zehn

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"Stell dich auf die Waage.", weißt mich die Ärztin an.

Zögernd stelle ich mich darauf.
Sie blickt auf das Display, ihre Stirn scheint sich wie von selbst zu Runzeln.

Erneut blickt sie auf den Computerbildschirm.
Ein paar Mausklicks später sieht sie mich ernst an, "Du hast in dem vergangenen Jahr nur einen halben Kilo zugenommen. Du bist in der Pubertät, da ist es wichtig dem Körper seine Nährstoffe zu geben, damit er wachsen und reifen kann.", einen Moment schweigt sie.
"Du kannst dich wieder anziehen."

Ich nicke wissend.
Seufzend wendet sie sich von mir ab, sie weiß, dass sie bei mir auf taube Ohren gestoßen ist.
So, wie auch schon die letzten Male.

"Sonstige Beschwerden?", ihre Tastatur klappert.

Ich schüttle den Kopf. Erneut seufzt sie auf, "Hol doch mal deine Eltern rein."

Mit schnellen Schritten öffne ich die Tür und rufe sie herein.
Die Ärztin erkundigt sich erneut nach Beschwerden meinerseits.

Meine Mutter weiß von den Schlafprobleme, Migräneanfällen, dem Schwindel, dem Haarausfall und meinem Essverhalten.
Wann hat sie es bemerkt?
War das der Grund, wieso ich zum Arzt musste?
Ich war der Überzeugung, es sei eine Standartuntersuchung.
Ihre Worte.

Sie erzählt es der Ärztin.
Sie redet über meine Beschwerden.
Ich halte an einer klitzekleinen Hoffnung fest; diese Beschwerden hat doch jeder einmal.

Mein Blick gleitet zu dem Fenster.
Mein Papa streichelt meine Rücken, das hier ist nicht einfach.
Ich blende die Gespräche zwischen meinen Eltern und der Ärztin aus.

Und doch ist da ein Wort; es fühlt sich an, als würde sich eine eiskalte Hand mein Herzgreifen und es mit Messerstichen bombardieren.

Anorexia nervosa.

Augenblicklich beginnt mein Körper zu zittern.
Wie konnte es nur so weit kommen?

Wo ist das süße, lebensfrohe und gesunde Mädchen aus der Vergangenheit hin?

Gelbe TulpenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt