Die Tage zwischen Weihnachten und Silvester vergingen wie im Flug. Während ich versuchte, mich nicht in diese Heiratssache zwischen meinen Eltern und Aiden einzumischen, gab ich mir alle Mühe, für meinen Bruder da zu sein. Das stellte sich jedoch als schwieriger heraus, als zunächst angenommen. Zu sehen, wie sehr Aiden unter dieser Entscheidung, die er zu treffen hatte, litt, brachte mich beinahe zur Weißglut. Zu gerne hätte ich ihn so einige Male bei den Schultern gepackt und ordentlich geschüttelt, um ihn zur Besinnung zu bringen. Er konnte doch nicht einfach sein Leben aufgeben, nur um Mom und Dad zufriedenzustellen! Leider spielte es keine Rolle wie oft ich versuchte, das meinem Bruder klarzumachen. Meine Meinung zu dieser ganzen Sache war ohnehin irrelevant und tat nichts zur Sache. Ich konnte lediglich für ihn da sein und ihm hin und wieder ins Gewissen reden. Doch schlussendlich war es seine Entscheidung. Weder meine Eltern noch ich konnten ihm diese Wahl abnehmen. Allerdings hatte ich die Vermutung, dass Mom und Dad Aiden in Bedrängnis brachten. Tagtäglich bekam ich mit, wie sie telefonierten. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie ihn unter Druck setzten, um ihn zu einem Entschluss zu bewegen - einen Entschluss zu ihren Gunsten. Zumindest würde Mom das tun. Bei Dad war ich mir nicht so sicher, er glich eher einem Fähnchen im Wind, der meiner Mom nach dem Mund redete.
Nachdem ich mit viel Überredungskunst aus Aiden den Namen seiner wahrscheinlich Zukünftigen herausgekitzelt hatte, musste ich sie natürlich erst einmal in den Sozialen Medien stalken. Sie hieß Olivia Isabella Campbell, hatte wasserstoffblonde Haare bis zum Steißbein und trug auf jedem zweiten Bild ihre Designerklamotten zur Schau. Es war nicht zu übersehen, dass sie aus der Welt der Reichen und Schönen stammte - und dort auch hingehörte. Natürlich sollte man Menschen nicht nach ihrem Aussehen beurteilen, aber ich kam nicht umhin zu bemerken, wie Olivia sich im Internet präsentierte. Sagte das nicht schon genug über ihren Charakter aus?
Seufzend starrte ich auf den Bildschirm meines Smartphones. Sie war nicht die Frau, die ich an Aidens Seite sah. Ich hatte mir für meinen Bruder immer eine bodenständige Frau gewünscht. Eine Frau, die ihm zeigte, dass die wahre Liebe wirklich existierte und die ihm bewies, dass sich die ganze Welt nicht nur um den Job, das Geld und den Erfolg drehte.
»Hey Tony«, ich wurde schlagartig aus meinen Gedanken gerissen, als Jona die Stufen der Treppe herabkam. Ich blickte von meinem Handy hoch, direkt in seine bernsteinfarbenen Augen.
Jona sah gut aus. Unverschämt gut.
Offenbar war er gerade aus der Dusche gekommen, denn seine Locken waren noch feucht und hingen ihm in Strähnen ins Gesicht. Er trug eine schwarze Jeans, die ihm locker auf den Hüften saß. Sein Oberkörper steckte in einem weißen T-Shirt, über dem er ein offenes, braunes Hemd trug.
Lächelnd kam er in die Küche geschlendert. Es war ein entwaffnendes Lächeln. Ein Lächeln, das mich vergessen ließ, wie man sprach. Und so starrte ich ihn für ein paar Sekunden lang einfach nur an.
»Ähm...«, ich räusperte mich, da meine Stimme kaum mehr als einem Flüstern glich. »Hi.«
Seit wir an Weihnachten zusammen eingeschlafen waren, ging ich Jona erfolgreich aus dem Weg. Falls er nämlich Notiz von meinen Gefühlen für ihn genommen hatte, wollte ich ein klärendes Gespräch zwischen uns vermeiden. Ganz offensichtlich jedoch hatte er nicht den Hauch einer Ahnung, denn er verhielt sich mir gegenüber wie immer. Aus einem mir unerfindlichen Grund verspürte ich plötzlich einer Spur der Enttäuschung darüber. Dabei wollte ich doch gar nicht, dass Jona von meinen Gefühlen erfuhr. Oder etwa doch? Verwirrt von meinen eigenen Gedanken schüttelte ich den Kopf und versuchte sie weg zu streifen.
»Solltest du dich nicht langsam für die Party zurechtmachen?«, hörte ich Jona von der Küche aus fragen. Richtig, die Party. Aiden und Jona schmissen eine Silvesterparty, an der ich logischerweise auch teilnahm. Immerhin war ich mehr oder weniger ihre Mitbewohnerin - wenn auch nur vorübergehend.
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Love me tomorrow
RomanceDer erste Band der "Love me" - Reihe! Jonathan Romero ist jung, gutaussehend und beliebt. Aber vor allem ist er eines, nämlich der beste Freund ihres großen Bruders - und somit für Tony unerreichbar. Während Tony unsterblich in Jona verliebt ist, se...