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Zwei Wochen später

„Es fällt mir schwer im Angesicht dieser Schönheit dir etwas so Unschönes mitteilen zu müssen.", begann Andrés ernst und genoss noch einmal die Aussicht auf die vor ihm liegende, in der Morgensonne strahlende, Stadt Florenz, bevor er seinen Bruder Sergio anblickte und fortfuhr: „Ich habe die gleiche Krankheit wie Mama sie hatte."

Sergio traf diese Nachricht wie ein Schlag ins Gesicht. Inständig hatte er immer gehofft, dass diese elende Krankheit weder ihn noch seinen Bruder treffen würde, doch genau dieser Alptraum begann gerade zur Realität zu werden. Seine Augen wurden glasig. Sergio wusste ganz genau was das für Andrés und vor allem seine Zukunft bedeutete. Ergriffen blickte er seinem Bruder in die Augen. Irgendwie war da in ihm immer noch ein Funken Hoffnung, Andrés würde ihn auf den Arm nehmen. Doch er lag falsch. Sein Bruder behielt seinen gleichgültigen Blick bei.

„Wie lange noch?", brachte Sergio heraus.

„Drei Jahre.", beantwortete Andrés ihm seine Frage: „Also mindestens. Du weißt doch wie das ist." Sergio nickte. „Am Ende werden es noch fünf, sechs oder vielleicht sogar sieben Jahre. Ärzte rechnen doch immer mit dem Schlimmsten." Er lächelte seinen Bruder aufmunternd an. Auch er wusste, wie sehr ihm seine Diagnose traf. Natürlich, Andrés war sein Bruder und auch einer der wichtigsten Menschen in Sergios Leben.

„Sieben Leben wie eine streunende Katze.", schmunzelte Andrés, kehrte der wundervollen Aussicht den Rücken zu und ging ein paar Schritte zurück. Ihm viel es nicht leicht seinen Bruder in seinen Krankheitszustand einzuweihen, er redete nie gerne über sein Wohlsein, wozu auch? Sterben würde er so oder so irgendwann, wie jeder Andere auf dieser Welt. Er wollte nicht täglich daran erinnert werden, dass sein Leben bald zu Ende ist, lieber genoss er die restliche Zeit die er noch hatte und machte sie zu der Besten seines gesamten Daseins.

Wenn es nach ihm ginge, hätte Sergio nie davon erfahren, doch er konnte Martíns nervende Vorwürfe, es ihm noch nicht erzählt zu haben, nicht mehr aushalten.

„Er ist dein Bruder Andrés! Du kannst ihm sowas doch nicht vorenthalten!"

„Wie würdest du dich denn fühlen, wenn es andersrum wäre?"

„Sei doch nicht so ein Feigling, Andrés! Er wird es schon verkraften."

Diese moralische Predigt durfte er sich immer und immer wieder aufs Neue anhören. Doch Martín hatte Recht, natürlich hatte er das, so stur Andrés jedoch war, konnte er es sich nicht eingestehen.

Er hatte aber trotzdem einen guten Grund Sergio nichts von seiner Krankheit zu erzählen. Ihm war klar, dass sein kleiner Bruder alles dafür tun würde seinen Tod heraus zu zögern oder ihn sogar zu „heilen". Sergio würde ihn von einer Medikamentenstudie zur nächsten zerren. Doch genau das wollte er nicht, er wollte kein Leben im Krankenhaus führen geschweige denn ein Versuchskaninchen für irgendeine nicht erprobte medikamentenähnliche Substanz sein. Andrés hatte andere Zukunftsvorstellungen.

„Hey, Hey Andrés.", Sergio hielt ihn am Arm zurück. Andrés seufzte, er wusste was jetzt kam. „Wir blasen hier alles ab und suchen nach der besten Behandlung für dich im Osten -" „Ach, es gibt gar keine Behandlung, Sergio.", unterbrach er: „Außerdem geht es mir besser, wenn ich mit dir was stehlen kann." Andrés lachte und hoffte so seinen Bruder überzeugen zu können, locker zu lassen.

„Aber, aber... wie stellst du dir das vor?", stotterte Sergio: „Willst du eine Eintrittskarte für das Gefängnis bis zum Ende deiner Tage?" Er ließ Andrés los und schaute ihn ungläubig an. Er konnte es einfach nicht verstehen. Langsam legte er seinem kleinen Bruder die Hand auf die Schulter. Frustriert über dieses Gespräch entgegnete er: „Wenn ein Künstler dir sagen würde, dass er noch drei Jahre zu leben hat, würdest du ihm dann sagen er solle aufhören zu malen?"

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 23, 2021 ⏰

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You and I are soulmates || Berlermo Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt