Kapitel 1

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Ich werde jetzt fast schon eine Woche verfolgt. Er glaubt, dass ich es nicht weiß, aber er sticht wie eine Kerze im Dunklen aus der Menge. So wie jeden Samstag arbeite ich in der Bar ,,Nachtschein". Wie es aussieht traut der Blonde Schönling sich endlich mit mir zu sprechen. Er lässt sich vor der Holzbar auf einen schwarzen Hocker plumpsen und sagt: "Ein Bier, bitte." Ich nehme ein großes Glas, fülle es mit der gelben bitteren Flüssigkeit und stelle es vor ihm ab. Ganz in Plauderton sage ich: ,,Es muss lustig sein einem auf Schritt und Tritt zu folgen, oder nicht?" Gerade trinkt er einen Schluck und verschluckt sich rasch. ,,Ja, muss wohl so sein oder man möchte mehr über die Person in Erfahrung bringen", erwidert er und versucht es ganz neutral zu sagen, aber ich habe bemerkt wie seine Hand sich um das Glas verkrampft hat. Der Fremde hat wohl bemerkt, dass es keinen Sinn hat, irgendetwas zu leugnen, da ich durch mein Kronen-Tattoo auf meinem linken Arm sowieso merke, wenn jemand lügt. Es fühlt sich an, als würde mein Arm in Flammen stehen. Dann sagt er in ernstem Ton: ,,Ich muss mit dir reden, es ist wichtig!" Ohne auf seinen Satz einzugehen, frage ich ihn, wie er heißt. Ich kenne die Antwort zwar schon, aber das muss mein Gegenüber ja nicht erfahren. ,,Mein Name ist Enno und deiner?" ,,Vivien" ,, Es ist wirklich wichtig!", versucht er es noch einmal. Zum Glück kommt gerade ein anderer Kunde an die Bar und so bleibe ich ihm eine Antwort schuldig. Ein alter bärtiger Mann setzt sich zwei Stühle rechts von Enno. ,,Whisky", sagt der Mann auf meinen fragenden Blick hin. Da es keinen weiteren Grund gibt Enno zu ignorieren, wende ich mich ihm wieder zu. Ich habe so eine Vermutung, warum er hier ist. Die Erste, er möchte nur reden und die Zweite, er wird mich töten. Ich hoffe auf ersteres, man kann trotzdem nie wissen, wie jemand tickt. ,,Nach meiner Schicht habe ich Zeit." Ohne auf eine Antwort zu warten, gehe ich mit einem schwarzen runden Tablett zu dem nächsten Tisch und stelle die leeren Gläser darauf. In der Hoffnung, dass er verschwunden ist gehe ich wieder hinter die Bar, aber er sitzt noch immer da und verfolgt jede meiner Bewegungen mit Adleraugen. ,,Kann ich noch etwas für dich tun?", frage ich Enno ohne ihn anzusehen. ,,Wann endet deine Schicht?" Es passt ihm wohl gar nicht zu warten, aber das wird er müssen. ,,In drei Stunden, um zwei Uhr in der Früh, aber du kannst auch gerne morgen am Nachmittag vorbeischauen. Da sollte ich zwischen 14 und 15 Uhr etwas Zeit haben." Am Liebsten hätte ich ihn aus der Bar geschmissen, dafür müsste er aber etwas Kaputt machen oder mehr als nur zu reden. ,,Ich möchte eigentlich gerne jetzt mit dir reden.", da ich mich gerade wieder umdrehen möchte, fügt er schnell hinzu: ,,Ich warte die drei Stunden gerne."

Die fünf WeltenWhere stories live. Discover now