher soll sie bitte dieses Ritual kennen und überhaupt, das ist alles kompletter Wahnsinn. Sie war verrückt und Tae zu verzweifelt dies zu sehen. Als mir langsam kalt wurde, schwamm ich zurück.
Zu meiner Freude hatte man mir eine Decke und Klamotten hingelegt. Nach dem ich mich abgetrocknet hatte, lies ich mich so gut es ging von der untergehenden Sonne wärmen. Danach zog ich eine blaue Jeans mit einem weißen T-Shirt an. Damit ich meine Arme schützen konnte, hatte man mir auch eine Stoffjacke dazugelegt. Ganz zum Schluss zog ich meine extrem dreckigen Turnschuhe an.
Als ich fertig war ging ich zurück zum Tempel. Alle saßen um ein großes Lagerfeuer. Sie hörten gespannt Taes Geschichte zu. Nachdem er sie beendete, sah ich, wie die blonde Frau, wahrscheinlich Marie, mit dem Mann flüsterte. Das Wort ergriff allerdings nicht Marie, sondern Naomi. ,,Wir können sie alle retten, wenn ihr nur wollt," sagte sie. ,,Du weißt nicht wovon du redest," antworte ihr Marie leise. Daraufhin sprach der Mann: ,,Du nimmst nur die Zeichen als Grund für dieses Ritual. Du hast keine Ahnung, ob es stimmt und ob es funktioniert. Du weißt ja noch nicht einmal, was sie bedeuten. Wir werden nichts unternehmen." Naomi blickte den Mann wütend an, stand auf und ging. Marie blickte ihr traurig nach. Dann sagte sie: ,,wir alle haben Menschen verloren, die wir lieben. Wir müssen damit zurechtkommen und es akzeptieren, sonst passiert uns nur noch das Gleiche." Ihr Blick war vor allem auf Tae gerichtet. ,,Wie ist eure Vermutung zu den Leichen?", fragte ich. Der Mann sah mich an, dann antworte er: ,,Wir vermuten, dass ihr sehr kranke Menschen gesehen habt, die sich vielleicht mit etwas infiziert haben. So etwas gibt es. Es hatte nur den Anschein, als wären es Leichen. Tae schüttelte nun den Kopf, stand auf und ging.
Es wurde Abend. Ich half beim Aufbau der Zelte, als Jonas und Tom zu mir kamen. ,,Komm mit!", riefen sie mir zu. Dann gingen sie mit mir in den Tempel. Ich sah Naomi und Tae am Ende eines Raumes stehen. Als ich in den Raum kam verschlug es mir die Sprache, so etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen. Überall an den Wänden waren Bilder gezeichnet. Die Bilder zeigten furchtbare Kreaturen sowie Menschen, die vor ihnen flohen. Auf der anderen Seite war ein Text zu sehen. Der Text bestand aus Schriftzeichen, welche golden waren. Sie erinnerten mich ein bisschen an die japanische Schrift. Tae war nahe an die Schriftzeichen herangetreten und studierte sie. ,,Ich kann sie lesen", sagte er nach einer Weile. Wir alle blickten ihn sprachlos an. ,,Wie das?" fragte Tom fassungslos. Doch Naomi strahlte. Sie rief ,,Na los, auf was wartest du, lies es vor!" Tae wirkte etwas verlegen. ,,Ich kann nicht versprechen, ob es stimmt, aber ich denke, dass es eine Art japanisch ist. Da ich japanische Verwandte habe und früher in Korea Japanisch in der Schule lernte, kann ich es ein bisschen. Also in Asian ähneln sich die Sprachen. Das ist auf jeden Fall eine Sprache, die aus Asien kommt." ,,Hör auf zu erklären und lies es einfach vor!", sagte Naomi ungeduldig. ,,Da steht, dass man darauf warten müsse, dass die Sonne aufgeht. Außerdem muss man die Untoten in den blauen Tümpel führen. Wenn dann die Sonne aufgeht, legen sie ihre verfaulte Haut ab. So etwas in der Art steht da.", sagte Tae zögernd. ,,Aber, das ist ja wunderbar!", rief Naomi. ,,Wir müssen sie nur in den blauen See führen, mehr nicht." ,,Ja und die Sonne muss aufgehen", stellte Tom fest. ,,Ja und das,", sagte Naomi.
Schnell hatten sie sich einen idiotischen Plan zusammengereimt. In der Nacht wollten sie zurück zum Schiff wandern. Anschließend die Leichen aufwecken und irgendwie hierherbringen. Daraufhin sollen die Leichen wie auch immer ins Wasser gehen und sich zurückverwandeln. ,,Dieser Plan ist einfach nur mies", stellte ich fest. ,,Ach, du bist wohl ganz schlau", sagte Naomi gereizt . ,,Nein, bin ich nicht, aber ihr werdet dabei sterben.", antwortete ich verzweifelt. ,,Geh mir aus den Augen, du dreckige Schlampe!", sagte Naomi kühl. Ich schüttelte den Kopf und sah Tae an. ,,Bitte mach da nicht mit! Der Plan ist einfach nur schlecht!" Doch er schüttelte den Kopf und sagte: ,,Wenn du nicht helfen möchtest geh!" Ich spürte einen Stich, drehte mich um und ging.
Einige Minuten später kam Tom zu mir. Er setzte sich zu mir, dann sagte er: ,,Du hast vollkommen Recht, der Plan ist einfach nur Selbstmord." Ich erwiderte nichts, sondern schaute traurig auf den Boden.
Ich überlegte, ob ich den Erwachsenen Bescheid sagen sollte, doch etwas hielt mich davon ab. Als ich nun in meinen Rettungszelt lag, konnte ich nicht schlafen. Ich wusste, ich hatte Tae das letzte Mal gesehen. Er war so gut wie tot. Ich spürte wie der Verzweiflung immer größer wurde und begann zu weinen.



Der Kampf ums LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt