Kapitel 4: Begegnung

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Der Mond schien hell diese Nacht und der Junge Slytherin saß auf dem Bett. Er war wach, mal wieder. Und er starrte ununterbrochen auf seinen Nachttisch, wo er vor einem Tag, dass Fläschchen abgestellt hatte.
Seitdem Snape ihn erwischt hatte, war eine Nacht vergangen, jetzt brach die zweite an.
Letzte Nacht hatte er noch erstaunlich gut schlafen können, die Reste des Trunkes blieben den gestrigen Tag noch bis abends in seinem Körper, weshalb er das Quidditch-Training frühzeitig beenden musste, sonst hätte er sich wahrscheinlich noch übergeben. Tatsächlich aber, hatte er die letzte Nacht gut überstanden. Zugegeben, ein paar mal war er wachgeworden, jedoch hatte es keine zehn Minuten gebraucht bis er wieder tief und fest eingeschlafen war.
Jetzt, ein Tag später, sah die Welt wieder ganz anders aus. Er konnte nicht schlafen, hatte kein Schlaftrunk mehr und er war richtig wütend auf Snape.
Auch, wenn es Draco war, der sich zu unrecht an den Sachen des Professors bedient hatte, war es letztendlich die Schuld des Professors, dass er schlaflos auf seinem Bett lag und grübelte.
Warum muss er sich in meine Angelegenheiten einmischen? Dachte er sich. Wenn Snape ihm das Fläschchen nicht abgenommen hätte, hätte er versuchen können noch ein bis zwei Tropfen daraus zu bekommen. Doch diese Chance war jetzt abgelaufen. Er hatte nichts,
kein Fläschchen, kein Schlaftrunk, kein Schlaf.
Draco warf sich zurück in die Daunen und zog sich die Decke über den Kopf. Er schloss die Augen, doch nach ein paar Sekunden sprangen sie wieder auf und er drehte sich auf die andere Seite. Danach warf er sich auf den Rücken, drehte sich anschließend auf die rechte Seite, bis er jede nur erdenkliche Möglichkeit einer Schlafposition durchprobiert hatte und sein Bett aussah, wie der Spielplatz einer Wühlmaus.
Letztendlich stand er auf, zog sich seine Pyjamahose an und sein Hemd über, was er jedoch, da er sich im Dunkeln anzog, sehr ungenau zuknöpfte. Er schlenderte aus seinem Schlafzimmer in den Gemeinschaftsraum, wo, wie immer eigentlich, das Feuer im Kamin brannte. Der Raum wurde mit warmen, aber schwachem Licht erfüllt und Draco ließ sich in den Ledersessel fallen. Er rieb sich die Augen, so sehr wollte auch sein Körper zur Ruhe kommen. Niemand war mehr wach, außer ihm. Das Schloss war ruhig, als würde es selber schlafen. Die Lehrer waren wahrscheinlich auch schon in ihren Betten, außer die Nachtwache, wer auch immer das diese Nacht war, schlich sich wahrscheinlich gerade durch die Schule, hoffend Schüler zu finden, die sich unerlaubt durch die Gänge schlichen.
Nachts nicht die Betten verlassen, und wie soll man aufs Klo? Der Gedanke kam Draco einfach so, aber je mehr er darüber nachdachte, desto unsinniger kann ihm diese Regel vor.
Plötzlich zuckte der Slytherin zusammen.
Ein Geräusch hatte ihn erschrocken und er stand stand langsam auf.
Das Geräusch kam nicht von hier, es kam von draußen. Irgendwas war auf den Fluren oder irgendwer. Vielleicht ein Lehrer? Draco wusste es nicht. Einige Minuten stand er da und lauschte in die Dunkelheit, doch es war alles still. Und er wollte sich schon wieder hinsetzten, als das Geräusch ihn nochmals erschrak.
Man konnte über den Jungen Slytherin sagen was man wollte, das er eingebildet war, gut aussehend, egoistisch und voreingenommen, aber er war auch sehr ängstlich und zur gleichen Zeit, was Draco sehr missviel, sehr neugierig.
Wenn irgendwo, irgendwas stattfand, musste er dort hin. Also hastete er zurück in sein Schlafzimmer, holte seinen Zauberstab und stand einige Minuten später draußen auf dem dunklen Flur. Hier war es kalt, schattig und irgendwie auch ein bisschen unheimlich.

Dracos Füße betraten die Treppen. Diese schienen auch zu schlafen, sie bewegten sich nämlich kein bisschen. Warum schlief hier eigentlich jeder außer ihm? Und natürlich, außer demjenigen oder derjenigen, der die große Vase, vor einer dieser Treppen umgestoßen hatte. Er beugte sich neugierig hinunter und war erstmal erleichtert, dass er den Grund für das komische Geräusch gefunden hatte.
Draco sah sich um. Einer von den Schülern, musste sich gerade in diesem Moment durchs Schloss bewegen. Ein Lehrer wäre wohl kaum so dumm, um Nachts gegen eine große, eigentlich nicht zu übersehende Vase zu laufen.
Draco schloss die Augen, er nahm noch ein Geräusch war, ein tippeln, wohl eher ein schlurfen . Als würde jemand ein Stück Stoff hinter sich herziehen.
Draco musste urplötzlich an Professor Snape und seinen schwungvoll schwingenden Umgang denken. Er sah sich um, schaute sich jede Ecke an und erwartete schon, dass der Professor ihn von hinten überraschen würde. Doch nichts dergleichen passierte, stattdessen hörte er nun ein quietschen. Es war eine Tür und das Geräusch schallte leise und zärtlich von den Wänden wieder. Jetzt musste er grinsen, er wusste woher dieses Geräusch kam, er kannte es nur zu gut. Die Türen zu den Gemeinschaftsduschen der Jungs, sollten unbedingt mal geölt werden.
Draco zauberte sich Licht und schlich dann zu den duschen. Die Tür stand tatsächlich noch einen Spalt weit offen. Der Slytherin glitt, elegant wie eine Schlange, durch den Spalt zwischen Tür und Wand und schaffte es dabei, kein einziges Geräusch zu erzeugen. Er hielt sich zunächst versteckt im Schatten. Er schlenderte durch den großen Gang des Waschraumes und hielt seinen Zauberstab noch unten.
Dann hörte er etwas auf den Boden fallen. Es war das gleiche Geräusch wie vorher, nur ohne das schleifen über den Boden. Aber jetzt konnte er es genau identifizieren, es war ein Tuch. Jemand hatte ein Tuch auf den Boden geschmissen. Vielleicht ein Handtuch? Vielleicht wollte einer der Schüler heimlich duschen gehen? Aber warum jetzt, warum nachts?
Der junge Slytherin trat nun aus dem Schatten und stand vor den Waschbecken. Er staunte nicht schlecht.
„Potter!?" bei Salazar, das sollte doch wohl ein Scherz sein, was wollte ausgerechnet er hier?Draco musterte ihn, er hatte wieder diese zerzausten Haare und auch er trug eine Pyjamahose, allerdings  in den Farben seines Hauses. An seinen Füßen trug er Hausschuhe, was die schlurfenden Geräusche erklärten. Potter trug außerdem einen viel zu großen Pullover, mit einem großen, goldenen H vorne drauf. Genau solche, wie die Weasleys Siegmund Weihnachten alle anhatten.
Draco fiel auf, dass auch Potter sehr müde und fertig aus sah, er sah genauer gesagt genauso aus, wie der Slytherin sich fühlte.
Alle Farben hatten Potters Gesicht verlassen, Draco war zwar immer noch heller als er, aber für normale Verhältnisse war auch der Gryffindor ziemlich blass. Auch seine Augen leuchteten nicht so, wie sonst. Er wirkte nicht so aufgeweckt, nicht so stark.
Der Gryffindor hatte sich schnell zu Draco umgedreht, nachdem dieser ihn angesprochen hatte, jetzt sahen sie sich an.
„Was willst du hier?" fragte Harry Schroff, etwas überrumpelt von Dracos plötzlichem Auftreten. Seine Stimme klang müde und rau, als wäre er erkältet. 
Harry sah ihn fordernd an, dann aber plötzlich wurde sein Blick weicher und er betrachte Draco genauer.
Dein Hemd, ähm..." stotterte er, unwissend, was er eigentlich sagen sollte, beziehungsweise warum er ihn darauf ansprach.
Draco sah an sich herunter und bemerkte, dass nur ein Knopf seines Hemdes wirklich richtig geknöpft war, alle anderen waren schief oder auf dem Weg zu den Duschen aufgegangen.
So kam es dazu, dass mehr freie Haut, als Stoff zusehen war.
Draco spürte den Blick von Potter  auf seiner Haut und es wurde ihm heiß, als würde sein Blick ihn verbrennen. Er stemmte sich gegen dieses Gefühl, machte sein Hemd auf und knöpfte es vernünftig.
Potter beobachtete den Slytherin dabei.
Warst du das mit der Vase?" fragte Draco ihn, um diese unangenehme Situation aufzulockern.
Potter musste sich von dem Anblick, dem ihm geboten wurde losreißen und sah zu dem Slytherin auf. Draco knöpfte die letzten Knöpfe seines Hemdes zu.
„Was, ja das war ich! Ich hab sie nicht gesehen."
„Die ist einen halben Meter groß, beziehungsweise war. Wie kann man die übersehen? Bist doch sonst immer so helle Potter." Draco warf ihm die Wörter vor die Füße.
Es war erstaunlich, wie schnell er seine Rolle wechseln konnte, sobald er mit Potter sprach. Aus dem neugierigen, ängstlichen und genervten müden, jungen Mann, wurde ein pampiger, unfreundlicher Egoist.
Meist tat er dies, um einen Abstand zu schaffen, seinen Standpunkt deutlich zu machen.
Halt den Mund! Was machst du eigentlich hier?" Potter zog eine Augenbraue hoch und musterte ihn.
Ich hab die Vase gehört, also bin ich aufgestanden, um nachzusehen was los ist."
„Du bist mir gefolgt?" Harry zog nun auch die andere Augenbraue hoch.
Draco schüttelte den Kopf und musste grinsen.
Nein Potter, jemanden wie dir laufe ich nicht hinterher!"
Wie es aussieht, bist du das aber." gab der Gryffindor zurück.
Woher soll ich den bitte wissen, das ausgerechnet du das bist, der hier Nachts durch die Schule schleicht?!" darauf entgegnete Potter nichts, er seufzte nur.
Und was machst du nun hier?" Draco wusste nicht, weshalb ihn das so brennend interessierte, aber die Frage war ihm einfach so wieder rausgerutscht.
So viel zum Thema Abstand halten, er war gerade dabei eine Konversation mit Potter auf zu bauen. Das kam ihm so unnatürlich vor.
Ich..." Potter schien überlegen zu müssen. Er wurde sichtlich nervös, drehte sich weg, nur um sich dann wieder zu dem Slytherin umzudrehen.
Als Potter ihn so ansah, machte sich in Draco ein komisches Gefühl breit. Er war verwirrt. Klar, diese Träume machten diese Situation schon komisch und abstoßend genug, aber warum feindeten sie sich nicht an? Warum ging Harry nicht auf ihn los, er hasste Draco offensichtlich genauso, wie er ihn hasste.
Hassen. Ein starkes Wort, ein starkes Gefühl. Ein Gefühl, was man erlernen muss, zu empfinden, weil es so tief sitzt und es viel Kraft benötigt, ein so unkontrollierbares Gefühl aufrechtzuerhalten.
Aber hasste Draco ihn wirklich, oder war es einfach nur ein antrainiertes Gefühl seiner Seite?
Potter und er führten gerade eine Konversation, beziehungsweise fingen damit an. Klar der Tonfall glich keiner „nah wie gehts?" -Unterhaltung, jedoch gingen sie sich nicht an die Gurgel.
Ich konnte nicht schlafen." Gestand Harry.
Draco rissen seine Worte aus seinen Gedanken. Seine Antwort war für ihn, wie ein Schlag ins Gesicht. Er war nicht der einzige, der sich mit Schlafproblemen herumschlug.
Einen kurzen Augenblick sahen sich die beiden nur an, versuchten gegenseitig die Gedanken des anderen zu lesen.
Draco suchte nach dem leuchtenden Grün in Potters Augen, doch er fand nichts.
Es war so, als wollten sie dem anderen ein Geheimnis entlocken, was sie unterbewusst doch irgendwie beide vermuteten zu kennen.
Konntest du vielleicht auch nicht schlafen?" Potter stellte sich aufrechter hin und ging einen Schritt auf Draco zu. Dieser wunderte sich noch über die Frage. Sie klang so lieb und nett und...weich. Als würde es Potter tatsächlich kümmern, als würde er wirklich aus Nettigkeit fragen. Und insgeheim, hätte Draco auch gerne einen Schritt gewagt.
Doch er tat es nicht. Er trat stattdessen sogar einen Schritt nach hinten.
Diese Gefühle die in ihm aufstiegen, noch dazu diese unendliche Verwirrung machten ihn ganz durcheinander und er spürte, dass sich hier etwas anbahnte.
Es war einfach zu schnell, Zuviel was Draco nicht verstand.
Was gehts dich an, Potter?" Draco hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen.
Der Gryffindor seufzte, diesmal lauter als zuvor. Und Draco zuckte bei dem Geräusch zusammen. Er sah Bilder aus seinen Träumen. Er schluckte.
Ich geh besser!" Gab er dann zurück.
Potter nickte nur,bückte sich und hob etwas vom Boden hoch. Es war ein langes Stück Stoff und Draco wusste sofort was das war. Potter hatte seinen Tarnumhang benutz, um sich hierher zu schleichen.
Dracos Vater hatte ihm von dem Umhang, am Ende des zweiten Schuljahres erzählt, sagte aber nicht woher er davon wüsste.
Der Gryffindor warf sich den Tarnumhang um und verschwand zur Hälfte.
Ich begleite dich." Sagte Potter dann entschlossen.
Nein danke, ich brauche keinen Babysitter." Draco drehte sich um und wollte gehen, doch Potter hechtete zu ihm, packte seine Hand und zog ihn zurück, so das der Slytherin nur wenige Zentimeter vor ihm stehen blieb.
Draco hielt die Luft an und auch Potter schien etwas überfordert mit der Situation zu sein. Das hatte er nicht geplant.
So nah wie jetzt, waren sie sich noch nie gewesen, jedenfalls nicht ohne sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.
Draco war einen ganzen Kopf größer als Potter und sah nun hinunter in seine Augen. Der Gryffindor wirkte nervös und senkte leicht den Blick. Dann beugte er sich etwas nach vorne, so dass nun keine Lücke mehr zwischen ihnen war. Dracos Gesichtszüge spannten sich an, als Harrys Oberkörper seinen berührte. Er spürte die Wärme seines Körpers, oder kam sie vielleicht doch von dem Pullover? Egal, er mochte dieses Gefühl, jedoch spürte er auch die Kälte, die Unentschlossenheit und die Verwirrung. Er wich einen Schritt zurück. Wieder.
Doch Potter hielt immer noch seine Hand fest.
Nach einem kurzen Zögern, entriss Draco sie ihm, sagte jedoch nichts.
Die Nachtwache schleicht hier irgendwo rum, es ist Snape." Harry sagte dies, nachdem beide eine Zeit lang geschwiegen haben.
Draco hätte sich am liebsten darüber beschwert, aber erstaunlicherweise bemerkte er, dass er müde wurde. Er wollte hier weg, raus aus der Situation und rein in sein Bett.
Wenn mein Vater das sehen könnte... schoß es ihm durch den Kopf und Draco schüttelte leicht den Kopf. Seine Hand wanderte zu seinem Unterarm, er tat weh.
Malfoy?" Draco hob den Kopf. Harry sah ihn fragend an.
Was, Potter?"
„Der Tarnumhang. Wenn wir es geschickt anstellen, passen wir beide darunter."
Draco hätte beinahe aufgelacht. Merlin, als würde er sich zusammen mit Potter unter den Umhang quetschen. Dabei würde nicht nur der Größenunterschied ein Problem darstellen.
Andererseits, war da noch Snape, der hier irgendwo herumschlich und würde er ihn heute ein zweites Mal bei etwas verbotenen erwischen, dann auch noch zusammen mit Potter, würde er eine neue, wesentlich ausführlichere Erklärung hören wollen.
Also nickte er schweren Herzens und stellte sich neben den Gryffindor. Dieser schwang den Umhang um die beiden, Draco sah noch einmal zu den Spiegeln, sie waren nicht zusehen.

My pain is yoursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt