12. Tattoo

31 3 3
                                    

Nial P.o.V.

Ich hätte nach Hause fahren sollen, um mich auszuruhen, doch dann wäre ich dort auf meine "Mutter" gestoßen, die ich heute überhaupt nicht gebrauchen konnte. Woanders konnte ich nicht hin und wenn ich nicht zur Schule gekommen wäre, hätten diese wiederum meine Mutter angerufen, dann hätte ich gleich nach Hause gehen können. Deswegen saß ich jetzt hier auf irgendeinem Lehrerschreibtisch, in einem leeren Klassenzimmer und bekam nicht richtig mit, wie Melodie mich das zweite Mal verarzte. Anscheinend musste ich schrecklich aussehen, nach den Blicken der Schüler von vorhin und von Mark, der unbedingt wollte, dass dieses Trampeltier mich verarztete.

>>Wer hat dir das angetan?<<, fragte sie mich leise.

Als sie ihre Finger auf meinen freien Oberkörper legte, um genau zu sein auf meine Bauchmuskeln, spannte ich diese unwillkürlich an. Sie verteilte irgendeine Creme auf meinen blauen Flecken. Kein Wunder, dass mein Oberkörper bei jeder Bewegung schmerzte, doch es sah schlimmer aus, als es war. Ich starrte zu ihr herunter und hätte sie am liebsten angeschrien, was sie das angehen würde. Ich konnte machen was ich wollte, es war mein Leben. Dieses kleine Trampeltier sollte sich nicht für meine Probleme interessieren oder mich mit ihrem mitleidigen Blick anstarren. Ich wollte nicht bemitleidet werden, denn dazu musste ich leiden und das tat ich definitiv nicht. Ich beantwortete deswegen ihre Frage nicht, es ging sie nichts an. Sie war nur ein kleines Mädchen, das versuchte sich bei mir einzuschleimen, damit ich sie nicht weiter fertig machte. Obwohl es mehr oder weniger meine Schuld war, dass ich mit ihr mehr zu tun hatte, als ich jemals gedacht hatte. Doch solange sie meine Hausaufgaben machte und ich die scheiß Schule schaffen würde, würde ich sie wohl ertragen müssen.

Ihre Hände fuhren plötzlich weiter hoch zu einem der anderen Flecken, die leider jetzt meinen perfekt trainierten Oberkörper zierten. Ich musste die Zähne leicht zusammen beißen, aber nicht aus Schmerz, sondern wegen ihrer zarten Berührung. Gott, ich brauchte wirklich bald ein Weib, wenn ich schon so reagierte, wenn bloß dieses Trampeltier mich anfasste. Es war auch schon fast eine Woche her, seitdem ich eine hatte.

Ich schaute zu Melodie hinunter, als sie plötzlich überrascht innehielt, meinen Oberkörper mit dieser Creme einzureiben. Ihr überraschter Blick lag auf meiner linken Brust. Fasziniert starrte sie diese an und hob eine Hand, um sie darauf zulegen. Schnell fing ich ihre Hand ab, bevor sie sie auf meine Brust legen konnte.

>>Denkt nicht mal dran!<<

Vorsichtig zog sie ihre Hand zurück. >>Woher hast du das? Mir ist es zuvor gar nie aufgefallen.<<

>>Woher ich das habe?<<, ich lachte leicht, was für eine dumme Frage. >>Von einem Tätowierer.<< Daraufhin seufzte sie. >>Du weißt genau wie ich das meine. Was für eine Bedeutung hat es?<<

Ich legte meine Hand über meine Brust, wo sich die Tätowierung befand. Meine Finger fuhren über den Stamm, zu den verschlungenen Ästen, die genau über meinem Herzen wie ein Käfig oder ein Schutz auf meine Brust gezeichnet wurden. Es sah geheimnisvoll aus, wie die Äste sich ineinander verschlangen. Nur an der linken Seite öffneten die verschlungenen Äste sich leicht, es sah aus, als ob sie sich in schwarze Raben verwandelten und zu meiner Schulter hinauf davon flogen. >>Es hat keine Bedeutung.<<, ich senkte meine Hand wieder und schaut sie an.

Sie runzelte die Stirn. >>Dein Gesichtsausdruck und deine Reaktionen sagen etwas anderes.<<

>>Bist du fertig?<<, fragte ich sie mit kalter Stimme.

>>Nein, bin ich nicht! Und jetzt hör auf so fies zu mir zu sein. Ich hab dir nichts getan!<<, sie holte ein paar Verbände aus ihrem Koffer.

>>Du kannst mir gar nichts verbieten.<<, schnaubte ich nur abfällig. Ich beobachtete sie jedoch genau und fragte mich, was sie mit den Verbänden wollte, es waren nur ein paar blaue Flecken. >>Natürlich kann ich das, immerhin helfe ich dir gerade. Diese Verbände sind dazu da, dich zu stützen und dir halt zu geben, du hast dir bestimmt einiges geprellt und da ich sonst nichts habe ist, dass das Beste was ich dir bieten kann.<< Sie lehnte sich vor und wickelte sie sanft um meinen Oberkörper. Ihre braunen Haare, von denen ich wusste, dass es nicht ihre Echten waren, streifen sanft über meine Brust.

>>Wieso tust du das alles?<<, fragte ich sie, um mich abzulenken, dabei bemerkte ich nicht, wie sanft meine Stimme klang.

Sie erschauderte. >>Ich weiß es nicht. Außerdem helfe ich grundsätzlich gerne, doch mich fragt ja nie Jemand.<<

>>Habe ich dich gefragt?<<‏

Böse zog sie ihre Augenbrauen zusammen. >>Ich kann auch wieder gehen und du kannst gucken wo du bleibst.<< Absichtlich stieß sie mich gegen einen meiner blauen Flecken.

Ich biss die Zähne zusammen, ohne einen Laut von mir zu geben. Wütend schaue ich sie an. >>Selber Schuld du Lappen!<<

>>Trampeltier<<, knurrte ich nur und stand auf. Ich schaute hinab zu Melodie, die mir nur bis zu meiner Schulter reichte. Sie guckte zu mir hoch. >>Ich bin kein Trampeltier und du kannst mir auch keine Angst machen nur, weil du ein bisschen größer bist.<< Ich schnaufte nur abfällig, wenn sie nur wüsste. Ich beugte mich etwas zu ihr herunter und flüsterte mit gefährlich, leiser Stimme >>...und da bist du dir auch ganz sicher?<<, knurrte ich neben ihrem Ohr. Ich wartete nicht auf eine Antwort oder Sonstiges. Leicht schob ich sie von mir weg und ging mit meinem kaputten T-Shirt zu Mark.

>>Hast du ein T-Shirt für mich?<<, fragte ich ihn. Er hat uns die ganze Zeit still beobachtet, was mich nicht störte. Er nickte nur, während er die Tür aufmachte und wir beide heraus gingen. Ich drehte mich nicht noch mal zu Melodie um, sie war mir egal.

Mark ging schnell zu seinen Spind. Die Flure waren fast leer, weil die erste Stunde bald beginnen würde. Deswegen war es auch nicht so schlimm, dass ich ohne T-Shirt war. Mein Oberkörper war sowieso von Verbänden überdeckt. Mark öffnete sein Spind und nahm seine Sport Tasche heraus.

>>Du willst mir jetzt wohl nicht ernsthaft dein Sport T-Shirt geben?<<, sagte ich skeptisch.

Mark verdrehte die Augen >>Besser als gar nix!<<, er seufzte und suchte weiter in seiner Tasche herum. >>Keine Sorge, ich hab immer ein extra T-Shirt dabei.<< Seufzen wartete ich und schaute mich um. Dabei fiel mir ein blondes Mädchen auf, welches gerade ihre Bücher in den Spint knallte und dabei vor sich hin fluchte. >>Scheiß Leben, scheiß Schule. Warum kann nicht einmal jemand auf mich hören?<< Sie knallte den Spind zu und sah mich mit ihren dunkelblauen Augen wütend an. Sie sah richtig heiß aus! War sie neu hier? Immerhin hatte ich sie noch nie gesehen und dieser geile Arsch wäre mir bestimmt aufgefallen. >>Was ist?<<, maulte sie mich an.

>>Darf man nicht mal mehr schauen in dieser scheiß Welt?<< Ich lies mein typisches verführerisches Lächeln aufblitzen. >>Aber glaub mir, alles ist nicht so scheiße auf dieser Welt.<< Grinsend kam sie auf mich zu. >>Denkst du wirklich?<< Ich schmunzelte leicht, Mark hatte ich völlig ausgeblendet und vergessen >>Natürlich, bei so ein wunderschöne Frau wie dir.<< Leicht strich sie ihre Haare nach hinten. >>Du schmeichelst mir Schönling.<< Sie kam immer näher bis uns kaum noch etwas trennte. >>Wie kann man so etwas wie dir nicht schmeicheln? Das wäre eine Schande!<<, ich hob meine Hand und strich durch ihr blondes langes Haar. >>Hat die Schönheit auch einen Namen?<<, fragte ich verführerisch. >>Ich heiße Romé.<<, sie legte ihre Hände auf meine schmerzende Brust. >>Und du großer?<<, ich versuchte die Schmerzen zu ignorieren und lächelte leicht. >>Du kannst mich nennen wie du willst, aber alle anderen nennen mich Nial.<<, ich legte eine Hand auf ihre Hüfte. >>Wie wäre es, wenn wir wo anders hingehen, wo wir alleine sind?<<

Sie tat so als würde sie überlegen und nickte dann, auf ihre Lippe beißend. Am liebsten hätte ich sie jetzt und hier genommen. Doch das konnte ich Mark nicht antun und ob sie dabei mitmachte, war auch eine Frage. Ich schaute kurz zu Mark, der etwas unwohl dort stand und uns beobachtete. In seiner Hand hielt er ein schwarzes T-Shirt mit V-Ausschnitt. Schnell schnappte ich es mir und zwinkerte ihm zu, bevor ich mit Romé verschwand.

Save my SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt