Kapitel 1

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Ich versuchte keinen Laut zu machen, als ich mich aus dem viel zu großen Hotelzimmer schlich, in dem ich die letzte Nacht verbracht hatte. Ich weiß nicht mehr, wie ich genau hier hin gekommen bin, aber ich weiß, es war eine gute Nacht. Meine Schuhe zog ich an, nachdem ich die Tür leise hinter mir zugezogen hatte, sodass ich mir schnellen Schritten die Lobby des Hotels durchqueren konnte. Die Frau hinter der Rezeption warf mir ein kleines lächeln zu, welches ich erwiderte, aber ich glaubte sie machte sich insgeheim über mich lustig. Ich atmete die Nachtluft ein, welche mich umgab, sobald ich durch die Tür gegangen war. Der Alkohol hatte längst meinen Körper verlassen, oder zumindest glaubte ich das, aber eine Zigarette brauchte ich trotzdem auf dem Heimweg. Meine Eltern waren mit Ben verreist, weswegen ich auch die halbe Nacht bei einem wildfremden jungen Mann im Hotelzimmer verbringen konnte.

Zu Hause setzte ich mich auf die Stufen vor unserem Haus und beobachtete, wie die Sonne aufging. Diesen Anblick genoss ich seit meinem Abschluss vor 4 Wochen oft, da ich die meisten Nächte um die Häuser zog oder bis spät in die Nacht bei Mills war. Er und Jess waren tolle Eltern, aber Mills hatte arge Schlafprobleme. Nicht, weil das Baby weinte, sondern weil er sich Sorgen um sein Leben machte. Die Schule war vorbei und wir sollten alle längst wissen, was wir mit unserem Leben anfangen sollten. Doch wir beide saßen nur stundenlang vor dem Fernseher und stellten uns diese Frage nicht. Wir wussten es einfach nicht.

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"Hast du dich schon irgendwo beworben? Wir füttern dich nicht ewig durch!" Meine Mutter lag mir damit seit meines Abschlusses in den Ohren, doch ich tat gar nichts.
"Eigentlich hab ich ja noch normale Sommerferien, die sollte ich genießen."
"Die Ferien würden aber nächste Woche enden und dann solltest du wenigstens irgend etwas tun. Du weißt, wir unterstützen dich bei allem, aber nicht beim Faulenzen."
Meine Mum hatte ja irgendwie recht, aber meine Motivation hielt sich wirklich in Grenzen.
"Ich treffe mich dann mit Adam, er zieht am Wochenende aus."
"Siehst du, Adam studiert auch!" Ich rollte mit den Augen. Ja toll, Adam studiert auch. Das heißt nicht, dass ich das auch machen muss.
"Geh bitte vorher noch einkaufen, ich muss Ben aus dem Kindergarten holen." sagte meine Mutter und drückte mir die Einkaufsliste und Geld in die Hand. Mit einem grinsen holte sie die Schlüssel zu ihrem Auto hervor und schmiss siemir hinterher. Ja, ich hatte endlich den Führerschein, aber konnte mir kein Auto leisten. Dafür konnte ich das Auto meiner Mutter nehmen.

Ich starrte auf die Liste und versucht zu entziffern, was meine Mutter aufgeschrieben hatte. Ihre Schrift war wirklich nicht die beste. Mit zusammengekniffenen Augen starrte ich auf den Zettel und schob den Wagn vor mir her. Bis ich gegen einen anderen Wagen krachte und vor Schreck die Liste durch die Luft warf.
"Oh hi, Lauren. Schön dich zu sehen!"
"Mrs. Hamilton, wie gehts Ihnen?" Oh oh. Ich mied es an alles zu denken, was mit Jace in Verbindung steht, da kam mir eine Begegnung mit seiner Mutter absolut in die quere. Sie führte einen kurzen Monolog, dass es ihr gut geht, aber es grade ziemlich stressig ist, so allein in ihrem Haus. Natürlich spielte sie auf Jace an.
"Du hast nicht zufällig etwas von ihm gehört?" fragte sie und schaute mich erwartungsvoll an.
"Nein, tut mir leid. Seit wir uns getrennt haben, haben wir kein Wort miteinander geredet." Ich schaute zu Boden und versuchte den Schmerz zu verdrängen, der sich in mir breit machte. Die meiste Zeit dachte ich, dass ich es im Griff hatte, aber es tat selbst nach so vielen Monaten immer noch weh.
Jaces Mutter atmete tief durch und versuchte sich zu sammeln. "Er schreibt mir einmal pro Woche eine E-Mail, mehr nicht. Mein eigener Sohn verschwindet einfach und sagt mir nicht wo hin."
"Er kommt bestimmt wieder. Vielleicht braucht er einfach eine Auszeit von allem." 

Eine Auszeit könnte ich auch gebrauchen.


Little HamiltonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt