Kapitel 12

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Mein Bruder bringt mich noch bis zu meinem Zimmer. Von dort aus schicke ich ihn weg mit der Begründung dass ich etwas Zeit alleine verbringen möchte. Zu meiner Überraschung respektiert er diesen Wunsch und verschwindet mit einem letzten besorgten Blick wieder. Sobald die Tür sich hinter mir schließt, lasse ich mich mit dem Rücken gegen die Tür gelehnt, auf den Boden fallen. Zwar fließen keine Tränen mehr aber dennoch fühle ich mich Elend.
Ich will weinen! Ich möchte dieses unerträgliche Gefühl in meiner Brust loswerden. Verzweifelt lege ich mein Gesicht in meine Hände. Ich liebe ihn immernoch. Nach allem was er mir angetan hat, nach allem was er unserer Familie angetan hat und nach allem was er nun Midgard antut. Er ist ein Arsch
Verdammt ja, er ist ein Arschloch. Vermutlich das größte Arschloch das ich je getroffen habe und dennoch schaffe ich es nicht ihn zu hassen.
Ich liebe ihn sogar.
Aber auch wenn ich ihn liebe, können wir nicht zusammen sein. Ich muss Midgard beschützen. Hier leben Tony und Pepper, und Nat, Steve, Clint und mit ihnen meine wunderbaren Erinnerungen die hier entstanden sind. Mir wiederstrebt es überhaupt daran zu denken, aber ich muss Loki bekämpfen. Für Midgard und für meine Freunde.

Je mehr ich darüber nachdenke, dass Loki von nun an mein Feind ist und ich ihn möglicherweise gewaltsam bekämpfen muss, desto schlimmer wird das Gefühl in meiner Brust. Ich kenne dieses Gefühl und ich weiß wie ich es in der Vergangenheit bekämpft habe. Automatisch wandert mein Blick zu meinem Messer unter meinem Kopfkissen.
"Nein!", sage ich laut und springe auf. Beinahe panisch verlasse ich mein Zimmer und laufe zum Trainingsraum. Nur wenige Agents kommen mir auf meinem Weg entgegen. Gut so, ich sehe aus wie ein Wrack.
Als ich am Trainingsraum ankomme ist er völlig leer. Die wenigsten trainieren noch so spät am Abend. Ohne mir vorher noch Handschuhe oder sonst irgendeine Ausrüstung zu nehmen, beginne ich mit geballten Fäusten auf den Boxsack einzuschlagen. Ich bemerke ein Ziehen in meinen Handknöcheln aber das stört mich nicht. Ich bemerke wie dieses Gefühl in meiner Brust nachlässt und immer erträglicher wird.
Trotzdem höre ich nicht auf. Während ich mit aller Kraft auf diesen Boxsack einschlage denke ich an all die Dinge die in den letzten zwei Tagen passiert sind. Wie ich erfahren habe das Loki noch lebt, wie ich ihm das erste mal in Stuttgart begegnet bin, wie ich ihm nachher gezeigt habe was er mir mit seinem vorgetäuschten Tod angetan hat und schließlich wie ich ihn vorhin in seiner Zelle besucht habe. Schmerzvoll schreie ich während ich immer weiter gegen den Boxsack schlage. Nicht wegen irgendwelchen körperlichen Schmerzen, sondern wegen dem was gerade in mir drin passiert. Ich will gerade zum nächsten Schlag ausholen, als eine Hand nach meiner geballten Faust greift. Erschrocken drehe ich mich um und sehe Nats bekanntes Gesicht vor mir.
"Das reicht", sagt sie sanft und blickt auf meine Hände. Ich folge ihrem Blick und bemerke erst jetzt, dass mittlerweile schon das Blut von meinen Händen auf den Boden tropft. Ein Blick auf den Boxsack zeigt mir, dass sich auch auf ihm blutige Flecken befinden.

"Oh", bringe ich nur hervor und betrachte meine Hände.
"Komm mit", weist sie mich an und führt mich aus dem Raum in ihr Zimmer. Auf dem ganzen Weg reden wir nicht ein einziges Wort miteinander.
In ihrem Zimmer angekommen verfrachtet sie mich auf ihr Bett und holt wortlos einen nassen Lappen mit dem sie meine Wunden säubert.
"Wieso tust du das?", frage ich sie erschöpft.
"Keine Ahnung", antwortet sie ruhig.
"Hasst du mich Nat?"
"Nein, ich hasse dich nicht"
"Aber du bist sauer oder?"
"Nicht wirklich, ich kenne dich bloß nicht", erklärt sie schulterzuckend.
"Nat, du kennst mich besser als manch anderer. Ich weiß ich habe dich belogen was meinen Namen und meine Herkunft angeht, aber alles andere war nicht gelogen"
"Hm"
"Du bist mir wichtig Nat"
Kurz sieht sie mich nachdenklich an.
"Was ist das mit dir und Loki?", fragt sie und lenkt so vom Thema ab.
"Ich bin mir sicher, dass du schon davon gehört hast wie mein Verhältnis zu Loki war", erkläre ich abweichend.
"Ich will es von dir hören, zumal ich mir sicher bin dass er der Grund für deine nächtliche Trainingseinheit war"
"Okay. Ich erzähle dir nun die Wahrheit über mich und Loki und ich hoffe das beweist dir, dass mir das mit unserer Freundschaft ernst ist Nat..."
Und so erzähle ich ihr die ganze Geschichte von Loki und mir. Ich schaffe es die ganze Geschichte zu erzählen ohne ein einziges Mal in Tränen auszubrechen. Nat hört mir die ganze Zeit aufmerksam zu, zeigt jedoch keine Gefühlsregung die mir sagen könnte was sie denkt. Es dauert eine ganze Ewigkeit bis ich ihr alles erzählt habe, aber Nat ist die ganze Zeit über super geduldig.

"...und naja was ihr eben gesehen habt in Loki's Zelle, das war nicht real. Loki hat eine Illusion über uns gelegt. Hätte er das nicht getan, dann wäre er nicht so ehrlich zu mir gewesen. Allerdings hat er mir nichts brauchbares gesagt. Er hat mir nur nochmal klar gemacht, dass wir nicht auf denselben Seiten stehen können. Moment, eins hat er doch zu mir gesagt. Etwas, dass ich nicht ganz verstanden habe", erkläre ich.

"Was meinst du?"

"Er sagte er könnte nicht aufhören weil er bereits von mir wisse. Er hat mir nicht verraten wen er meint. Ich weiß ja nicht was du denkst, aber für mich hört sich das so an als wäre Loki nicht der wahre Drahtzieher hinter allem"

"Du meinst da steht noch jemand über Loki und gibt ihm Befehle?", hakt Nat nach.

"Genau", bestätige ich.

"Wenn Loki das wirklich genauso gesagt hat-"

"Was er hat", werfe ich ein.

"-dann benutzt der eigentliche Drahtzieher vermutlich dich um Loki zu erpressen, falls er doch abspringen wollen würde"

"Das- macht Sinn", bemerke ich nachdenklich.

"Das macht alles noch viel komplizierter. Vorallem wenn diese Seelenverwandschaftssache stimmt. Dann wird er sich nicht von seinem Plan abbringen lassen wie auch immer der aussieht", erklärt Nat.

"Du hast Recht, aber vielleicht schaffe ich es ohne das er es will Informationen aus ihm rauszukriegen. Heute mag ich gescheitert sein, aber ich kann es wieder versuchen. Ich besuche ihn wieder und wieder bis ihm aus versehen etwas rausrutscht. Wenn wir erstmal seinen Plan kennen, dann können wir ihn aufhalten. Hoffentlich ohne dass jemand verletzt wird"

"Dann haben wir immernoch das Problem mit dem heimlichen Drahtzieher"

"Darum können wir uns immernoch kümmern wenn es so weit ist. Erstmal müssen wir den Tesserakt wieder holen. Wenn wir ihn haben, dann sind wir dem Drahtzieher im Vorteil da dieser den scheinbar will", erkläre ich.

"Du hast recht"

"Sollten wir den anderen von unseren neuen Erkenntnissen berichten?", frage ich zweifelnd.

"Nein, wie du gesagt hast, um den Kerl hinter Loki kümmern wir uns wenn es so weit ist"

"Okay, dann müssen wir jetzt nurnoch Fury dazu bringen, dass er mich nach der Panne heute wieder zu Loki lässt"

"Darum kümmere ich mich, keine Sorge"

"Okay, danke Nat"

"Nicht dafür"

Mittlerweile haben wir meine Hände von all dem Blut befreit und die Wunden beginnen langsam zu heilen.
"Hat es denn wenigstens geholfen?", fragt Nat mich plötzlich aus dem Nichts. Verwirrt sehe ich Sie an.
"Deine kleine Trainingseinheit. Geht es dir jetzt besser?", fragt sie nun noch genauer. "Besser als vorher, ja. Aber das liegt nicht bloß an meiner kurzen Boxeinheit, mit dir über alles zu reden was passiert ist, hat auch einen großen Beitrag geleistet. Ich meine natürlich haben die Gespräche mit Thor und Tony mir auch geholfen, aber es ist nochmal etwas anderes mit einer Frau zu sprechen. Ich habe nicht wirklich viele weibliche Freunde", erkläre ich.
"Du hast mich", sagt sie warm lächelnd und legt ihre Hand auf meine.
"Heißt das du verzeihst mir?", frage ich aufgeregt.
"Ich schätze das heißt es"
Überglücklich werfe ich mich in ihre Arme. "Danke Nat, du hast keine Ahnung wieviel mir das bedeutet"

Aurora - Feuer gegen EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt