Kapitel 1

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Ron:

Ich stand jetzt bestimmt schon seit drei Stunden vor der kleinen silbernen Platte die auf unserem Esszimmertisch lag. Die Übertragung war einfach so ohne weiteres abgebrochen und das war noch nicht mal das schlimmste. Gehe mal davon aus das du siehst wie deine große Liebe auf dem Boden liegt und blutverschmiert ist, dann erst geht der Bildschirm aus. Große klasse. Schnell trocknete ich meine Tränen und stackste zu Cat's Mutter, sie hatte angefangen zu weinen. Und wie sie angefangen hatte zu weinen, in solchen Momenten beneidete ich immer Personen die Weinen konnten, denn ich konnte es sicher nicht. Nicht weil mir Cat nicht wichtig genug war... sondern weil meine Tränen für dieses Jahrhundert schon aufgebraucht sind, ob es man glauben will oder nicht.
Man lernt solche Dinge auch während der Rebellion, über Tote hinweg zu sehen und keine Schwäche zu zeigen. Wenn ich ehrlich bin ärgert mich das sogar ein wenig, ein wenig sehr.
Ich streckte meine Arme nach ihr aus und zog sie zu mich ran. Ja ich beneidete sie, beruhiged streichelte ich ihr über den Rücken. "Alles wird gut, ihr geht es ganz bestimmt..." versuchte ich es doch sie fing an immer lauter zu japsen, sie wollte es nicht hören, sie wollte nicht beruhigt werden. Müde hob ich sie hoch und trug sie vorsichtig die Treppen hinauf, das war kein Akt mehr für mich, zum ersten hat sie während der Zeit wo Cat in die Arena gekommen war extrem viel abgenommen, dazu hab ich dann noch mehr Muskeln aufgebaut. Seit dem ersten Tag den Cat in der Arena verbracht hat musste ich zusehen das sie aß, schlief und etwas frische Luft schnappte. Sie hatte sich aufgegeben, im Gegensatz zu Cat's Vater, der verkroch sich in seinem Büro und versuchte sich mit Arbeit abzulenken, ich konnte mir garnicht vorstellen das man in einem solchen Distrikt so viel Arbeit hatte. Behutsam legte ich sie auf Bett, zog ihre Schuhe aus und deckte sie zu, ich hatte in letzter Zeit immer mehr Decken und Anziehsachen besorgen müssen, so dünn war sie. Ich strich ihr sanft über den Rücken und holte schnell ein bisschen heißes Wasser um ihr eine Wärmflasche und einen Tee zu machen.
Ich saß jeden Abend hier und wartete bis sie eingeschlafen war, und selbst dann hatte ich keine ruhe, wegen ihren Alpträumen. So wiederholt es sich jeden Tag. Immer und immer wieder, besonders schlimm ist es jetzt mit den letzten Bildern geworden. Ich konnte diese Frau nicht wieder erkennen, sie war immer so fröhlich gewesen und hat unheimlich gerne in ihren Gärten gearbeitet und viel Zeit damit verbracht Menschen zu helfen indem sie ihre Kräuterkunde anwand. Eine bezaubernde Frau. Und heute erkannte man sie nicht mehr wieder, ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken.
Vorsichtig machte ich die Tür zu und stürzte die Treppe runter und aus der Haustür raus. Ich konnte diesen Mischmasch an Gefühlen einfach nicht mehr ertragen. Ich wusste von Anfang an was auf dem Spiel stand als ihr Name gezogen wurde. Ich wusste das sie mit dem Tod konfrontiert werden würde, aber das sie sterben würde war nie greifbar gewesen. Ich konnte es nicht fassen, nicht verstehen.. ich wollte es nicht verstehen, erst recht wollte ich wahr haben das meine große Liebe gestorben ist.
Ich hielt immer noch wie ein Verrückter an dem Gedanken fest, dass sie noch am leben war, aber der Schreihals in meinen Ohren wollte mir diese Hoffnung um jeden Preis nehmen. Energisch fuhr ich mir durch die Haare und sah zum Himmel auf, ob sie wohl dort oben war? Oder ob sie noch hier unten war? Müde setzte ich mich hin und beobachtete wie das Gras nachgab als der Wind stärker anfing zu blasen, die untergehende Sonne tauchte den Himmel in ein tiefes rot-orange, sehr dramatisch.
Wenn ich nicht hier eingesperrt sein würde und mir nicht andauernd jemand ins Ohr brüllen würde das die Frau die ich liebte tot war, dann könnte ich eventuell den Moment genießen. Aber ich glaubte noch nicht einmal das stimmte so ganz, ich konnte diesen Moment nicht genießen, dazu kam ich mir zu unvollständig vor. Cat konnte mich immer vergessen lassen das meine Eltern tot waren und jetzt.... jetzt war da ein riesiges Loch, ein quälendes und schmerzendes Nichts, gähnende Leere. Beschreibt es wie ihr wollt. Wütend strich ich mir die Träne von der Wange, ich durfte auf keinen Fall schwach werden, ich musste jetzt mehr Verantwortung denn je übernehmen. Ich hatte schließlich noch einen kleinen Bruder, eine depressive Frau und einen selbstmord gefährdeten Mann zu pflegen. Und morgen wird es dann alles wieder von vorne Anfangen, ich würde Frühstück machen und den kleinen Mann in die Betreuung geben, dann würde ich mich um Cat's Vater kümmern, ihn ins Bürogebäude bringen, dort wusste ich das stets jemand ein Auge auf ihn haben würde und dann kam die Tagesfüllende Aufgabe, ihre Mutter.
Eine Frau die sich im alter von 45 Jahren drastisch zu einer 3 jährigen zurück entwickelt hat und nichts mehr alleine bewältigen konnte.
Manchmal wünschte ich mir, dass ich Zeit hätte um für mich zu sein und einfach nur Trauern zu dürfen, doch das kam gerade absolut nicht für mich in Frage. Vielleicht war es auch garnicht so schlimm nicht richtig sich damit zu beschäftigen, vielleicht half mir gerade das die Sache richtig anzupacken und somit anderen Menschen in einer viel schlimmeren Verfassung zu helfen. Vielleicht war es ja garnicht schlecht nicht die volle Dosis Schmerz zu empfinden, sich zu beteuben indem man irgendetwas sinnvolles macht, Menschen helfen.
Ich rieb mir die Augen.
Oder vielleicht schob ich es auch einfach nur die ganze Zeit vor mir her, das würde mein Tränen überströmtes Gesicht erklären und die vielzähligen Schauer die mir über den Rücken liefen.
Wütend riss ich eine Hand voll Gras aus, dabei musste ich wieder an Cat denken.
Genau so einfach mir es gefallen ist dieses Gras auszureißen, ist es President Snow gefallen meine Cat zu töten. Und eins konnte ich mir versichern, genauso einfach wird es mir fallen ihn zu töten...wenn die Zeit gekommen war. Mach dich drauf gefasst Snow, ich werde da sein.

Sooo,
ich hoffe es hat euch gefallen :) Ja es ist eher gekommen als angekündigt und das macht mich schon stolz. Ich habe endlich mal wieder Zeit dazu gefunden ein bisschen zu schreiben, wird in den Ferien wohl häufiger passieren.

LG Angle

Die Tribute von Panem- Blutige RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt