Einen Moment lang schien die Zeit still zu stehen. Ich konnte es nicht glauben. Gestern noch, hatte ich wie jeden Abend mit meinem Vater telefoniert. Er hatte mir versichert, dass er gut vorankommen würde und mich bald besuchen wollte.
Doch nun würde ich ihn nie wieder sehen können. Dieser Gedanke traf mich wie ein Faustschlag.
Das Schlimmste war, dass ich mich nicht richtig von ihm verabschieden konnte.
Genau wie bei Mama.Sie war vor über zehn Jahren beim Bergsteigen verunglückt. Ich war damals noch ein kleines Kind und verstand nicht, dass sie mich nie wieder in die Arme nehmen und herumschwingen konnte, wie sie es immer tat.
In den darauf folgenden Jahren stand ich jeden Tag am Fenster und wartete auf sie. Jeden Abend ging ich enttäuscht und traurig zu Papa, weil sie nicht auftauchte. Und jeden Abend erklärte er mir aufs neue, dass meine Mama nun an einem schöneren Ort war, von dem sie auf mich hinuntersehen würde. Und immer wenn es regnete, würde sie weinen, weil sie mich auch so sehr vermissen würde wie ich sie.
Ich wollte immer an diesen schönen Ort und verstand nicht, wieso ich nicht auch dorthin konnte. Bis ich begriff, dass sie nie wieder zurückkehren würde, dass sie gestorben war.Und das war noch viel schlimmer, als jeden Tag auf Jemanden zu warten, der nicht kam.
Das war jetzt alles schon lange her, aber in dieser Zeit war mein Vater alles was ich hatte. Er hatte immer probiert für mich gleichzeitig die Mutter und den Vater zu sein. Doch obwohl er sich immer sehr bemühte, gab es Tage, an denen ich sie so sehr vermisste. Denn auch wenn ich noch sehr klein war als sie starb, konnte ich mich noch genau an ihr Lachen, ihr Tanzen und an ihre fröhliche Art erinnern.
Eine Träne rollte über mein Gesicht.
Ich dachte an all die Pläne die ich mit Papa gemacht hatte, wenn wir abends auf dem Balkon sassen und in den klaren Sternenhimmel sahen. Wir wollten zusammen zum Nordpol gehen, die heissen Wüsten der Erde und die abenteuerlichen Regenwälder erkunden, am Red Barrier Reef tauchen gehen...Doch nur war ich allein.
Es schmerzte so sehr.
Mittlerweile liefen mir die Tränen in Strömen die Wangen herunter. Ich merkte es nicht einmal.Eine Stimme drang zu mir durch, doch ich verstand nicht was sie sagte.
Ich sah auf und blickte direkt in die blauen Augen von Nial. Besorgt musterte er mich und fragte was passiert sei. Ich war immer noch zu geschockt um ihm zu antworten und so deutete ich wortlos auf den Fernseher.
Einen Moment lang schaute er mich verständnislos an. Dann trat ein anderer Ausdruck in seine Augen. Er setzte sich ohne ein Wort zu sagen zu mir herunter und nahm mich in den Arm. Es tat gut von ihm getröstet zu werden. Sanft strich er mir über die Haare und begann beruhigend zu summen. Ich weinte bis sein T-Shirt nass war, doch das schien ihn nicht zu stören. Mit der Zeit wurden meine Tränen weniger und schlussendlich hörten sie ganz auf. Stattdessen war nur eine unendliche Leere in mir.Mit stockender Stimme begann ich ihm meine Lebensgeschichte zu erzählen. Nial hörte mir ruhig zu und als ich geendet hatte, zog er mich ganz einfach in eine lange, feste Umarmung.
Trotz all dem Schmerz und der Trauer die ich fühlte, genoss ich das Gefühl von Nials Wärme und wie nah er mir in diesem Augenblick war.Er sagte nur ein Satz zu mir, aber ich wiederholte ihn immer wieder in Gedanken.
"Wenn du so eine Traurige Vergangenheit hast, dann kann deine Zukunft nur wunderschön sein."
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HeRzbeben
RomanceVon einem Tag auf den anderen wird 'Lava' wegen eines Erdbebens von ihrer Insel evakuiert. Plötzlich ist sie in einer fremden Familie & dann verliebt sie sich auch noch...♡