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Meine Mutter saß mit mir auf der kleinen, zerschlissenen Couch, und las mir aus meinem Lieblingsbuch vor. Wir versuchten beide uns auf die Geschehnisse im Buch zu konzentrieren, auf nichts anderes zu achten. Ich drückte mich an sie, sie strich mir über die Haare, und las mit einer leisen, aber beruhigenden Stimme aus ‚Mielenya's Märchen' vor. Ihre Anwesenheit beruhigte mich. Nichts konnte schiefgehen, Mam würde mich beschützen. Wir waren sowieso nicht wirklich in der Gefahrenzone, die Maximoffs wohnten dort. Mam hatte ihnen angeboten ein paar Tage bei uns zu bleiben, doch Tante Iryna und Onkel Oleg wollten Pietro und Wanda nicht beunruhigen. Sie waren nicht wirklich meine Tante und Onkel, aber ich nannte sie so, da sie wie Familie waren.

Ich presste mich noch näher an meine Mutter ran, sie legte einen Arm um mich. „Katya ging zum Haus der Hexe und klopfte. Eine ältere Frau mit einer krummen Nase und langen weißen Haaren machte ihr auf. ‚Ich möchte meiner Familie helfen, wie soll ich das machen? Kannst du mir einen Trank zubereiten?' fragte Katya. Die Hexe leckte sich die Zähne, und nickte freundlich. ‚Komm rein, kleine Katya, ich werde dir helfen,' antwortete die Hexe," las Mam aus dem Buch vor. Ich konzentrierte mich auf Katya. Auf Katya und nichts anderes.

Schreie. Schüsse. Feuer. Katya. Noch mehr Schüsse. Schreie. Katya. Bomben. Katya.

Katya. Katya. Katya.

Ein ohrenbetäubender Knall drang an unsere Ohren, ich schreckte aus meinem Halbschlaf, und drückte mich noch näher an Mam. Diese starrte jedoch mit einem bleichen Gesicht auf das Fenster, welches sie mit Vorhängen zugezogen hatte, damit ich nicht sah was draußen passierte. Langsam klappte sie das Buch zu, stand auf und ging zum Fenster, bevor sie den Vorhang etwas zur Seite schob. Auf Zehenspitzen folgte ich ihr, und blickte neben ihr aus dem Fenster. Man sah nicht viel, nur grauen Rauch und Feuer. Mam wurde noch blasser, ihre Haut glich der Farbe unserer kahlen Wände. Ich fragte sie, was denn passiert sei. Sie drehte sich mit glasigen Augen zu mich. In ihnen spiegelte sich pure Verzweiflung und Trauer. „Da wohnen Iryna und Oleg," flüsterte sie mit einer heiseren Stimme. Iryna und Oleg. Wanda und Pietro's Eltern. Die Maximoffs.

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Ein paar Tage später, Mam und ich hatten getrauert und waren nicht rausgegangen, klopfte es schwach an unserer Tür. Mam machte vorsichtig auf, doch als sie die Besucher erkannte, öffnete sie die Tür ganz, sodass ich sie auch sehen konnte. Es waren Wanda und Pietro.

Nachdem Mam sie mit Nahrung vollgestopft hatte, setzte sie die Zwillinge dick in jeweils eine Decke eingemummelt auf das Sofa und bat sie zu erzählen. Und sie erzählten. Wie sie angefangen hatten eine Sitcom zu schauen. Wie plötzlich ein lauter Knall ertönte. Wie sie in die Luft geschleudert wurden. Wie sie unter das Bett, welches wie durch ein Wunder noch stand, gekrochen waren. Wie eine Bombe direkt vor ihren Augen gelandet war. Stark Industries, stand darauf. Wie sie nach zwei Tagen merkten, dass das ein Blindgänger sei, und dass er nicht in die Luft gehen würde. Wie sie schließlich zu uns rannten. Mam hatte Tränen in den Augen, doch da glitzerte auch eine Spur von Hass. Es sah so aus, als wäre es eine lang vergessene Feindschaft gewesen, die jetzt durch die Geschichte von Pietro und seiner Schwester wieder aufgeflammt wäre. Meine Mutter umarmte beide fest, und sagte dann dass sie sich in ihr Bett legen sollten, da es Platz für beide Zwillinge hätte. Anschließend befahl sie mir, mich in mein eigenes Bett zu legen. Sie würde auf dem Sofa in der Wohnzimmerküche schlafen.

Diese Nacht konnte ich nicht schlafen. Die Geschichte von Pietro und Wanda ging mir immer wieder durch den Kopf, das Knallen, die Bombe, der Blindgänger, die Sitcom. Doch ein Name tauchte immer wieder auf. Der Name, den meine Mam zu erkennen schien. Den Namen, den sie zu hassen schien.
Stark Industries.

Ich schwor mir, die Person mit diesem Namen aufzufinden, und Iryna, Oleg, Pietro und Wanda zu rächen. Sie bezahlen zu lassen, was sie meiner Familie angetan hatte.

Kurz bevor ich einschlief, merkte ich, dass meine Mutter in mein Zimmer kam und mir ein sokovianisches Schlaflied vorsang. Ich war nicht mehr so klein, aber es beruhigte mich, es gab mir ein Gefühl von Sicherheit. Ich schlief fast ein. Doch dann sagte sie etwas, was mich wieder hellwach machte. Sie nannte meinen Namen.

Hydra ist gut."

HYDRA | Marvel Avengers [PAUSIERT]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt