Back To South Africa

KAPITEL 2

Wincent

Fassungslos und ungläubig starrte Wincent Paddy an. Er sollte Gastgeber sein? Am Anfang der Sofas sitzen, durch die Abende führen, der Kopf dieser Show sein? Das war doch absurd. »Ich? Ist das dein… verdammter Ernst?«, fragte er tonlos. Instinktiv schüttelte er den Kopf, machte eine abwehrende Handbewegung. »Ich kann das nicht.«
»Und ob du kannst«, sagte Paddy überzeugt. »Du bist perfekt dafür, Wincent. Du bist empathisch, du bist jung, du kennst uns alle hier sehr gut. Du bist der geborene Redner, die Fans werden an deinen Lippen hängen. And trust me, nicht nur die. Wirklich, ich bin überzeugt, dass du das kannst.«

»Aber ich… ich bin schwul, und ich… ihr seid alle so viel älter und erfahrener und… Gott, Michi und Smudo könnten meine Väter sein!«, wehrte Wincent ab. Plötzlich hämmerte sein Herz wie wild, er schüttelte heftig den Kopf. »Ich weiß überhaupt nicht, was ich da sagen soll, die ganze Verantwortung, und ich rede viel zu schnell! Das sagen alle, immer!« Seine Gedanken überschlugen sich, er musste tief einatmen, um sich zu sortieren. Hilfesuchend schaute er zu Paddy, dann zu Alvaro, der nur lächelte. »Was, wenn ich den Text vergesse, oder wer dran ist, oder…« Immer noch kopfschüttelnd fuhr Wincent sich durch die Haare.

»Es gibt keinen Text«, erinnerte Paddy ihn schmunzelnd. »Nur deinen eigenen. Listen, das war nur ein Gedanke, okay? Ich könnte mir super vorstellen, dass dir sofort alle Herzen zufliegen.«
»Aber… alle wissen, dass Alvaro und ich zusammen sind, und…«, begann Wincent erneut.
»Das wussten bei Mark und mir 2020 auch alle«, zwinkerte Paddy.
Wincent schaute erneut zweifelnd zwischen Paddy und Alvaro hin und her. »Hab… ich Zeit, es mir zu überlegen?«

»Was willst du da überlegen, Schatz?«, mischte sich Alvaro da endlich ein. Er trat auf Wincent zu, griff nach seinen Händen, so wie er es immer tat, wenn Wince irgendetwas zu viel wurde. Und Wincent brauchte das, diese unerschütterliche Ruhe, die Alvaro ausstrahlte, so sehr. Ihn konnte nichts erschüttern, und um diese Stärke beneidete Wince ihn so sehr. »Du bist der geborene Gastgeber. Ich hab mich schon gefragt, warum VOX nicht schon früher angefragt hat. Du bist der Star der letzten Jahre, du bist bei the Voice Kids nicht mehr wegzudenken… du wirst das großartig machen.«

»Ich…ich weiß nicht, bei the Voice Kids bin ich einer von fünf Coaches, hier… diese ganze Verantwortung, ich… weiß nicht, ob ich das packe«, war Wincent sich immer noch nicht sicher.
»Natürlich kannst du es dir überlegen, wie haben ja noch morgen, bis übermorgen die Dreharbeiten anfangen«, meinte Paddy. »Aber ich würde mich tierisch freuen, und ich weiß auch, dass du es hervorragend machen wirst. Überleg es dir in Ruhe. Ich helf dir natürlich bei allem, was du wissen musst und Mark sowieso auch.«
Wincent atmete tief durch und nickte. »Okay, ich… überlege es mir. Ähm… danke, dass du ausgerechnet an mich gedacht hast.«
»Geht ihr mit mir was essen?«, fragte Paddy belustigt. »Oder… braucht ihr noch kurz?«
»Nein, wir kommen. Jetzt brauch ich erst recht etwas in den Magen«, sagte Wincent.
»Und einen Whiskey?«, schmunzelte Paddy.
Wincent musste lachen. »Ja, den sicherlich auch.«

Während des Abendessens rasten Wincents Gedanken immer noch. Alvaro saß neben ihm, Sarah quatschte mit Yvonne und den Fantas ihnen gegenüber, auch Jamila war dabei. Sie saßen wieder auf dieser atemberaubenden Terrasse, an der schon beim betreten erneut Erinnerungen auf Wince hereingefallen waren. Er dachte an ihre erste Staffel, wie Paddy durch die Abende geführt hatte, wie professionell er das gemacht hatte, dabei war es seine erste Staffel als Gastgeber gewesen. Und dann hatte er sich auch noch an seinem Abend geoutet.
Einerseits war es eine unfassbare Ehre, dass Paddy gleich an ihn gedacht hatte, aber in diese Situation auch noch eine derartige Verantwortung zu übernehmen, ausgerechnet bei der Jubiläumsstaffel – Panik beschlich Wince, er hatte doch gar keine Ahnung, was…

»Hey, Schatz, hast du doch keinen Hunger?«, riss Wince da Alvaros Stimme aus den Gedanken.
Wince schaute auf, sah, dass die anderen längst aufgestanden waren. Sarah und die Fantas standen am Geländer und beobachteten den Sonnenuntergang an der Walker Bay, Michi entwich ein schwärmerisches »Ihr habt echt nicht zu viel versprochen. Es ist faszinierend hier.«, und Smudo schoss ein paar Fotos. Yvonne unterhielt sich mit Paddy und Mark, Jamila löffelte noch eine Schale Eis in sich hinein. Wie es wohl für sie sein musste, wieder zuhause zu sein? Wince schämte sich etwas, dass er sich seit ihrer Ankunft heute Mittag gar nicht um sein Patenkind gekümmert hatte, aber er sah, dass sie lachte, offenbar war es mit Paddy und Mark an ihrer Seite okay.
»Hm? Nein, ich… sorry, ich kann gerade nichts essen«, erinnerte er sich daran, dass Alvaro etwas gefragt hatte.