Kapitel 1

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-Lilli‘s POV-

„Ich bin weg!“ Schwungvoll schmiss ich die Haustür hinter mir zu und schnappte mir mein Fahrrad welches gegen die Hauswand gelehnt stand. Bevor ich vom Grundstück rollte hörte ich wie die neue Freundin meines Vaters mir etwas unverständliches hinterher rief aber ich interessierte mich nicht dafür. Sie und ich haben nicht das beste Verhältnis, um ehrlich zu sein können wir uns nicht ausstehen aber unsere Beziehung ist auch etwas komplizierter. Vielleicht sollte ich einfach mal von Anfang an erzählen.

Ich bin Lilli und lebe zusammen mit meinem großen Bruder Maxi und unserem Vater Theodor Maximilian in Grünwald. Aber auch das ist nicht der Anfang meiner Geschichte. Eigentlich ist Theodor nicht mein leiblicher Vater aber er hat mich vor ungefähr 2 Jahren adoptiert, zu dem Zeitpunkt war er noch glücklich mit meiner Mutter verheiratet. Maxi und ich sind als Nachbarn aufgewachsen und seit klein auf die besten Freunde gewesen weshalb er eh schon immer wie ein großer Bruder für mich war. Bis heute machen wir so gut wie alles zusammen. Alles bis auf eine Sache.

Maxi spielt in einer Fußballmannschaft und hat mich bis jetzt noch nicht einmal mitgenommen und das obwohl ich echt gut im Fußball bin. Maxi weiß auch das ich gut bin, denn wir spielen immer zusammen bei uns im Garten. Dadurch das er mich noch nie mit zu seiner Mannschaft genommen hat kenne ich leider auch keinen seiner Freunde.

Maxi ist 16 und somit ungefähr ein halbes Jahr älter als ich. Seine Freunde sind ebenfalls in unserem Alter und er meint immer er will mich vor ihnen “beschützen“ oder sowas. Auch so verbietet er mir jeglichen Kontakt zu irgendwelchen Jungs. Ehrlich gesagt weiß ich selber nicht was das soll aber wenn er meint das er meinen Beschützer spielen muss...ich finde Jungs sowieso doof. Also natürlich alle bis auf Maxi, er ist die wichtigste Person in meinem Leben.

Mein Vater ist gestorben als ich noch echt klein war und von da an war Maxi‘s Vater schon wie ein Vater für mich. Gerade weil ich gefühlt jeden Tag bei ihnen war. Auch mit Maxi‘s Mutter bin ich immer echt gut klar gekommen aber dann haben die beiden sich scheiden lassen und sie ist abgehauen. Ich würde sagen, dass das Ganze uns beide, sprich Maxi und mich, noch näher zusammen gebracht hat.

Eines Tages, irgendwann vor 5 Jahren oder so übernachtete ich bei Maxi und mitten in der Nacht wurden wach. Wir schlichen zusammen aus seinem Zimmer und dann durch‘s ganze Haus. Als wir in der Küche ankamen sahen wir meine Mutter und Theodor und sie küssten sich. Zu dem Zeitpunkt muss ich so 10 Jahre alt gewesen sein was heißt das Maxi bereits 11 war.

Für uns beide war das eine ganz merkwürdige Situation weshalb wir die beiden einige Minuten leicht angewiedert und still beobachteten bis sie uns bemerkten. Sie schickten uns sofort wieder ins Bett und erklärten uns am nächsten morgen das sie sich ineinander “verliebt“ hätten und das wir das eines Tages auch mal fühlen werden. Aber was soll ich sagen, 5 Jahre später und weder Maxi noch ich hatten bis jetzt mit dem Thema Liebe zutun gehabt.

So kam es dazu das meine Mutter und ich endgültig bei den beiden einzogen, die beiden heiraten und wir waren eine richtige Familie. Es fühlte sich an als wäre es nur ein Traum denn irgendwie war alles perfekt. Zum Höhepunkt kam es dann als Theodor mich adoptierte, an diesem Tag war ich stolze 12 Jahre alt und hatte den besten Vater und den tollsten großen Bruder denn ich mir hätte wünschen können.

Leider blieb es nicht lange so perfekt wie es war denn die beiden hatten einen großen Streit und ließen sich ebenfalls wieder scheiden. Meine Mutter wollte mir den Kontakt zu Maxi verbieten weshalb Theodor das alleinige Sorgerecht für mich beantragte. Ihm gehört die Bankfiliale hier im Ort weshalb er viele reiche Freunde hat unter ihnen eine menge guter Anwälte und so kam er mit dem Antrag durch.

Meine Mutter wohnt nun in einer kleinen Wohnung am anderen Ende der Stadt und wir haben uns mittlerweile wieder vertragen. Oft bin ich trotzdem nicht bei ihr. Aber mir geht es gut damit denn ich bin nach wie vor über glücklich Maxi und Dad zu haben.

Vor 2 Wochen durchlebten Maxi und ich nun noch einmal fast die gleiche Nacht wie die vor 5 Jahren. Wir machten einen Filmabend bei ihm im Zimmer und irgendwann schliefen wir einfach nebeneinander ein. Mitten in der Nacht wurden wir wieder wach und guckten uns an. Wir hatten beide etwas Angst. Maxi ging vor und zog mich an der Hand hinter ich her. Als wir in der Küche ankamen sahen wir unseren Vater und auf der Küchenzeile saß eine Frau.

Da wir ja wissen das man aus Fehlern lernt und mittlerweile auch beide Sexualkunde in der Schule hatten und wussten was hätte passieren können machten wir uns diesmal direkt bemerkbar. Das Problem war: Maxi und ich hielten uns immer noch an der Hand und Jasmin, die für uns fremde Frau in der Küche, dachte nun ich wäre Maxi‘s Freundin. Sie wusste wohl nur von Maxi und seitdem ist sie nicht gut auf mich zu sprechen.

Ich würde tatsächlich sogar soweit gehen und sagen das sie mich hasst aber das ist okay denn hass ist auch das was ich empfinde wenn ich sie sehe. Maxi teilt meine Meinung weshalb sie bei uns auch “die Hexe von Bogenhausen“ genannt wird. Sie hat auch ein Sohn, er heißt Nerv und muss so um die 12 Jahre alt sein. Noch kennen wir ihn nicht aber das soll sich heute Abend wohl ändern. Ob ich zum Abendessen nachhause komme überleg ich mir aber nochmal.

Jasmin plant jetzt mit Nerv bei uns einzuziehen und will nun das ich wieder zu meiner Mutter ziehe aber da hat sie die Rechnung ohne meinen großen Bruder gemacht. Aber jetzt erstmal wieder zurück ins hier und jetzt. Maxi war beim Training gewesen und als ich gerade die Straße vor unserem Haus entlang fuhr kam er mir entgegen und ich hielt an. Er fragte mich wo ich hin will und ich erklärte ihm das ich mich mit einer Freundin treffe um etwas für die Schule zu machen.

Bevor ich weiter fuhr bat er mich darum heute Abend pünktlich zu sein, er meinte ich müsste keine Angst haben da er dafür sorgen wird das ich bei ihm bleibe. Nach dem kurzen Gespräch mit meinem Bruder ging es mir etwas besser aber irgendwie fühlte ich mich trotzdem scheiße denn ich hatte Angst meine halbe, kleine, perfekte Familie zu verlieren.

Mit dem Fahrrad brauchte ich gute 10 Minuten zu Marie, sie war zu gleich auch meine beste Freundin. Da sie vor ein paar Wochen Geburtstag hatte ist sie bereits 16. Sie ist ungefähr einen halben Kopf größer als ich und hat mittellange, braune Haare. Wir gehen zwar nicht in die gleiche Klasse haben haben trotzdem ein paar Kurse zusammen weshalb wir heute einen Vortrag für unseren Sportkurs vorbereiten müssen.

Es war Juni und deshalb schon schön warm draußen weshalb wir uns raus in den Garten setzten, mit dem Vortrag waren wir relativ schnell fertig geworden weshalb wir noch genug Zeit hatten uns den wichtigen Dingen zu widmen. Wichtig ist für uns alles was nicht mit Schule zutun hat. Man könnte jetzt meinen das wir oft über das Thema Jungs sprechen aber das war nicht der Fall denn keiner von uns hatte Interesse an irgendeinem Jungen.

So redeten wir über die Hexe von Bogenhausen und Marie ist der Meinung das ich zum Abendessen mit Nerv gehen sollen. „Der arme kleine kann doch auch nichts für seine Mutter.“ Ich ließ mir ihre Worte noch ein paar mal durch den kopf gehen und merkte das sie recht hatte. Ich packte meine Sachen ein und machte mich auf den Weg nachhause.

Ich stellte mein Fahrrad wieder an die Hauswand und schloss die Tür auf. Ich stieß sie auf und sie knallte ausersehen gegen den Schrank aus Reflex zuckte ich schon zusammen aber es kam nichts. Dann kam Maxi die Treppe runter und guckte mich verwirrt an. „Alles gut Schwesterherz?“ Ich nickte nur und machte die Tür zu, dann kam auch mein Dad in den Flur. „Na meine kleine Prinzessin, magst du dir vielleicht noch was anderes anziehen bevor die beiden gleich kommen?“ Er lächelte mich dabei freundlich an.

Jetzt ergab das Ganze auch für mich Sinn, Jasmin war nicht da und außer ihr hatte hier keiner ein Problem mit knallenden Türen oder sonstigem. Jetzt guckte ich mir Maxi genauer an und sah das er ein Hemd trug, nun verstand ich auch was mein Dad von mir wollte. Etwas genervt stimmte ich zu und ging nach oben um mich umzuziehen. Ich zog mir ein weißes Sommerkleid und dazu weiße Turnschuhe an, danach machte ich mich auf den Weg nach unten in den Garten wo Maxi bereits in einem der Gartenstühle saß, ich setzte mich neben ihn.

„Ich will nicht das sie hier einzieht!“ Ich guckte traurig zu Maxi rüber und er stimmte mir zu allerdings hatten wir nicht bemerkt das unser Vater hinter uns stand. Mit ihm hatten wir noch nicht über unsere Probleme mit Jasmin geredet und jetzt war es auch zu spät. Gerade als er anfangen wollte etwas zu sagen klingelte es und einen kurzen Augenblick später kam Jasmin mit ihrem Sohn in unseren Garten marschiert.

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Heyy, ich hoffe euch gefällt das erste Kapitel meiner neuen Story. Über Feedback würde ich mich natürlich freuen und wenn euch die Story bis hier hin gefällt, lasst es mich gerne wissen. :)

Lilli und der Unbezwingbare || MARKUS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt