3. Kapitel

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Janinans Sicht

Kann dieser Trip denn noch verrückter werden? Felix Lobrecht steht mit 3 Kaffeebechern und zwei Bäckertüten vor mir und lächelt mich an: „Na, endlich ausgeschlafen?" Ich sage nichts und starre ihn nur an. Er stellt die Tüten und 2 Becher auf der Küchenzeile ab und kommt mit dem dritten auf mich zugelaufen. „Hey, ich bin Felix." Er hält mir den Becher entgegen. Ich starre einfach weiter. „Du bist also Leas Freundin Nina." Noch immer hält er mir den Becher entgegen. „Ich trinke keinen Kaffee.", ist das einzige was mir über die Lippen kommt. „Oh." „Wo ist Lea?" „Die ist heute Morgen gegen 5 mit meinem Bruder an die Spree gelaufen. Denke mal die werden jetzt pennen." Will die mich verarschen? Warum zieht die mit einem wildfremden Typen in einer wildfremden Stadt los und sagt nicht mal Bescheid!? „Ich brauch ein Android Ladekabel. Jetzt." „Sowas besitze ich leider nicht.", sagt Felix. „Dann gib mir dein Handy und ruf deinen Bruder an." Ich bin auf 180. Meine innere Löwenmutti steht kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Man kann diese Frau keine fünf Minuten aus den Augen lassen. „Ey jetzt komm mal runter. Mein Bruder ist vollkommen in Ordnung. Der wird ihr schon nichts getan haben." „Gib. Mir. Dein. Handy!" Ich betone jedes Wort einzeln. Er zieht seine Augenbrauen hoch und runzelt die Stirn. Jetzt starren wir uns beide in die Augen. Das Duell gewinne ich. Ich habe einige Zeit mit, naja sagen wir mal Verhaltenskreativen, Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Da lernt man wie man mit Blicken eine Schlacht gewinnt. Endlich stellt er den Kaffebecher ab und kramt in seiner Hosentasche. Er tippt irgendetwas rum und stellt auf Lautsprecher. Es klingelt. Lange. 7 Mal, 8 Mal. „Ich sag doch die pennen jetzt." „Ruf noch mal an." Felix wirkt genervt. „Bitte.", schiebe ich leise hinterher denn ich merke, dass ich nur mit dem Befehlston nicht zum Ziel komme. Felix Lobrecht ist kein Typ der sich rum kommandieren lässt. Es klingelt erneut und nach dem 5. Klingeln geht eine verschlafene Stimme ran: „Ja?". Ich reiße Felix das Handy aus der Hand. „Wo ist Lea? Kannst du ihr bitte das Handy geben?" Es raschelt in der Leitung und wie von weit weg hört man Julian etwas sagt das wie: „Deine Freundin ist aus ihrem Koma erwacht.", klingt. „Hey Süße. Wieder wach?" „WILLST DU MICH EIGENTLICH KOMPLETT VERRASCHEN???", schreie ich Lea durch das Telefon an. „Ach man Nina, jetzt sei doch nicht so. Ist doch alle gut. Mir geht's prima." Ich starre mit offenem Mund abwechselnd das Telefon und Felix an. Er grinst mich dämlich an und ich zische ihm ein: "Hör auf so dumm zu lachen", zu. Er hebt die Hände, dreht sich um und holt sich einen der Kaffeebecher aus der Küche. Ich atme ein Mal tief durch und versuche mich zu beruhigen. „Wo bist du jetzt?" „In Julians Wohnung. Ist nicht weit von euch weg. Du, Berlin ist so schön in der Morgendämmerung. Wir waren an der Spree und haben stundenlang aufs Wasser geschaut. Julian hat mir wirklich schöne Ecken gezeigt." Sie redet wie ein Wasserfall und macht keine Atempause. Irgendetwas stimmt hier nicht. Wenn sie so viel redet, dann plant sie meistens etwas und versteckt ihr dummen Ideen in einem einzigen kleinen Nebensatz. „Und weißt du, da hab ich gedacht wir könnten uns ja alle zusammen noch ein wenig die Stadt angucken. Pass auf, wir kommen heute Abend zu euch und essen was und dann besprechen wir alles weitere. Unternimm doch bis dahin was schönes mit Felix. Du hast ja jetzt sowieso Urlaub. Aber ich muss jetzt wirklich ein wenig schlafen, ok? Wir waren bis um 10 heute Morgen unterwegs. Ich hab dich lieb. Bis später." What the fuck. Hat Lea gerade in 30 Sekunden kurzerhand unseren Ein-Tages-wir-besaufen-uns-und-pennen-im-Auto-Ausflug um mindestens eine weitere Nacht verlängert? Ich starre wieder das I Phone in meiner Hand an und bin tatsächlich sprachlos, was wirklich nicht häufig vorkommt. Die Frau mit den Putzutensilien reißt mich aus meiner Schockstarre. „Herr Lobrecht ich bin jetzt fertig mit allem. Das nächste Mal hängen sie bitte ein Schild an die Balkontür, damit vielleicht nicht ganz so viele davor rennen." Felix und die Frau lachen. „Danke Frau Herrlein. Ich hab ihnen noch einen Kaffee mitgebracht. Bis Mittwoch dann und schönen Feierabend." Er reicht der Frau den Kaffee und begleitet sie noch zur Tür. Ich stehe wie angewurzelt in dem riesigen Wohnbereich und verstehe überhaupt nichts mehr. Ich glaube ich habe gerade einen Schlaganfall. Mein Gehirn funktioniert nicht mehr.

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Eine Stunde später sitze ich auf Felix Sofa und bin mir immer noch nicht sicher, ob ich nicht vielleicht doch einen Hirnschaden erlitten habe und deshalb jetzt komische Filme schiebe. Felix hat mir eine Zahnbürste gegeben und ich hab mich kurz im Bad frisch gemacht. Ok, eigentlich hab ich 15 Minuten mit dem Gesicht in den Händen vergraben auf dem geschlossenen Klodeckel gesessen und danach 10 Minuten in den Spiegel gestarrt und mit dem Kopf geschüttelt. Toll. Jetzt kommt also noch ein Schleudertraume hinzu. Felix reicht mir eine Tasse Tee. „Wenn du willst können wir zu deinem Auto fahren, dann kannst du deine Wechselklamotten und was du sonst so brauchst holen." So langsam realisiere ich, dass das wohl jetzt die neue Situation ist. Ich sitze in der Wohnung meines Lieblings-Comedian, welcher mir Tee bringt und mir anbietet meine Sachen in seine Wohnung zu holen. Ich nicke und sage ihm, dass das wohl eine gute Idee ist. „Wie lange hast du denn jetzt Urlaub?", fragt er mich. „Drei Wochen." „Und warum seid ihr dann nur für eine Nacht nach Berlin gekommen? Lea hat gestern erzählt ihr wolltet im Auto pennen und dann gleich wieder zurück." So vorwurfsvoll wie er es sagt klingt das wirklich nach einem Scheiß-Plan. „Ich wollte eigentlich ruhig in meinen Urlaub starten. Erst mal ein paar Tage gar nichts machen und dann ein wenig meine Wohnung renovieren. Den Kurztrip hat Lea vorgeschlagen. Sie hat die Tickets von ihrer Schwester geschenkt bekommen." Ich kann mich einfach nicht entspannen. Alle meine Antworten klingen wie von einem Sprachcomputer gesprochen. Aus irgend einem Grund macht mich Felix nervös. Also eigentlich weiß ich genau aus welchem Grund. Es gibt sogar mehrere. Er ist ein Promi, er ist übertrieben lieb und extrem heiß. Diese blauen Augen und das schiefe Lächeln mit dem er mich ab und zu ansieht können nicht von dieser Welt sein. Ich bin absolut nicht auf den Mund gefallen und ich lerne schnell neue Leute kennen, kann mich gut in neue Gruppen integrieren, aber sobald ich einen Mann attraktiv finde setzt irgendetwas in mir aus. Nach dem Adrenalinkick von vorhin, als ich dachte Lea liegt vielleicht tot in irgend einem Bahnhofsklo, fühle ich mich jetzt extrem schlapp und energielos. „Und du? Du hast dir deinen Tag doch sicher auch anders vorgestellt.", starte ich einen lahmen Smalltalk versuch. „Ich war die letzten vier Wochen fast durchgängig auf Tour. Jetzt bin ich für zwei Wochen wieder in Berlin und da genieße ich die ersten Tage gerne alleine. Außerdem habe ich für heute sowieso einen Katertag im Kalender stehen.", erklärt er mir. Ich fühle mich noch schlechter. „Tut mir leid, dass wir da jetzt so rein geplatzt sind. Und tut mir auch leid, dass ich gestern in deinem Gästezimmer eingeschlafen bin. Ich werde mit Lea heute Abend ein Hotel suchen und morgen heim fahren. Dann kannst du wieder das tun was du eigentlich vor hattest." Sein Blick verändert sich. War das gerade Bedauern, was da über sein Gesicht gehuscht ist? Nein das kann nicht sein. Warum sollte er es schade finden, dass wir wieder gehen. Wahrscheinlich hab ich mich verguckt. Jetzt lächelt er wieder und sagt: „Mach dir mal keinen Stress. Wir holen jetzt deine Sachen aus dem Auto und heute Abend sehen wir weiter." Er hält mir seine Hand entgegen und zieht mich vom Sofa hoch. Und jetzt muss auch ich lächeln.

Verkettung ungünstiger Umstände (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt