Wo viel Licht ist, ist auch starker Schatten.
(Johann Wolfgang von Goethe)Krankenhauslicht fand ich schon immer scheiße. Aber als erstes die wunderschön, ekligen Krankenhauslampen zu sehen wenn man aus einem Koma aufwacht. Da bekommt man doch direkt gute Laune. Sarkasmus lässt grüßen.
Hattet ihr schonmal einen Traum wo ihr später aufgewacht seit und das Gefühl hattet, als hättet ihr die Zukunft geträumt? Als würde alles was ihr gerade geträumt habt später erst noch passieren?
Während ich im Koma lag habe ich eigentlich alles mitbekommen. Es war als hätte sich mein Tagesablauf nie geändert. Nachts schlafen, gegen sechs Uhr morgens aufstehen, fertig machen und dann durch den Tag kommen. Ich bin trotzdem gegen sechs Uhr morgens aufgewacht und habe gesehen wie die Ärzte meine Vitalfunktionen und meinen Herzschlag gecheckt haben. Wie sie mir Astronautennahrung verabreicht haben. Wie meine Mutter meine Hand genommen und geweint hat oder gelacht oder mir erzählt hat was sie und Scott so machen. Wie Stiles mal wieder durch Fenster geklettert ist und meine Mum zu Tode erschreckt hat.
Ich habe eigentlich alles mitbekommen. Naja fast alles. Manchmal da habe ich auch geträumt oder mich an Dinge erinnert. Wie an meine richtigen Brüder. Ich weiß immer noch nicht wie die beiden heißen. Scheinbar war ich noch zu klein um mir das dauerhaft zu merken. Obwohl diese Erklärung auch bescheuert klingt. Immerhin habe ich mich daran erinnert, dass ich gar nicht Scott's leibliche Schwester war sondern zwei Brüder hatte und offenbar auch noch eine geborene Werwölfin bin. Sagt man das so? Werwolf und Werwölfin? Klingt komisch aber wie soll ich das sonst ausdrücken?
Die ganze Zeit die ich im Koma lag könnte man sagen, dass ich nur nicht genügend Kraft gehabt habe um meine Augen auch wirklich zu öffnen. Aber sie waren alle da. Brett. Lori. Liam. Mason. Scott. Stiles. Mum und Dad. Scott hat manchmal sogar Kira und Stiles Malia mitgebracht.
Aber heute morgen war es anders. Als ich aufwachte, da wachte ich tatsächlich auf. Ich hörte das Piepsen des EKG's und roch das Desinfektionsmittel und diese grässliche Krankenhausbelichtung. Ich musste husten weil mein Hals solange trocken geblieben ist und ich hatte den erstbesten Knopf gedrückt den ich mit meinen schwachen Händen und Armen finden konnte. Den Notfallknopf.
Sekunden später ist meine Mum ins Zimmer geplatzt und hat mich völlig schockiert angesehen und dann vor Freude angefangen zu weinen.
Mittlerweile hatte Mum mein Bett aufgerichtet und ich konnte sie und alle anderen ansehen während mir gefühlt ein halber Liter Blut abgezapft wurde um herauszufinden was nicht mit mir stimmte.
Alle Verletzungen waren komplett verheilt. Nicht einmal die kleinste Narbe war irgendwo zu sehen.
„Ich werde mal mit ihm reden", sagte sie als Dr. Geyer, Liam's Stiefvater, den Raum verließ und strich mir nochmal über die Wange. „Ich bin sehr froh, dass du wieder wach bist".
Ich lächelte sie nur an. Ich konnte zwar schon wieder normal sprechen, aber sie hier auf alles anzusprechen hielt ich nicht für richtig.
Aber ihr musste klar sein, dass ich es wusste oder zumindest ahnte, denn meine früher braunen Augen waren nun strahlend blau. Und dass hatte selbst ich mittlerweile bemerkt. Sie hatten sich in dem Glas Wasser, dass mir meine Mum gegeben hatte, gespiegelt.
Die Tür ging leise hinter ihr zu und ich sah seufzend aus dem Fenster. Blauer Himmel und strahlende Sonne. Vögel zwitscherten und eine sanfte Brise wehte durch das offene Fenster zu mir herein.
Ich atmete tief ein und schlug die Decke beiseite. Wenn das mit dem Werwolf in mir stimmte, dann müssten auch meine Muskeln wiederhergestellt sein. Vorsichtig setzte ich die Füße auf den kalten Boden und schloss die Augen, als mich ein kalter Schauer durchfuhr.
Doch ehe ich aufstehen konnte, öffnete sich die Tür und eine Stimme ertönte: „Wag. Es. Ja. Nicht".
Ich drehte den Kopf und sah lächelnd zu Liam und Brett, welche beide in der Tür standen.
„Ach kommt schon Jungs", sagte ich.
Brett drängelte sich an Liam vorbei, kam auf mich zu und nahm mein Gesicht in seine Hände.
„Ich lass dich niemals wieder alleine", sagte er und kniete sich vor mir hin. „Niemals. Wieder".
Dann beugte er sich zu mir und küsste mich leidenschaftlich. Ich schlang die Arme um seinen Hals und ließ mich nach vorne vom Bett gleiten. Er legte die Hände an meine Hüfte und drückte mich fester an sich.
„Hey, ich hab gehört, dass Scarlett....WOAH", hörte ich Mason' Stimme.
Brett löste sich von mir und ich drehte den Kopf zur Tür. Liam hatte den Blick peinlich berührt gesenkt, aber ich konnte das Grinsen auf seinen Lippen erkennen. Und Mason stand da mit offenem Mund, während Brett mich in seinen Armen hielt.
„Wa...?", fragte er und zeigte auf mich. „Was ist mit deinen Augen?".
„Äh.....dass ist schwer zu erklären", sagte ich und kniff lachend die Augen zusammen.
Brett hob mich wieder aufs Bett und deckte meine Beine wieder zu. Ich lächelte ihn sanft an und er beugte sich zu mir. Er küsste mich auf die Wange und flüsterte mir ins Ohr: „Diese Augenfarbe steht dir auch sehr gut".
Noch breiter lächelte ich ihn nun an und deutete neben mich aufs Bett. Er ließ sich neben mir nieder und nahm meine rechte Hand in seine. Sanft hauchte er einen Kuss drauf.
„Kommt doch rein", sagte ich zu meinen beiden Freunden, welche immer noch in der Tür standen.
„Ja Liam. Komm doch endlich rein", lachte Mason und schlug seinem besten Freund auf die Schulter.
Er zog sich einen Stuhl heran und ließ sich auf meiner linken Seite nieder. Dann zog er seinen Rucksack vom rücken und öffnete ihn.
„Ich hab hier ein paar Dinge", sagte er und zog nach einander einige Dinge aus seinem Rucksack. „Schokolade und andere Süßigkeiten, weil das Essen im Krankenhaus immer scheiße ist. Sagt zumindest Liam. Dann noch deine Cherry Cola und ein paar Energy Drinks, die Dinger bringen dich noch irgendwann um. Und deine Lieblingsbücher. Wie du Stephen King und Jane Austen gleichzeitig lesen kannst ist mir allerdings ein Rätsel. Und natürlich das wichtigste".
Er reichte mir einen Laptop. Fragend und Dankbar zu gleich sah ich ihn an.
„Was soll ich mit meinem Laptop?", fragte ich. „Also nicht generell. Sondern eher jetzt gerade".
„Klapp ihn auf", sagte Mason grinsend und ich sah zu Liam. Er grinste ebenso breit und zog nur einmal vielsagend die Augenbrauen hoch.
Skeptisch sah ich zu Brett welcher nur unwissend mit den Schultern zuckte. Ich sah noch einmal zu Liam und Mason welche nun anfingen zu lachen.
„Keine Angst, es ist keine Spinne zu sehen", sagte Mason und ich atmete tief durch und öffnete den Laptop.
Sofort prangte mir das Play Zeichen in der Mitte des Bildschirms entgegen und ich zog irritiert die Augenbrauen zusammen, bis ich auf Play drückte und mit der Fluch der Karibik Musik hinterlegte Bilder angespielt wurden.
Mason und Liam hatten Situationen nach gestellt und Fotos davon gemacht. Liam und Mason die von der Bank hinter mir auf meinen Laptop starrten. Brett wie er einen Schokomilchshake verkappte. Stiles wie er mir half meine Mum aus dem Krankenhaus zu locken. Liam beim Lacrosse Probetraining. Malia und der Coach die die Wette abschlossen. Liam der danach im Krankenhaus landetet. Brett in einem Kanu auf einem See. Und so weiter. Alles was wir bis jetzt erlebt hatten, sah ich in den nächsten Fünf Minuten. Mit tränen in den Augen sah ich am Ende zu meinen beiden besten Freunden.
„Jetzt kommt schon her", lachte ich sie weinend an und schloss die beiden in meine Arme.
„Baut so einen Mist niemals wieder", flüsterte ich leise und spürte wie Liam nickte.
Als wir uns voneinander gelöst hatten, legte Brett den Arm um mich und sah mit verengten Augen zu Liam. Beide starrten sich gegenseitig in die Augen und Mason und ich hustet gekünstelt.
„Testosteron", husteten wir und beide sahen uns empört an.
Die Tür öffnete sich und Stiles und Scott kamen rein, hinter ihnen Kira, Malia und Lydia.
„Das hier wird langsam zur Gewohnheit", scherzte Stiles und warf mir ein kleines Paket zu.
Gekonnt fing ich es auf und betrachtete das kleine Paket in meiner Hand.
„Nun mach schon auf", sagte er grinsend zu mir und ich riss das Paket an der Seite auf.
Heraus kam eine Figur von meiner Lieblingsdisney Figur.
„Oh mein Gott!", quietschte ich und strahlte Stiles breit an. „Eine Stitch Figur".
„Ich weiß doch wie sehr du Lilo und Stitch liebst", sagte er grinsend.
„Deswegen habe ich dir den hier mitgebracht", sagte Lydia und drückte mir den ersten Teil von Lilo und Stitch in die Hand.
„Und von mir kommt das hier", sagte Kira und drückte mir Popcorn und eine große Flasche Cola in die Hand.
„Wow Leute. Danke. Ihr seit echt großartig", sagte ich stolz und bat Brett die Sachen auf den kleinen Beistelltisch zu legen.
Scott kam auf mich zu und sah mir in die Augen. Er legte eine Hand an meine Wange und streichelte mir sanft drüber.
„Stiles hat recht. Das hier wird langsam zur Gewohnheit", sagte er lachend und ich schloss glücklich die Arme um ihn.
„Wir kriegen das hin und egal was kommt", flüsterte er. „Du wirst immer meine kleine Schwester bleiben".
Ich lächelte ihn dankbar an.
„Ich habe die besten Freunde der Welt", sagte ich und sah jeden nacheinander an.
„Das stimmt", sagte Stiles lachend und die anderen sahen ihn mit zusammen gezogenen Augenbrauen an. „Was? Stimmt doch!", verteidigte er sich.
Ich fing an zu lachen und sah zu Stiles, welcher ebenfalls anfing zu laut zu lachen. Die Tür öffnete sich und meine Mum und Dr.Geyer kamen diskutierend ins Zimmer.
„Ich weiß einfach nicht wie das sein kann Melissa", sagte Dr.Geyer zu meiner Mum. „Die Augenfarbe ändert sich nicht plötzlich und solche Verletzungen heilen nicht einfach ohne irgendwelche Narben zurückzulassen. Es gibt einfach keine Erklärung für diesen Fall".
„Dad", fing Liam an und sah zu seinem Stiefvater. „Scarlett lebt noch und es geht ihr wieder gut. Als Arzt sollte dass doch das wichtigste für dich sein, oder nicht?".
„Liam....", erwiderte sein Vater.
„Nein. Dr Geyer ich bitte Sie. Meine Tochter ist gesund und endlich wieder bei uns. Also bitte hören Sie einfach auf es zu hinterfragen ja?", flehte Mum ihn an.
Er schüttelte verzweifelt den Kopf und sah zu mir.
„Eine Wunderheilung trifft es in deinem Fall wohl am besten. Wie du gerade schon gehört hast, kann ich mir absolut nicht erklären wie alle deine Verletzungen geheilt sind und was mit deinen Augen passiert ist. Nach Medizinischer Sicht bist du absolut gesund", er klappte meine Akte wieder zu.
„Ich bin dankbar für meine Wunderheilung", lächelte ich ihn an.
„Das solltest du auch", sagte er. „Ein paar Tage möchte ich dich dennoch hier behalten. Wunderheilung hin oder her, einige Tests möchte ich noch mit dir machen um sicher zu stellen, dass es keine Nachwirkungen gibt".
„Ist gut", erwiderte ich.
„Ich möchte dass du heute pünktlich zuhause bist. Deine Mutter kocht und wird sowohl mir als auch dir den Kopf abreißen wenn wir zu spät kommen", sagte Dr. Geyer zu Liam.
„Ja, Dad", sagte Liam und nickte.
Der Arzt verließ den Raum und ließ eine verunsicherte Mutter und zehn mehr oder weniger verunsicherte Teenager zurück.
„Deine Eltern sagen dir wann du zuhause sein sollst?", lachte Brett Liam aus.
„Haha", giftete dieser gekünstelt lachend zurück. „Wenigstens hab ich welche".
Sofort knurrte ich Liam wütend an. Erschrocken sahen alle zu mir. Meine Augen strahlten wütend.
„Das nimmst du SOFORT zurück", knurrte ich und sah ihm ohne Blinzeln in die Augen. Eingeschüchtert trat Liam einen schritt zurück.
„T...tu...tut mir leid, Brett", sagte er schüchtern und sah mich nicht an.
„Ähhh. Leute?", fragte Mason irritiert und sah zwischen uns hin und her. „Coole Sache mit deinen Augen Scarlett".
„Danke", sagte ich ruhig und sah weiterhin zu Liam. „Mason. Ich hätte voll Lust auf Kuchen und einen heißen Kakao. Würdest du mir einen aus der Cafeteria holen?".
„Ähhh. Klar", sagte er und stand auf. „Ich lass mir Zeit ja? Ich glaube ich sollte gerade nicht da sein".
Dann verließ er den Raum und ehe mich einer zurück halten konnte war ich aufgesprungen, hatte Liam am Hals gepackt und gegen die Wand gepresst. Knurrend hielt ich ihn fest. Seine Hände umschlangen mein Handgelenk und versuchten mich wegzudrücken. Sorgte jedoch nur dafür, dass ich ihn noch fester gegen die Wand knallte.
„Wag es niemals wieder Liam!", knurrte ich wütend und sah wie seine Augen anfingen glühen. Laut knurrte er zurück und wehrte sich stärker gegen meinen Griff.
Arme schlangen sich um meine Hüfte und zerrten mich von Liam weg. Laut knurrend und brüllend wehrte ich mich gegen Brett's Griff. Auch Liam musste von Malia zurück gehalten werden, damit er nicht auf mich losging. Brett drehte uns herum und presste mich gegen die Wand direkt hinter uns. Meine Krallen bohrten sich in seine Arme. Er ließ seine Werwolfseite hervor kommen und brüllte mich an.
Ich keuchte auf und meine Krallen und die plötzliche Wut, von der ich nicht wusste woher sie plötzlich kam, verschwanden wieder. Brett sah mich ruhig an und zog mich an sich, während mir Tränen über die Wangen liefen.
Ich sah über Brett's Schulter zu Liam.
„Es tut mir so leid", schluchzte ich. „Ich war auf einmal so wütend und...und....".
„Beruhige dich, Scarlett", sagte Scott und ging rüber zu Liam.
„Komm wieder runter, Liam", sagte er zu Liam und ließ seine Augen rot glühen.
Brett drückte mich an sich und küsste mich auf die Schläfe.
„Wi....wieso?", schluchzte ich.
„Du bist zwar ein geborener Werwolf, aber genau genommen bist du erst gerade einer geworden. Zumindest hattest du nie an Vollmond Probleme oder gibt es etwas das wir nicht wissen?", fragte Stiles mich.
„Nein. Ich hatte ein paar Schlafprobleme, aber mehr auch nicht", sagte ich und krallte mich an Brett fest.
„Deine Gefühle werden die nächsten Monate Achterbahn fahren. Du wirst wütend oder traurig sein, wenn es eigentlich keinen Grund dazu gibt. Du wirst lernen müssen deine Verwandlung zu kontrollieren. Aber du hast Glück", sagte mein Bruder und sah zu Brett. „Denn du hast deinen Anker schon. Er wird dir helfen".
Ich sah Brett an und drückte mich fester an ihn.
„Ich liebe dich", sagte Brett leise zu mir.
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The Tide - Blue Eyes -
FanfictionVier Monate sind ins Land gezogen seit Scarlett fast gestorben ist. Und als sie endlich aufwacht hat sich irgendwie alles verändert. Getrieben von unkontrollierbaren Gefühlsausbrüchen und dem immer wiederkehrenden Vollmond geht nach ihrem aufwachen...