Willkommen bei Band 5 der Drachenaugen-Reihe!
Wir wünschen euch viel Spaß mit diesem Band und freuen uns über Kommentare sowie Votes! Schreibt uns, was euch gefällt und was nicht! X3
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Kapitel 1
"Bleib weg, du Monster!", rief eine elegant aussehende Frau aufgebracht und beeilte sich, davonzulaufen.
Diese harten Worte hallten dank dem leichten Wind durch die Nacht und den Wald. Das Rascheln der Blätter rückten in den Hintergrund, als Rina ihre Mutter in der Dunkelheit verschwinden sah.
„Du Monster?", fragte sie traurig und geschockt. Einen Moment lang starrte Rina auf den Punkt, an dem sie ihre Mutter das letzte Mal gesehen hatte und warf dann dem Schamanen, der ihr die Fähigkeit gegeben hatte zu sehen, einen hilfesuchenden Blick zu. Der Mann mit dem graubraunem Bart und ebenso farbigen Haaren wirkte mit seinem faltigen Gesicht sehr alt.
„Warum sagt sie Monster zu mir?", wollte sie mit zitternder, fast weinender Stimme wissen.
Sanft und in einer Geste, die beschützend wirkte, legte er ihr eine Hand auf den Rücken. "Sie ist eine dumme Frau, wenn sie dich Monster nennt", sagte er mit rauer, leicht rasselnder Stimme. "Du bist besonders und wertvoll."
Als Rina zu ihm hochsah, erkannte sie schwarze Augen, die tief in den Augenhöhlen lagen. Seine Erscheinung war irgendwie gruselig, aber der Mann war nett. „Aber sie ist doch meine Mutter", sagte sie unschlüssig. Behandelten Eltern ein Kind plötzlich so? „Hilfst du mir, sie zu finden?"
Der fremde Mann nickte. "Komm, wir gehen ihr hinterher", sagte er sanft und reichte ihr die Hand. Er war bereit, ihrer Mutter zu folgen, um Rinas Vertrauen zu gewinnen, allerdings glaubte er nicht, dass diese das Mädchen wiederhaben wollte.
Vertrauensvoll nahm Rina seine raue, wohl vom harten Arbeiten gezeichnete Hand, und drückte sich sogar leicht an ihn. Die Situation, plötzlich sehen zu können, überforderte sie und sie verstand gar nicht, dass sie selbst in der Dunkelheit recht gut sehen konnte. Ihre Mutter hatte stets gesagt, dass man nichts sehen konnte, wenn kein Licht an war. „Danke, dass du mir hilfst und ich endlich sehen kann", sagte sie zögernd und sah sich um. Es war beängstigend, plötzlich so viele Umrisse sehen zu können.
Sie bewegte sich und spürte, dass es sich seltsam anfühlte. Als wäre ihr Gleichgewichtssinn plötzlich ganz anders.
Der fremde Mann, den ihre Mutter als Schamane bezeichnet hatte, hielt sie, damit sie nicht fiel, während sie gemeinsam und langsam durch das Unterholz gingen.
Schweigend und mit einer Gänsehaut übersät, weil die Eindrücke sie erschlugen, lief sie mit ihm mit. Dabei versuchte sie, die Schritte ihrer Mutter zu hören. Doch außer dem Knacken der Äste und den Geräuschen der Nacht war nicht viel mehr zu hören. „Wo ist sie hin?", fragte Rina flüsternd. Sie sah sich um und versuchte zu erkennen, wo ihre Mutter vielleicht entlanggegangen war. Allerdings wusste sie gar nicht, wie Fußabdrücke aussahen.
"Ich weiß es nicht", sagte der Mann entschuldigend und drückte leicht ihre Schulter, weil er sie beruhigen wollte.
Ihr Blick schweifte nach links und rechts, doch von ihrer Mutter war nichts mehr zu sehen. „Mag sie mich nicht mehr?", fragte sie mit weinerlicher Stimme und schniefte. Der Schamane war nett und sie fühlte sich wohl, obwohl er ihr fremd war. Zurzeit war er jedoch ihr einziger Ansprechpartner. Was sollte sie machen, wenn ihre Mutter nicht zurückkam?
Ihr Vater würde nicht nach ihr suchen, da er sie nicht mochte und sonst hatte sie niemanden. "Komm mit zu mir. Ich werde deiner Mutter schreiben, wo sie dich findet, damit sie sich abholen kann, wenn sie das will", schlug er vor. Seine Stimme ging erschöpft. Wahrscheinlich waren sie zu weit gelaufen. Er war immerhin ein alter Mann.
Rinas Augen wurden groß. Er würde sie tatsächlich zu ihm nehmen? Ihr war der Gedanke unwohl, aber ihr blieb nichts anderes übrig, als einzuwilligen. Es wäre absurd, die Freundlichkeit des Mannes abzulehnen. Hoffentlich würde ihre Mutter sich beruhigen und sie abholen.
Im Moment machte sich Rina aber eher Sorgen um den Schamanen. Immerhin musste er sie mitnehmen. „Geht es dir gut?", fragte sie vorsichtig.
"Mir geht es gut", versicherte er abwinkend. "Ich bin sicher, die gefällt es bei mir", erwiderte er, während er weiter lief. "Ich habe einige Kinder bei mir aufgenommen. Sie alle haben auf die eine oder andere Art ihre Familie verloren", erklärte er ihr, während er sie langsam führte.
„Du hast Kinder?" Rinas Stimme war ungläubig. War dieser Mann so etwas wie ein Samariter? Ihre Mutter hatte manchmal dieses Wort für Menschen benutzt, die etwas Gutes taten.
Es wäre toll, wenn Rina andere Kinder kennenlernen würde. Bisher kannte sie keine. Ihr Leben hatte sich nur zuhause abgespielt. Mit ihren Eltern und wohl behütet, auch wenn ihr Vater nicht immer nett gewesen war.
"Ja. Ich habe einige Kinder. Sie alle leben bei mir, helfen mir und ich helfe ihnen", erzählte er, während er sie auf einen Weg führte, der durch den Wald führte. So konnten sie einfacher laufen und mussten nicht ständig über Gestrüpp steigen.
„Das ist wirklich nett von dir", meinte Rina nachdenklich. Dadurch, dass der Weg nun offener war, konnte sie auch mehr erkennen. Gleichzeitig spürte sie, dass es nicht der Weg war, den sie gekommen waren. Er fühlte sich anders an. Noch gut erinnerte sich Rina daran, wie er sich unter den Füßen angefühlt hatte.
"Ich kann Kinder doch nicht einfach sich selbst überlassen", winkte er ab, während er sich auf seinen Stab stützte und lief. Rina fiel allerdings auf, dass er nicht müde wurde. Im Gegenteil. Es schien eher so, als würde er langsam stärker werden und aufblühen. Als würde die Fassade der Schwäche von ihm abfallen.
Sie fand seine Art sehr nett. Vor allem, dass er gutherzig war. Er gab ihr ein gutes Gefühl, weshalb sie mit ihm mitging. Rina vermisste ihre Mutter, aber sie war froh, dass wenigstens der Mann bei ihr war. Hier im Wald hätte sie sich bestimmt verlaufen und wäre wohl verhungert.
Schließlich lichtete sich das Unterholz des Waldes und eine Lichtung kam zum Vorschein auf der mehrere Häuser gebaut waren. Sie wirkten nicht sehr edel aber auch nicht heruntergekommen. Stabil und doch gut in die Umgebung eingebunden.
Es sah eher wie ein kleines Dorf aus, wobei sie gar nicht wissen konnte, wie so etwas überhaupt aussah. Es war noch dunkel, doch langsam wurde der Himmel heller. Etwas, was Rina noch nie gesehen hatte.
„Ist das dein Zuhause?", fragte Rina flüsternd und ehrfürchtig. Ihr taten die Beine von dem vielen Laufen weh und sie fühlte sich sehr erschöpft sowie müde.
"Ja, das ist es", sagte er, während Rina beobachtete, wie ein Junge aus dem Haus gerannt kam. Er schien gewartet zu haben und wirkte nun irritiert, als er Rina bemerkte. "Das ist Kale", stellte der Schamane ihr vor. Der Junge wirkte übermütig und grinste sie freundlich an.
"Hallo", sagte er und reichte ihr sogar die Hand.
Sein Grinsen machte ihn sofort sympathisch. Eingängig musternd nahm sie seine warme Hand und drückte sie sanft. So, wie sie es gelernt hatte. Der Junge trug eine schlichte Leinenhose und ein Hemd. „Hallo, ich bin Rina", stellte sie sich vor und lächelte.
"Wirst du heute hier schlafen?", fragte er und blickte zu dem Schamanen. Dieser nickte.
"Bereite ihr bitte ein Bett vor. Ich werde mich um die Angelegenheit mit ihrer Mutter kümmern", wies der alte Mann ihn an. "Kale wird dir alles zeigen", versicherte er an Rina gewandt.
„Danke, dass du mich mitgenommen hast", erwiderte sie müde und zwang sich zu lächeln. Sie war froh darüber, dass sie nicht allein war und er ihr half, zu ihrer Mutter zurückzukommen.
Die Kinder des Schamanen waren hoffentlich alle so nett wie dieser Kale, dessen durchdringenden blauen Augen sie scheinbar ungeniert musterten. Er brachte Rina damit in Verlegenheit und sie fragte sich, ob jeder sie so angestarrt hatte, als sie noch blind gewesen war.
Rina sah verlegen zur Seite, um Kales Blick auszuweichen und wurde plötzlich durch die Erschöpfung bewusstlos.
DU LIEST GERADE
Drachenaugen - Der Vertrauensbruch (Band 5) [Leseprobe]
FantasyNach ihrer Entführung kommen Fenrirs Erinnerungen an ihr altes Leben endlich zurück. Allerdings vertraut der Schamane und ihr bester Freund ihr nicht mehr. Geschweige denn die anderen im Dorf, in dem Fenrir lange Zeit gelebt hatte. Es hat sich eini...