#15 - Püppchen

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Sie ist so kalt
So einsam und leer
So taub, stumm und still
Sie liegt nur da und starrt an die Wand
Während einzelne Tränen ihre Wangen hinabfließen
Sie fühlt sich so verloren wie eine Puppe
Wie eine leblose kleine Puppe, die ohne ihren Besitzer ist
Die sich ohne ihn nicht bewegen kann
Die ohne ihn nicht rennen kann, nicht hüpfen kann, nicht tanzen kann
Die nur glücklich sein kann, wenn er bei ihr ist
Wenn er sie in den Arm nimmt und sie in seinen Händen dreht
Wenn er sie anlächelt und sich freut, dass er sie hat
Die ohne seine Nähe, seinen Duft nicht schlafen kann
Und die nur warten kann und warten und warten
Bis er kommt und ihr neues Leben einhaucht
Damit sich ihre zarten Beinchen wieder strecken
Und sich ihre eleganten Arme wieder recken
Und sie glücklich sein kann für den Moment
Bis er sie wieder zurücklegt und geht
Mit der Ungewissheit, je wieder zurückzukommen
Wie die Ballerina einer Spieluhr
Die still darauf wartet, dass sich der Deckel öffnet
Die Jahrzehnte wartet und schon langsam verstaubt
Die nur starr herumliegt in dem Samtkissen der Uhr
Festgeklebt an einen Sockel und mit starrem Porzellangesicht
Die nie weiß, wann und ob sie wieder tanzen darf
Obwohl das Tanzen doch ihr Leben ist, ihre ganze Welt
Es lässt sie wieder glücklich sein, wieder sie selbst sein
Es verwandelt sie in einen fliegenden Schwan
Welcher mit sanften Bewegungen abhebt
Tanzen gibt ihr das Gefühl zu fliegen
Aus ihrer Spieluhr zu entkommen
Völlig frei zu sein und zu leben
Bis sich der Deckel schließt
Und sie plötzlich erstarrt
Um wieder zu hoffen
Und zu warten
Auf ihn

LyrikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt