Tag 15

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Geht man einen Schritt vorwärts, wird man trotzdem von jemand anderen um drei Schritte überholt. Oder: Wenn du einen Schritt vorwärts macht, wird dort schon jemand stehen.

Es war egal wie man den Satz auslegte. So oder so, andere waren immer besser.

Meine Mutter die war rückwärts gegangen. Mein Vater hatte sie an einer Leine hinter sich hergezogen. Schuld war an Allem wohl er. Schuld daran, dass mein Hund tot war. Er hatte ihn erschlagen.

Schuld daran, dass meine Mutter abgehauen war. Sie hätte mich wenigstens mitnehmen können.

Und ich? Ich bin wohl nie vorwärts gegangen.

Noch bevor mein Vater in die komischen illegalen Zeugnisse seiner Arbeit gerutscht war, hatte ich ihm keine guten Noten liefern können. Nachdem er darin gelandet war hatte sich es nur verschlechtert. Ich war am allem Schuld.

Wäre ich nicht, müsste er kein Geld für mich ausgeben. Jetzt war er im Gefängnis. Weit weg von mir und trotzdem präsent. Ich konnte ihn nicht mal hassen. Dieses Gefühl gab es nicht für ihn. Er hatte es abgetötet.

Hoseok holte mich aus den Schleifen.

Er ließ mich vorwärts gehen, in eine Richtung die man annährend so nennen konnte. Mit Emma.

Ich hatte den Wallach geführt. Ich hatte ihm gesagt wo wir lang gehen. Ich hatte die Verantwortung gehabt. Der Pferdewirt hatte mich irgendwann gefragt, ob er loslassen dürfe. Der Korb werde auf einer Hand immer so schwer.

Ich hatte mich getraut. Er hatte mir Vertraut. Und mir die Verantwortung über Emma überlassen. Das Feuer seines Lobs brannte noch immer, hatte selbst in meinen Träumen gebrannt.

Es fühlte sich Wichtig an auf Emma zu achten. Es war von bedeutender Wichtigkeit, dass es Emma gut ging, das er wusste wo er lang gehen sollte. Denn er war ein Herdentier.

Hoseok hatte es mir auf unserem Spaziergang erzählt. Verhaltensmuster, Erkennungszeichen, richtiger Umgang.

Er hatte mich nicht belehrt. Er hatte mich gelehrt.

Seit langem hatte ich mich mal wieder Aufnahmefähig für Wissen gefühlt.

Es war ein seltsames Gefühl das mich durchströmte. Eines das ich immer nur dann gespürt hatte, wenn ich mal wieder eine neue Note meinen Eltern vorzeigen musste. Doch diesmal war es anders.

Diesmal verspürte ich keine Angst dabei, sondern Freude. So als wollte ich unbedingt eine gute Note Hoseok zeigen, wollte wissen wie er darauf reagierte.

Der Pferdewirt war ein Sonnenschein. Ein Sonnenstrahl für mein inneres Ich. Eine Hoffnung. Ordnung.

Er hatte mir gestern erzählt, dass Emma Wasserscheu ist. Auch er hatte etwas, das ihm ungeheuer war.

Heute Nachmittag wollten wir wieder zum See. Und am Vormittag zu der Stute mit dem Fohlen.

Also stand ich hier, in der hellen Sonne mit dem Putzkasten in der Hand und wartete auf Hoseok, der mit Isaac noch etwas zu besprechen hatte.

Ich atmete.

Aufgeregt.

Wartend.

Erfreut.

Silence Of The Past  - Sope-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt