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Jetzt rückte Max näher zu mir. Wahrscheinlich um das Geschöpf besser betrachten zu können.
Das kleine Wesen hatte seinen Kopf auf meinen Händen abgelegt und schaute mich mit seinen Saphir blauen Augen an.
Wie in einer Art Trance, strich ich über die glatte, mit Schuppen übersähte Haut.

Ein paar Mal noch, gab es dieses sonderbare Geräusch von sich. Ich kann nicht genau beschreiben, was es war. Aber es war aufjedenfall kein Knurren, oder etwas derartiges. Plötzlich schaute es mir in fest in die Augen, ohne dass ich etwas gemacht hatte. Seine Augen waren gefüllt mit Kummer, Angst aber auch einer Spur von Vertrauen. Ihm muss etwas schreckliches passiert sein.

Ein seltsames Gefühl durchzuckte mich, mein Herz zog sich zusammen, gleichzeitig weitete es sich aber auch aus. Mir wurde heiß und kalt, meine Hände fingen kurz an zu schwitzen. Und je länger ich in die kleinen Saphire blickte, desto schlimmer wurde das Gefühl, doch war es mir nicht möglich, den Blick abzuwenden.

Nun wendete die fremde Kreatur seinen Blick ab und schaute zu Max hinüber. Dieser wendete seinen Blick jedoch sofort ab. Ein kurzes Knurren folgte darauf. Gebannt beobachtete ich das Schauspiel, wohl fühlte ich mich aber immernoch nicht. Was war das gerade?!
Jetzt spürte ich, wie das kleine Wesen weiter nach vorne Schritt, immer mehr auf mich zu.

Nun konnte ich endlich erkennen, was dieses Wesen war. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich realisierte was hier gerade vor sich gegangen war. Ich drehte meinen Kopf kurz zu Max, um sicher zu gehen, dass er das gleiche sah. Ich schaute ihm direkt in die Augen. Das Grün war sehr dunkel, darin spiegelte sich Verwirrung. Er sah das gleiche, war geschockt darüber.

„Ein Drache...“, hauchte er und brach somit das Schweigen. Meine Augen weiteten sich, zwar war mir schon klar was dieses Geschöpf vor mir war, doch es aus Max' Mund zu hören, bestätigte das Unmögliche.
Langsam drehte ich meinen Kopf wieder zur Seite. „Ich dachte die wären ausgestorben.“,hauchte ich. Und schaute den kleinen Drachen an.

Der kleine Drache war von oben bis unten mit blauen Schuppen übersät. An der Seite hatte er jeweils einen Flügel. Die klauen waren ebenfalls blau, die krallen jedoch hatten die gleiche Farbe wie die Hörner.
„Er ist wunderschön.“,sagte Max doch ich hörte seine Stimme nur verschwommen da ich mich voll und ganz auf den kleinen Drachen konzentrierte. Aber innerlich stimmte ich ihm voll und ganz zu.

Das kleine Geschöpf kam näher auf mich zu und musterte mich. Mit Leichtigkeit sprang er auf meine Schulter und drückte seinen Kopf an mein Gesicht. Ein kleines mraaaa forderte mich dazu auf, meinen Körper in die Höhe zu bewegen.
Ich stand vorsichtig auf, immer darauf bedacht, dass der kleine nicht doch von meiner Schulter fiel.

Ich hörte ein raues Lachen von der Seite. Max. „Sieht so aus, als hätte sich der Drache gerade an dich Gebunden!“
Wenn der nicht gleich seinen Mund hält, dann schwöre ich-
Max stand auf und kam mit einem, mir unmöglich zu deutenden Blick auf mich zu, unterbrach somit meinen Gedankengang.

„Kann ich kurz mit dir sprechen?“ sagte er nur. Seine Stimme klang rau.
Zustimmend, aber auch verwirrt nickte ich, hockte mich aber kurz hin, um den kleinen Drachen von meiner Schulter abzusetzen.

„Du bleibst kurz hier okay? Ich bin gleich wieder da.“ sagte ich noch kurz. Ich wusste nicht, warum ich überhaupt mit ihm redete, aber ich dachte, so würde er auch tun was ich wollte. Und tatsächlich. Ein kleines mraa war meine Antwort. Der kleine setzte sich genau auf diese Stelle und musterte mich neugierig. Ich schmunzelte etwas, wendete mich dann aber Max zu.

Gemeinsam liefen wir auf den Hügel, der in der Nähe meiner Hütte stand. Von dort hatte ich den besten Ausblick auf den kleinen Drachen, der immernoch, wie angewurzelt, auf der Stelle saß. Er schaute mich an. Durchbohrte mich mit seinem Blick und schaute dann zu Max. Ich runzelte nur kurz die Stirn, schüttelte dann aber nur mit dem Kopf und schaute Max an.

Ich setzte mich und wartete bis der junge Mann anfing zu reden. Ich wusste nichtmal, warum er mit mir reden wollte. Er wusste, dass er mir ein Fremder ist und dass ich ihn eigentlich nur schnell los werden wollte.

„Es fällt mir nicht leicht über diese Dinge zu reden die ich dir gleich erzählen werde. Also stell dich bitte darauf ein das ich zwischendurch ein paar Pausen machen werde.“ er drehte sich zu mir damit er besser mit mir reden konnte.

„Keine Sorge wir haben Zeit, also nimm dir so viel wie du brauchst.“ erwiderte ich mit ruhiger Stimme. Warum war ich so mitfühlend?
Ich machte mir irgendwie Sorgen um ihn, ich kannte ihn noch nicht lange aber ich wusste, dass es etwas ernstes war was er mir erzählen wollte. Seine Augen leuchteten nicht mehr und seine Stimme klang leicht brüchig. Irgendetwas sagte mir, dass er nicht gehen wollte und irgendwie wollte ich das auch nicht. Seit dieser kleine Drache da ist, was nur ein paar Minuten sind, hatte sich meine Sicht auf den Grünaugigen geändert.

„Danke.“, sagte er. Nichts weiter. Dann ließ er sich neben mich fallen und schaute mich an. Er schmunzelte leicht, scheinbar konnte man gut erkennen, dass ich verwirrt war. Undzwar noch mehr als zuvor schon.

Er holte wieder tief Luft. „Du hast mir irgendwie...geholfen. Ich kann es nicht genau beschreiben.“, er stockte.
Ich nickte, um ihm zu zeigen, dass ich ihn verstand. Er lächelte leicht, aber es erreichte nicht seine Augen. „Du hast nicht immer genau das getan, was ich wollte. Das hat mir gezeigt, dass ich auch von alleine etwas schaffen kann. Es ist verrückt, wir kennen uns vielleicht einmal einen Tag und du warst immer sehr abweisend zu mir. Trotzdem tat mir genau das gut.“

Ich lachte kurz. „Heißt das, du hast es genossen dass ich dich hasse?“
Doch er nickte nur. „Irgendwie schon, ja. Weißt du, zu Hause wurde ich auch gehasst. Ich wurde verachtet weil ich zu nichts zu gebrauchen war. Doch als ich dich traf, war das anders. Du hast mich gehasst, weil du mich nicht kanntest. Aber jetzt kennst du mich etwas, und bist nett zu mir. Das macht etwas in mir, und ich weiß nicht warum, aber ich weiß, dass ich am liebsten hier bleiben möchte.“ Er schaute mich unsicher an. Ich wusste nicht genau, was ich sagen soll.

„Scheint so, als hättest du ein richtiges Zuhause gesucht. Eines, indem man dich behandelt, wie du es möchtest.“, erwiedert ich nur. Ich ließ meinen Blick über die Landschaft schweifen. Nichts anderes als Bäume war zu sehen. Große, kleine, dicke, dünne Bäume, doch alle harmonieren zusammen und bilden mein Zuhause.

Max umarmte mich plötzlich. „Danke!“ flüsterte er in mein Ohr. Ich schaute ihn verwirrt an. „Wie jetzt?“
Er schmunzelte. „Jetzt weiß ich, wie sich ein Zuhause anfühlt. Das macht meine Suche wesentlich einfacher!“
Ich nickte nur. „Oder du hörst auf zu suchen, und bleibst bei mir...“, murmelte ich. Er musterte mich geschockt. „War das ernst gemeint?“
Ich gab keine Antwort. Stattdessen stand ich auf.
„Ich muss gehen, der Drache ist noch dort unten. Er hat bestimmt Hunger, ist ja noch ein Baby. Komm nach wenn du bereit bist, oder geh. Mach was du für richtig hältst, aber entscheide dich heute noch. Denn ich werde meine Türe nicht jede Nacht offen lassen.“, sagte ich nur und verschwand sofort.

Drachen AugeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt