Kapitel 9

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Harry's P.O.V.

"Wie geht es dir?", fragte ich. Auch, wenn ich die letzte Woche größten teils in Ginny's Zimmer verbracht hatte, war mir aufgefallen, wie sehr sie sich um alle anderen kümmerte und wie sehr sie sich dabei zurück nahm.
"Gut.", sagte sie, doch ich hörte an ihrer Stimme, dass sie nicht die Wahrheit sagte.
"Und wie geht es dir wirklich?", fragte ich. Sie drehte den Kopf in meine Richtung und sah mich an. "Beschissen", sagte sie schließlich, "Tag und Nacht verfolgen mich Bilder von der Schlacht..."
Sanft gab ich ihr einen Kuss auf die Stirn. Ich brauchte ihr nicht zu sagen, dass es mir genauso ging, sie wusste es. Sie drehte ihren Kopf zu mir noch und sah mich an. Auf ihren Lippen könnte ich den Ansatz eines Lächelns erkennen. "Weißt du, Mione... Wir sind vielleicht nicht wirklich verwand, aber ich werde dich immer als meine Schwester sehen.", gestand ich.

Hermione war immer an meiner Seite gewesen, sogar, als Ron uns für eine Weile verlassen hatte. Sie hatte mich gerettet und mich unterstützt wann immer sie konnte.
All die Jahre hatte ich es einfach hingenommen, hatte gedacht es ginge ihr gut, doch nun sah ich, wie gebrochen auch sie war.
Natürlich war sie das...

Ihr Lächeln wurde ein wenig breiter. "Na dann ist ja gut!", sagte sie, "Ich habe Ron und dich schon so lange geliebt. Am Anfang dachte ich noch, ich liebe euch beide als Bruder, aber dann habe ich gemerkt, dass du der Bruder bist, an dessen Schulter ich mich ausweinen konnte, weil Ron meine Liebe nicht erwiderte. Danke!"

Eine Welle des Unbehagens überkam mich. Ja, ich war für sie da gewesen, aber bei weitem nicht so viel, wie sie für mich. Wenn Ron und sie Streit gehabt hatten, dann war sie alleine gewesen. Oder die letzten Wochen. Ich hatte mich von den anderen abgekapselt, hatte mich in meiner Trauer verkrochen, während sie all die Trauer in sich hinein fraß um für die anderen da zu sein.

"Ich danke dir!", murmelte ich. Ich zog sie in eine feste Umarmung und legte mein Kinn auf ihrem Kopf ab. Während wir so da standen schloss ich die Augen und genoss einfach den Moment. In diesem Augenblick war es mir egal, was geschehen würde, denn ich wusste, dass ich nicht allein sein würde! Ich hatte Ginny, die ich über alles liebte und ich hatte Hermione, meine große Schwester, die sich immer um mich sorgte.

Als sich ein weiteres Paar Arme um mich legte, schlug ich die Augen auf und sah direkt in die haselnussbraunen von Ginny. Sie lächelte mich traurig an und ich hab ihr einen Kuss. Ich löste einen meiner Arme von Hermione und legte ihn um Ginny, so dass wir nun in einer dreier Umarmung waren.

Die beiden haben mir den Halt, den ich gerade mehr als alles andere brauchte.  Sie gaben mir die Kraft mich von den Toten zu verabschieden und in die Zukunft zu blicken.
Ich wusste, dass es nicht leicht werden würde, dass sich mit immer wieder neue Probleme in den Weg stellen würden, doch ich wusste auch, dass ich sie lösen würde, denn so war das Leben.

Nach einer Weile kam Molly zu uns herüber. Die Schminke, die sie am Morgen aufgetragen hatte, war total verwischt von all den Tränen, die in der vergangenen Stunde über ihr Gesicht gerollt waren.
Etwas widerwillig löste ich mich von Ginny und Hermione um Molly in den Arm zu nehmen. Ich versuchte ihr in dieser einen Umarmung zu zeigen, wie dankbar ich für alles, was sie und Arthur für mich getan hatten, war und gleichzeitig mein Beileid wegen Fred auszudrücken.

Sie sah mich traurig an, erwiderte jedoch die Umarmung.
"Was haltet ihr davon, wenn wir zurück nach Hause gehen?", fragte sie in die Runde.
Ich wollte nicht weg von hier, denn das würde heißen die Toten endgültig hinter mir zu lassen, aber ich musste anfangen wieder zu leben.
Ich musste mich um eine Ausbildung bemühen, musste mir überlegen, wo ich wohnen wollte und musste einfach sehen, was die Zeit mir bringen würde.

Only time will heal our wounds✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt