Kapitel 5: Der Anfang vom Ende

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Ja und hier beginnt meine Geschichte. 

Ich heiße Aurora und ich habe seit zwei Jahren Lungenkrebs. Ich weiß das ich bald sterben werde, alle wissen das, aber ich bin die einzige die das wirklich wahr haben will. Manchmal frage ich mich ob die Menschen die mich lieben, also ohne den Krebs, vielleicht sogar mehr darunter leiden als ich selbst. Meine beste Freundin Emma ist immer für mich da obwohl sie eigentlich nicht einmal die Zeit dafür hätte. Die Ärzte sagen das ich es nicht schaffen werde, und das weiß ich auch. Ich habe nicht sehr viele Freunde aber das ist auch gut so. Ich hasse solche selbstgefälligen Menschen die mit mir reden wollen und sagen ‚Ich weiß wie du dich fühlst‘. Denn in Wahrheit haben sie keinen blassen Schimmer wie es ist immer nur bemitleidet zu werden. Mitleid. Das ist das was sie alle haben. Mitleid. Der Krebs wird siegen, wie er es schon immer getan hat, und ich, ich werde verlieren, wie ich es schon immer getan hatte. Mein Leben war ein Theaterspiel und ich wollte nicht länger das die Krankheit meine Fäden zieht.

„Rora kannst du bitte an die Tür gehen ist doch sowieso für dich!“ Rief mein Vater als es an der Tür klingelte. Ich richtete mich mühevoll auf und erschrak selber wie unmobil ich doch geworden war. Jeder Schritt war ein Qual für mich, für meinen Körper. Ich konnte nichts mehr tun das mir früher wirklich Freude bereitet hatte. Als ich endlich ein wenig erschöpft an der Tür ankam öffnete ich sie und sah einen Wildblumenstrauß vor der Tür liegen. Ich verdrehte die Augen und lächelte. Ich wusste das er noch hier war und es sehen konnte, obwohl ich es verboten hatte, Liam. Es war nicht einfach für ihn das ich damals Schluss gemacht hatte. Aber das war es für mich auch nicht… Er war das einzige das ich wirklich von ganzem Herzen liebte und ich durfte diesen Menschen um keinen Preis dieser Welt verlieren, obwohl ich das bereits schon lange hatte, ich hatte schon lange verloren. Zwar war es an mir zu entscheiden wie ich ihn verlor, aber es führte kein Weg daran vorbei. Für mich jede Falls. Langsam hob ich die Blumen auf und schloss sanft die Tür. Ich betrachtete sie und beim Anblick des kleinen Beizettels musste ich erneut grinsen.

„ Aurora!“ Mein Vater rief nach mir und sah mich mit den Blumen.“ Er… Er hat dir schon wieder Blumen geschenkt?“ Ich nickte verwegen und vergrub meine Nase in dem Strauß.“ Ich dachte du hättest Schluss gemacht.“ Völlig in Gedanken antwortete ich:“ Nur weil wir nicht mehr zusammen sind heißt das nicht das er nicht aufmerksam sein darf.“ Mein Vater schüttelte den Kopf.“ Bist du bereit für die nächste Chemo?“ Dieser Satz riss mich aus meiner Träumerei und ließ mich meine Fäuste ballen. Ich hasste es. Wir hatten irgendwie unser eigenes Chemogerät Zuhause und mein Vater führte sie durch. Zu meinem Glück hatte ich meine Haare immer noch erhalten, was sehr ungewöhnlich und unnormal war. Aber ich fragte nicht nach etwas das mir gut gestohlen bleiben kann, das fand ich falsch. Ich war lieber froh das sie mir meine langen Haare erhalten blieben. Ich verdrehte die Augen und sagte:“ Bereit wenn du es bist…“

Wieder hing ich an der Infusionsnadel dran und mir wurde schlecht als mein Vater mit dem Scanner kam. Ich wusste nicht genau was dieses Gerät wirklich bewirkte, aber ich hasste so sehr was es mit mir machte. Mein Vater sagte es müsse so sein und ich werde dann wieder gesund aber wenn ich noch länger hier bleiben sollte, konnte ich mich nicht immer und immer wieder diesem Stress unterziehen. Es war so als zeigte diese Ding mir jedes mal aufs neue eine Zeitspanne meines Lebens die immer verschieden war. Da waren die Momente mit Mom, als sie starb und all diese Dinge. Nicht selten fing ich während dieses Prozesses bitterlich an zu weinen denn alles was ich so gut verdrängte kam auf einmal auf mich zu und schob mich total aus dem Gleichgewicht. Es waren alle Erinnerungen die ich je gehabt hatte, die ich je vergessen hatte und die ich je verdrängt hatte. Alle Gedanken die ich gehabt habe, böse Gedanken an meinen Vater, an meine Mutter. Gedanken und taten die ich nicht mehr ändern konnte und für die ich mich immer wieder schämte sie je gedacht und erlebt zu haben.

Die Nebenwirkung des Sterbens (#Wattys2015)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt