Kapitel 12

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Mein Kopf dröhnte und meine Augen fühlten sich schwer an, als ich sie öffnete. Ich lag in einem mir fremden Raum auf einem Bett. Verwirrt sah ich mich um, bis mein Blick in der Mitte des Zimmers hängen blieb.

Auf einem niedrigen Tisch stand eine Guqin und daneben lag ein ordentlicher Haufen mit beschriebenen Blättern. Wenn da nicht dieses mit Tinte beschmierte Blatt gewesen wäre, hätte ich fast geglaubt, dass ich mich in Lan Zhans Raum befand. Doch warum sollte ich mich hier wiederfinden?

Meine Erinnerungen schwirrten zurück zu dem Haus und dem alten Mann. Was hatte er nochmal gesagt?

Ein Traum. Ich hatte ein halbes Leben einfach geträumt. Die Erkenntnis traf mich hart und ich war froh das ich lag. Wahrscheinlich hatte er nur Mist erzählt, aber woher hatte er von meiner Lage wissen sollen? Ich fand keine Antwort, weshalb ich mich ablenkte, in dem ich den Raum genauer betrachtete.

Ein paar Bücher standen in einem Regal hinter dem Tisch mit der Guqin und auf der anderen Seite des Raumes stand ein Raumteiler der den Blick auf eine Stange mit weißen Kleidern fast vollständig verdeckte.

Weiße Hanfus, wie man sie im GusuLan-Clan trägt. Da viel mir wieder ein, dass der Mann ein Stirnband des Lan-Clans getragen hatte. Ich sollte Lan Xichen nach ihm fragen, sobald ich wieder im Wolkennest war. Oder war ich das schon?

Leise Schritte waren zuhören, bevor sich die Tür fast lautlos öffnete. Schnell schloss ich meine Augen und stellte mich wieder schlafend. Ich spürte, das meine spirituelle Kraft gerade an ihrem Tiefpunkt war und ich nicht in der Lage wäre mich einem Gegner zu stellen.

Mit geschlossenen Augen konnte ich nur raten wer die Person war, doch die Schritte hörten sich vertraut an - auch wenn ich sie nicht einordnen konnte.

Die Person kam näher, bis ich spürte, wie die Matratze ein Stück einsackte und eine kühle Hand sich auf meine Stirn legte. Mit einer federleichten Bewegung tastete die Person nach meinem Puls. In dem Moment wo er sich wieder entfernen wollte griff ich nach dem Handgelenk und zog ihn wieder zurück - in der Hoffnung, dass er zu perplex wäre als das er reagieren würde.

Meine Augen trafen auf ein dunkles Braun, dass mit goldenen Sprenkeln versetzt war. Erschrocken weiteten sich meine Augen, als ich sah, wie sich Lan Zhan über mir abstützen musste, damit er nicht auf mich fiel, was wahrscheinlich meiner Aktion mit dem Handgelenk zuzuschieben war. Eine heiße Röte breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich hoffte, dass es nicht ganz so offensichtlich war, doch das bezweifelte ich eigentlich.

Immer wieder versuchte ich mich daran zu erinnern, dass die Gefühle die ich entwickelt hatte nicht für diesen Lan Zhan waren. Ich hatte mich in eine andere Person verliebt und nicht in diesen sehr viel distanzierteren jungen Mann, an dem ich nichts wiedererkannte.

„Du bist wach." Nur seine Stimme war immer noch so wohlklingend, wie ich sie gemocht hatte. Aber seine Augen waren anders, seine Gesichtszüge definierter, der Schwung seiner Lippen weicher. Mein Blick wanderte an ihm herunter. Fast alles war anders an ihm.

„Lässt du mein Handgelenk los?" Hastig guckte ich wieder hoch und bemerkte jetzt erst, dass ich sein Handgelenk immer noch umklammerte. „Tut mir leid." Murmelte ich und ließ ihn los. Langsam stand er auf, bevor er aufrecht neben dem Bett lag. Erst jetzt fiel mir der Kiefernduft auf, der mich umfing und den ich selbst jetzt noch mit Lan Zhan verbinden konnte.

Ruckartig kam ich zum Sitzen. Das konnte nicht wirklich Lan Zhans Zimmer oder sogar dein Bett sein. „Beweg dich nicht so ruckartig."
„Warum bin ich hier?" Meine Stimme fühlte sich kratzig an, wie als hätte ich länger nicht gesprochen, was wahrscheinlich auch der Fall war.

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