Aria warf mir einen besorgten Blick zu und legte dann ihren Finger auf ihren Mund um zu verdeutlichen, dass ich leise sein sollte.
Wieder hämmerte jemand mit seiner Faust auf die Eingangstür.
Aria und ich liefen geduckt im Flur auf die Tür zu. Ein Schauer lief mir über den Rücken.
Ich konnte Männerstimmen hören, dann öffnete sich die Tür.
Wir sahen den Mann, bevor er uns entdeckte. Er war deutlich älter als wir und trug wetterfeste Kleidung, sowie einige Waffen an seinem Gürtel. Ich spähte an ihm vorbei. Vor unserem Haus stand eine Kutsche, an der zwei Rappen angespannt waren. Auf dem Kutschbock saß ein weiterer Mann und nickte uns zu.
"Keine Sorge, wir kommen im Frieden.", rief der Mann, der die Tür geöffnet hatte. Er zog einen beschmutzten Brief aus seiner Manteltasche und reichte ihn uns.
Misstrauisch ging Aria einen Schritt nach vorne und riss ihm den Brief aus der Hand. Der Mann wartete bis Aria den Brief geöffnet hatte, dann lief er ohne die Haustür zu schließen zu seinem Kollegen zurück.Aria zog den Brief aus dem Couvert. Ich schaute ihr über die Schulter. Der Absender verkündete, dass er von unserem Bruder Zain stammte. Ihre Augen glänzten vor Aufregung. "Ließ vor, ließ vor!", bettelte ich. "Liebste Schwestern, macht euch keine Sorgen, mir geht es gut. Ich habe eine Möglichkeit gefunden, um euch aus dem Land zu schaffen. Der Krieg wird immer brutaler und auch bald in euer kleines Dorf eindringen, deshalb folgt den Männern, sie werden euch sicher an euer Ziel bringen. Packt genug warme Kleidung ein, es wird eine lange Reise! In Liebe, Zain."
Zain hielt sich knapp, wie immer wenn er unterwegs war, denn Zeit hatte ein Soldat kaum. Dennoch hinterließ sein Brief eine bleibende Wirkung bei mir.
"Weg? Wie weg?", fragte ich überfordert. Wir sollten das Land verlassen. Ich hatte bisher in meinem ganzen Leben noch nie die Grenze von Sinnmonia übertreten.
Aria dachte angestrengt nach. "Er meint es ernst."
"Was ist mit Mama und Papa?"
"Wir wissen nicht, wann sie zurückkommen. Wenn überhaupt.", sagte Aria ernst und kaute auf ihrer Lippe.
Ein Blick auf die Kutscher zeigte mir, dass die Männer geduldig auf uns warteten.Aria meinte: "Du könntest ein neues Leben anfangen! Vorausgesetzt du willst das Baby behalten. Dein Kind könnte in einer friedlichen Welt aufwachsen, wo kein Krieg herrscht und du nicht Angst haben musst, abends ohne etwas zu Essen nach Hause zu kommen."
Ich schluckte und schaute hinab auf meinen Bauch. Er hatte sich kaum verändert, so dass ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, dass sie darin im Moment ein kleines Wesen befand. Wollte ich es überhaupt behalten?
"Es wird nicht einfach, das Land zu verlassen, aber sollten wir es schaffen..." Sie atmete aus. "Ich möchte nicht die sein, die deinem Kind die Chance vermasselt glücklich aufzuleben. Ich meine, ich werde Tante!"
Sie lächelte und ihre Augen wurden feucht.Aria selbst war zwar schon 26 Jahre alt, aber hatte nie Glück in der Liebe gehabt. Und erst recht nicht im Kinderkriegen. Ich erinnerte mich noch an den Tag, als wäre es gestern gewesen, als sie mit unserer Mutter tränenüberströmt nach Hause kam. In der Nacht war sie zu mir ins Bett gekrochen und hatte mir von ihrem ersten Termin beim Frauenarzt erzählt. "Ich kann keine Kinder kriegen.", hatte sie geschluchzt. "Mutter war so wütend." Doch es traf sie mehr, als unsere Mutter selbst.
Aria schnipste vor meinen Augen. "Erde an Faye?"
Ich hob den Kopf und murmelte zerknirscht: "Aria... Ich weiß noch gar nicht, ob ich das Kind haben will."
"Natürlich.", antwortete sie schnell.
"Ich will dir nur keine falschen Hoffnungen machen.", flüsterte ich."Was ist nun?", rief einer der Männer von draußen.
"Wir kommen sofort!", rief ich ihm zu und lächelte Aria an.
Sofort rannte sie los. "Nimm meine Tasche, die ist größer da passt mehr rein!"
Ich verdrehte lächelnd die Augen und machte mich auf den Weg meine Sachen zu packen.
Mit gepackten Koffern gingen wir nach draußen. Ich nahm dankend die Hand des Kutschers an und kroch gebückt in das Innere der Kutsche. Aria folgte meinem Beispiel.
Bevor sich die Kutsche in Bewegung setzte, sahen wir ein letztes Mal auf unser Haus zurück und hielten uns an den Händen.
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A whole New world
FantasyEINE LIEBE, DIE NICHT SEIN DARF Faye fällt aus allen Wolken, als sie erfährt, dass sie schwanger vom König des verfeindeten Nachbarlandes ist. Gemeinsam mit ihrer Schwester begibt sie sich in ein großes Abenteuer... {Cover von @/magda.leh (ig)}