ONE

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Mit voller Wucht traf ich mit dem Tennisschläger den Ball, welcher nur wenige Sekunden später über den gesamten Platz flog.  ,,Verdammt Tara, das war jetzt schon das 3. Mal. Wo bist du heute mit deinem Kopf" schrie Thomas, mein Trainer, mich von hinten an. ,,Zumindest nicht hier", murmelte ich nur genervt, ließ meinen Schläger auf den Boden fallen und lief schnellen Schrittes vom Platz. Thomas, welcher mir meinen Namen hinterherschrie, ignorierte ich gekonnt mit einem Lächeln auf den Lippen. Ich konnte mir schon perfekt ausmalen, wie rot dieser kleine, dicke Mann im Gesicht sein musste. Der Fakt, dass mein Abmarsch ihn mehr als nur wütend machte, war mir so ziemlich egal. Ich hasste diesen Sport. Seit meinem 5. Lebensjahr fuhr mein Vater mich 4 mal die Woche an diesem verdammten Platz. Aus mir sollte schließlich eine große Sportlerin werden. So wie es meine Mutter war.

Schnell war ich in der Umkleide angekommen und zog mir den albernen Tennisrock aus. In welchem Jahrhundert befanden wir uns nochmal, dass ich nicht einfach eine ganz normale Hose anziehen durfte?  Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich nicht mehr allzu viel Zeit zum Umziehen hatte. In 20 Minuten würden mich meine Freunde abholen. Heute war schließlich Freitag und somit der einzige Tag der Woche, wo ich meine Verpflichtungen vergessen konnte, ohne dass es mein Vater mitbekam. Dieser kommt meistens nur Samstag nach Hause, da er eine große Baufirma besaß und somit fast jeden Tag in eine andere Stadt Deutschlands reißte. Ich schlüpfte schnell in meine Jeans hinein und zog mir noch ein viel zu kurzes Tshirt an, unter welchem ich ein Bralette aus Spitze trug. Nachdem ich alle anderen Klamotten in meine Tasche gestopft hatte und in meine Nikes gekrochen bin, schaute ich noch einmal kurz in den Spiegel. Meinen albernen Pferdeschwanz hatte ich zwischendurch geöffnet und so fielen mir meine schwarzen Haare über die Schultern. Ich lächelte mich kurz selbst an. So fühlte ich mich wohl. Das war ich und nicht irgendeine Tennisspielerin mit streng zurückgebundenen Haaren und Röckchen.

Als ich das Tennisstadion, in welchem ich Training hatte, verließ, konnte ich schon laute Musik vernehmen. Meine Freundinnen mussten also schon irgendwo sein und auf mich warten. Ein Grinsen schlich sich mir auf die Lippen. Der Umgang mit meinen Freunden war das Einzige, was mich in der letzten Zeit noch glücklich machen konnte. Ich lief etwas weiter die Straße entlang, ehe ich das gesuchte Auto finden konnte. Mit schnellen Schritten lief ich zu diesem. Je näher ich ihm kam, desto lauter und deutlicher konnte man den Deutschrap aus diesem verstehen. Schwungvoll öffnete ich die Hintertür des Autos und ließ mich auf den Rücksitz fallen. Sobald ich die Tür wieder geschlossen hatte, wurde auch die Musik leiser gedreht. Nun lagen alle 6 Augen auf mir. 

,,Und wie wars heute, Tennisprofi?", fragte mich Julia, eine meiner besten Freundinnen aseit dem Kindergarten, welche neben mir saß. Ich verdrehte nur grinsend die Augen. Über den Sport wollte ich nun am wenigsten reden. 

,,Wo gehts heute hin?", stellte ich deswegen nur eine Gegenfrage. Schließlich war es schon fasr 20 Uhr und wir waren noch immer nicht weit genug vom Stadion entfernt. 

,,Zu mir nach Hause." Diesmal war es Owen, der Fahrer, welcher sich an mich wendete. 

,,Wie? Filmeabend oder was?" Ich musste zugeben, dass ich etwas enttäuscht von der gegebenen Antwort war. Ich liebte zwar meine Freunde, doch fast noch mehr liebte ich es feiern zu gehen, Spaß zu haben und all den Alltagsstress wenigstens für eine Nacht mal zu vergessen. 

,,Ne, Hausparty. Ein Klassenkamerad von Owens Bruder wurde bei Leverkusen unter Vertrag genommen. Er denkt jetzt, wenn er eine Party schmeißt, kann der vielleicht ein paar seiner Neuen Fußballerfreunde mitbringen und er wird auch bald Leverkusener. Connections unso", erklärte mir Marie, die Dritte im Bunde. Ich  nickte verstehend. Owens Bruder wahr schon lange ein begeisterter Fußballspieler. Nur am Talent fehlte es ihm meist. Der einzige Grund, wieso er jedesmal aufs Spielfeld darf, ist der, dass sein Vater den gesamten Verein finanziert. Connections eben. Es war schon traurig, doch musste man sagen, dass diese im Sport viel wichtiger als Talent geworden sind. Würde ich nicht aus solch einem einflussreichen Haus kommen, hätte mich mein Trainer Thomas auch schon längst hinausgeschmissen. Eigentlich verständlich mit solch einem Verhalten, welches ich an den Tag lege, doch würde mir Thomas mit einem Rauswurf nur einen Gefallen tun. 

,,Wir sprengen also eine Fußballerparty?", wollte ich nur noch einmal mit hochgezogenen Augenbrauen wissen. 

,,Du sagst es!", sagte Owen grinsend. Wir wussten beide, dass das nicht gut enden würde. Weder für uns, noch für die anderen Gäste. ,,Doch dafür, müssen wir jetzt noch einmal einkaufen fahren. Schließlich wollen wir ja auch unseren Spaß haben", und mit diesen Worten, startete er das Auto, erhöhte wieder die Lautstärke und fuhr mit uns im  Gepäck davon

Runaway / Kai HavertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt