5. Teil

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Naomi war außer sich und sagte ständig, dass es doch eine Möglichkeit geben müsse. Die anderen waren anders. Yaris und Marie ließen sich auf den Boden fallen und warteten. Sie hatten das Tor verschlossen, doch lange würde es nicht standhalten. Auch unser Feuer würde irgendwann erlöschen. Da sagte Tae: ,,Nancy, ich glaube ich habe doch etwas falsch übersetzt." Daraufhin rannte er zu dem Raum mit den Gemälden. Er schien etwas zu suchen, da rief er: ,,Da!" Er zeigte auf ein Bild. Auf dem Bild war ein Krug zusehen, aus welchem Feuer loderte. ,,Hast du den schon einmal irgendwo gesehen?" Ich schüttelte den Kopf, allerdings fiel es mir dann doch ein. ,,Doch, so einer steht vor dem Tempel!", sagte ich aufgeregt. Tae nickte und sagte: ,,Ich denke, wenn wir diesen Krug anzünden können, entsteht ein Feuerstrahl. Ich weiß nicht genau wie das geht, aber sind dir auf den Boden die Rillen aufgefallen?" Ich nickte aufgeregt. ,,Genau! Ich denke, diese leiten das Feuer weiter. Die Leichen hätten dann keine andere Wahl, sie müssten ins Wasser. Sonst würden sie verbrennen. Sie vertragen keine Hitze. Aber das Problem ist, wie kommen wir an diesen Topf. Er ist nun leider umgeben von Leichen," stellte Tae fest.
Wir alle kamen zu dem Schluss, dass es keinen anderen Weg gab. Wir mussten uns irgendwie durchkämpfen. Marie öffnete die Tür. Sofort kamen sie auf und zu getaumelt. Jedoch wichen sie zurück, als wir ihnen das Feuer entgegenhielten. Ich roch den verwesenden Geruch und das verbrannte Fleisch. Manche Leichen hatten auch Schwerter, wodurch sie noch gefährlicher waren. Ich musste oft ausweichen, um nicht erstochen zu werden. Da sah ich aus dem Augenwinkel, wie Naomi ihren Ast verlor.
Eine Leiche hatte ihr Schwert verloren. Ich ergriff das Schwert und rannte zu Naomi. Ich sah wie eine Leiche die Hände nach Naomi austreckte. Doch bevor sie sie packen konnte, haute ich zu. Die Leiche sank zu Boden. Jetzt erkannte ich auch, wer die Leiche war. Es war mein eigener Vater. Ich hatte meinen eigenen Vater erstochen.
Bevor ich genauer darüber nachdenken konnte, stand mein Vater schon wieder auf und kam auf mich zu. Ich hatte seinen Bauch vollständig aufgeschnitten, wodurch seine Gedärme heraushingen. Das schien ihn aber nicht zu stören. Schnell hob ich meinen brennenden Ast auf. Auch Naomi hatte sich wieder einen Ast besorgt und musste sich gegen zwei weitere Leichen zur Wehr setzen. Da sah ich wie Tom es geschafft hatte. Er war zu dem Krug vorgedrungen. Als er versuchte, den Ast hineinzuwerfen, stach plötzlich ein Schwert durch ihn hindurch. Ich sah mit Entsetzen, wie sich sein T-Shirt rot färbte. Auch Naomi hatte es gesehen und rannte auf Tom zu. Wir kamen gleichzeitig bei ihm an. Hasserfüllt rammte ich der Leiche meinen brennenden Ast in den Bauch. Die Leiche ging in Flammen auf. Dabei begann sie furchtbar zu schreien. Ich beugte mich währenddessen zu Tom hinunter. Marie hielt in der Zeit die Leichen fern. Toms Atem war röchelnd und ich sah deutlich, dass er furchtbare Schmerzen hatte. Ich versuchte die Blutung zu stoppen, doch es wurde nur immer schlimmer. Da sagte Tom mit kaum hörbarer Stimme: ,,Bring es zu Ende Nancy!" ,,Ich lass dich jetzt nicht alleine", antwortete ich mit erstickter Stimme. Tom sah mich an. Ich konnte zusehen wie langsam das Leben aus seinen Augen verschwand. Er sagte noch: ,,Nancy, es war wirklich schön, dich kennen zu lernen und versprich mir..." Er konnte den Satz nicht mehr beenden. Ich spürte wie sich ein furchtbarer Schmerz in mir ausbreitete. Trotzdem ergriff ich meinen brennenden Ast und ließ ihn in den Krug fallen. Daraufhin entflammten die Rillen im Boden. Ein Feuerkreis entstand.
Die Leichen bekamen Panik. Sie rannten den Weg entlang zum See. Nachdem sie dort angekommen waren, glitten sie ins Wasser. Im selben Moment sah ich, wie sich der Himmel langsam rosa färbte. Die Sonne ging auf. Die Leichen tauchten unter. Bald darauf kamen sie wieder hoch. Ich überlegte gerade, ob auch die Piraten weiterleben würden, als ich mit Grauen sah, dass einige Leichen nur noch Skelette waren. Diese schwammen kurz auf der Wasseroberfläche und gingen dann unter. Bald darauf kamen die ersten Überlebenden ans Ufer geschwommen. Mit einem leichten Lächeln sah ich, wie Tae auf seine Schwester zu rannte. Sie umarmten sich lange. Auch Marie rannte zu der Dame, mit der sie zusammen im Flugzeug gesessen hatte. Die Beiden küssten sich innig. Yaris schaute etwas wehmütig zu den Beiden hinunter, lächelte dann aber und ging zu den Anderen. Ich hörte ein Schluchzen. Naomi lag am Boden und klammerte sich an Tom. ,,Es tut mir so leid!", sagte sie immer wieder.  Ich lies mich neben Naomi und Tom nieder, beugte mich vor und schloss Toms Augen. Dann fing auch ich an zu weinen.
Nach ein paar Tagen passierte dann das Unglaubliche, wir wurden gerettet. Meine Eltern waren am Leben und wir wurden sicher nach Hause gebracht. Es herrschte so viel Aufregung, dass ich es nicht mal schaffte, mich von meinen Freunden zu verabschieden.

Der Kampf ums LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt