Kapitel 29

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Einige Stunden später spazierte Lily völlig allein durch die lichtdurchfluteten Gänge des Hochhauses. Die anderen hatten sich in eine Beratung mit Nick zurückgezogen und Bucky war nach einem Glas Whiskey auf dem Sofa eingeschlafen. Lily hatte sich aus dem Raum gestohlen, aber sie wusste, dass Natasha es mitbekommen hatte.

Männer und Frauen liefen an ihr vorbei, manche grüßten sie mit einem Nicken. Sie schienen wohl zu glauben, dass Lily eine von den Avengers war. Das wäre ja sehr weit hergeholt. Wobei.. Irgendwie war es ein interessanter Gedanke, an der Seite von Steve, Sam und Natasha zu kämpfen. Mit ihnen befreundet zu sein. Mit ihnen Zeit zu verbringen.

Ein völlig normales Leben rief nach Lily, was angesichts des Metallteils an ihrem Oberkörper irgendwie surreal wirkte. Wie sollte sie sich in ein gewöhnliches Leben einfinden können, wenn sie nur noch einen Arm besaß und hinter jeder Ecke einen Hinterhalt vermutete? Anstrengend.

Am Ende des Ganges hing ein Schild, was auf eine Toilette hinwies. In der Absicht, sich davon zu vergewissern, dass sie noch gut aussah, schlug sie also die Richtung ein, in die das Schild zeigte. Sie schob die helle Tür auf und trat in ein gigantisches, marmoriertes Bad, in das Lilys Zimmer bei Hydra dreimal hineingepasst hätte. Sie tat einige Schritte in den Raum herein und betrachtete sich prüfend in dem blitzblanken Spiegel. Selbstverständlich lagen ihre Haare noch perfekt.

Plötzlich räusperte sich jemand hinter ihr. Lily fuhr herum und prallte gegen eine muskulöse Brust. „Wen haben wir denn hier?" Sie trat schnell einen Schritt zurück und starrte in blassgrüne Augen, in denen der Schalk blitzte. Na toll. Liefen ihr etwa auch hier die Männer hinterher?

Das eindeutig männliche Wesen vor ihr hatte kantige Gesichtszüge und schulterlanges, strähnig schwarzes Haar, das merkwürdigerweise Thors blonder Mähne ähnelte. Ein dunkles Shirt umformte seinen eher schmalen Oberkörper perfekt und seine enge Hose betonte seine unfassbar große Vorderseite. Nicht dass es etwas Besseres gäbe als Bucky. Aber gucken war ja nicht verboten.

Seine Mundwinkel verzogen sich, als sie nichts entgegnete und fuhr sich durchs Haar. „Kleine, das hier ist eine Männertoilette."

Oh Gott. „Ich bin zwar nicht klein-", begann Lily, denn sie war nur einen halben Kopf kleiner und ein ganzes Stück breiter als der Mann, „aber ich danke Ihnen für die Information, Sir. Ich muss mich hier noch etwas zurechtfinden." Seine Mundwinkel zuckte eindeutig, als sie das Wort Sir aussprach, aber Lily tat so, als habe sie es nicht gesehen. Er machte auch keine Anstalten, sie aus der Toilette zu werfen. „Neu hier?", fragte er interessiert und stützte sich mit einer Hand an der gefliesten Wand ab.

Lily bejahte seine Frage und fummelte an dem Ausschnitt ihres Shirts herum, an dem seine Augen irgendwie zu kleben schienen. Sein Blick huschte zu ihrem Metallarm und er nickte beeindruckt. „Falls du ein Avenger bist, habe ich dich noch nie gesehen." Er richtete sich auf und streckte ihr die Hand entgegen. An dieses ganze Händeschütteln und Umarmen musste sie sich auch noch irgendwie gewöhnen. Vorsichtig reichte sie ihm seine Hand, doch entgegen ihrer Erwartungen schüttelte er sie nicht, sondern führte ihre Hand zu seinen Lippen und hauchte ihr einen Kuss auf.

„Loki Laufeyson, ich bin aus Asgard." Asgard. Das war ja alles sehr interessant. Während er noch immer ihre Hand festhielt, bohrten sich seine giftgrünen Augen in ihre. Lily kannte den Effekt, den sie auf Männer hatte, aber dieser Kollege hier war anders als die Anderen. Ähnlich wie bei Bucky umgab ihn die Aura eines Tieres. Langsam zog Lily ihre Hand wieder zurück und warf ihm einen eher unfreundlichen Blick zu.

Der sollte sich mal lieber nichts darauf einbilden, dass er gerade ihre Hand küssen durfte. „Lily Russell.", entgegnete sie unwirsch, was ihm aber irgendwie noch mehr gefallen zu schien. Er steckte die Hände in die Hosentaschen seiner engen Jeans und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, da flog die Tür auf.

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