Stille.
Um mich herum herrschte eine angenehme Stille, während ich langsam wieder Herr meiner Sinne wurde. Prüfend bewegte ich meine Arme und Beine und atmete erleichtert auf, als ich sie problemlos bewegen konnte.
Zufrieden stellte ich fest, dass auch meine Sicht langsam wieder klar wurde und nachdem ich mich kurz räusperte, wusste ich auch dass meine Stimme und Gehör wieder intakt waren. Es ging mir eigentlich erstaunlich gut dafür, dass ich gerade in einem realen Albtraum in Ohnmacht gefallen war.
Als ich mich zurück auf meine Umgebung fokussierte, spürte ich die Panik erneut hochkommen. Ich saß wieder mitten in dem Wald mit den Lila-Riesenblatt-Bäumen. Nichts hatte sich verändert, seit dem ich das letzte Mal hier aufgewacht war.
Langsam stellte ich mich auf meine Beine und drehte mich anschließend einmal im Kreis. Weit und breit nur Bäume. Viel zu viel Baum und vor allem viel zu viel lila. Wer auch immer das hier erfunden hat, war verrückt. Nach lila.
Ich dachte über die zwei Möglichkeiten nach, die mir gerade zur Verfügung standen. Nummer eins, hier, wo auch immer ich gerade war, zu bleiben oder Nummer zwei, wahllos in eine Richtung laufen und hoffen dass dieser Traum nicht nur aus einem lilanen Wald bestand.
Gerade wollte ich mich dazu entschließen da zu bleiben wo ich war, als meine Füße nach links liefen. Frustriert über den erneuten Kontrollverlust über meine Beine wollte ich mich einfach fallen lassen, aber, oh Wunder, natürlich funktionierte das nicht.
Also ließ ich meine Beine einfach ihr Ding machen und begann irgendeine Melodie zu pfeifen. Meine Pfiffe klangen schrecklich schräg und wackelig, aber sie vertrieben meine Langeweile und die langsam unerträgliche Stille. Denn der Wald schien alle möglichen Geräusche, außer die meines Atems und meiner Stimme zu verschlucken.
Nach einer Zeit gingen mir die Melodien aus, weswegen ich mich einfach nurnoch umsah.
Mir fiel auf, dass es wirklich nur Bäume an diesem Ort gab. Keine Gebüsche, Blumen, oder sonstige Gewächse, nur diese speziellen Bäume. Seltsam.Ich sah gerade nach rechts Rechts, als ich etwas erspähte. Weiße Augen. Etwa fünfzig Meter entfernt bewegte sich ein Schatten mit der Form eines Zentauren. Und weißen Augen. Kein milchiges Weiß, wie man es von erblindeten Augen kennt, sondern ein strahlendes Weiß. Wach, frisch und aufmerksam.
Ich erstarrte in meiner Bewegung, während mich das Geschöpf vor mir in den Bann zog. Ich konnte nicht schreien, es fühlte sich genauso an als ich in meinem Zimmer die Kontrolle verlor.
Der Mund des Schattens verzog sich plötzlich zu einem schrecklichen Grinsen, welches hunderte an scharfen, glitzernden Zähnen entblößte. Panisch huschten meine Augen nach einem Ausweg suchend durch die Gegend, während mein Körper immer noch wie festgefroren auf der Stelle verharrte.Langsam bewegte sich das weißäugige Etwas auf mich zu und wurde dabei immer schneller. Ich konnte erkennen, dass es einen grauen Körper besaß, der aussah wie eine Rüstung. Es hatte weder Mähne noch Schweif, dafür hingen komische Fetzen an den normalerweise behaarten Stellen. Inzwischen war es nurnoch um die 30 Meter entfernt, und die Distanz schwand stetig. Schließlich rannte es auf mich zu. Seine Tritte verursachten keinen einzigen Laut, und das machte es umso gruseliger. Als es nurnoch zehn Meter von mir entfernt war, fand ich meine Stimme wieder und schrie laut auf. Plötzlich war das Tier weg.
Einfach weg. Von einer Sekunde auf die andere war keine Spur mehr zu sehen. Die Angst pochte durch meine Adern, und endlich stimmten meine Beine zu, zu sprinten.
Schwer atmend sprintete ich geradeaus, immer wieder Bäumen und tief hängenden Ästen ausweichend. Ich stolperte geschlagene drei Mal über Wurzeln, fing mich Gottseidank aber wieder.
Nach knappen zehn Minuten Sprint rannte ich unerwartet in das grelle Sonnenlicht und fiel geblendet auf meine Knie. Als sich meine Augen nach einigen Sekunden einigermaßen an die Helligkeit gewöhnt hatten, richtete ich mich auf und schaute ich hoch.
Keuchend fiel ich zurück auf meinen Hintern als ich direkt wieder in Augen starrte. Diesmal allerdigs in grüne Glubschaugen. Langsam ließ ich meinen Blick über das Gesicht des Wesens gleiten, dass vor mir stand. Eine breite Nase, schmale Lippen, dicke, volle Wimpern, braune, glatte Haare. Außerdem wies es verschnörkelte Muster im Bereich der Stirn auf.
Und es hatte grüne Haut. Ich runzelte die Stirn. Doch bevor ich mich selbst fragen konnte, warum dieses Ding vor mir grüne Haut hatte, fing es an zu kreischen.
"Der Meister ist da! Er ist hier!"
Ich verzog mein Gesicht bei der Lautstärke und blickte verstört nach unten, als es sich vor mir auf den Boden fallen ließ und seine Hände auf meine Füße legte. Dabei murmelte es immer wieder komische Worte.
Umso komischer war es jedoch, dass ich die Worte in meinem Kopf sah und verstehen konnte. "Anā renkă ou." Er ist da.
Das war keineswegs eine der drei Sprachen die auf der Erde gesprochen wurden. Verwundert flüsterte ich die Worte, testete, ob ich sie wirklich sprechen konnte. Und tatsächlich, ohne Schwierigkeiten rollten die Worte über meine Zunge.
Mein Blick glitt wieder herunter auf meine Füße, wo sich der kleine Alien, ich hatte beschlossen es so zu nennen, immer noch in der äußerst unangenehmen Position lag.
"Ich will nicht unhöflich sein, aber könntest du vielleicht von meinen Füßen runter gehen?" Zögerlich bewegte ich meinen rechten Fuß und versuchte ihn wegzuziehen.
Sofort sprang das Wesen auf und verbeugte sich tief."Verzeiht, Meister, ich wollte euch nicht verärgern!" schluchzte es leise auf.
Ich legte meinen Kopf schief. Welcher Meister?
Plötzlich hörte ich noch mehr Stimmen die aufgeregt herum schrien. Mein Blick flog in Richtung der Geräusche. Als Grund für den Lärm konnte ich eine Gruppe aus ungefähr zehn Grünhäutigen ausmachen, welche auf uns zurannten.
Als sie bei uns ankam verneigten sie sich ebenfalls. Bevor ich etwas sagen konnte, begann einer von ihnen zu sprechen.
"Meister, verzeiht diese äußerst unangemessene Begrüßung, hätten wir von eurer Ankunft gewusst, hätten wir euch unter deutlich passenderen Umständen willkommen geheißen. Ich bin Lôpron, Kronprinz von Engrian. Es freut mich, dass wir euch endlich hier begrüßen dürfen."
Überfordert brachte ich nur ein äußerst unintelligentes "Äh..." hervor. Doch begann der Prinz direkt wieder zu sprechen, und dabei eine Winkbewegung mit seiner Hand zu machen.
"Folgt uns, Meister. Wir bringen euch zu unserem Dorf. Mein Vater wünscht euch zu treffen."
DU LIEST GERADE
Wenn man für seine Träume kämpft
Fantasy-Pausiert- Adrian hat einen Traum. Er will Autor werden. Aber Adrian ist krank. Nicht körperlich, sondern im Gehirn. Non incumbo ist eine Krankheit, die dafür sorgt, dass die betroffene Person sich nicht konzentrieren kann. Normale Dinge wie Lesen...