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Der kleine Drache spielte ausgelassen auf der Wiese neben meiner Hütte. Ohne es zu wollen musste ich schmunzeln. Etwas derartig süßes habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen! Ich pfiff kurz mit meinen Fingern, in der Hoffnung der kleine würde auf mich hören. Sobald der Ton erklang drehte der kleine seinen Kopf zu mir. Ich winkte kurz mit den Armen und er kam zu mir gerannt.

 Cyril

„Cyril?" fragte ich sichtlich verwirrt. Ein leichtes Nicken des kleinen Drachen folgte. Ich lächelte freundlich. „Na dann, hallo Cyril!", antwortete ich. Hatte der Drache gerade mit mir geredet? Ich beugte mich zu ihm hinunter und fragte dann: „Hast du Hunger?"
Wieder nickte der kleine Drache nur. Ich lächelte und ging dann erneut an diesem Tag auf die Büsche zu. „Was essen Drachen eigentlich?", fragte ich mich selbst.

Am liebsten Fleisch, aber Früchte wie Beeren tun es auch.

Ich verharrte in meiner Bewegung und blickte stutzig zu dem kleinen Drachen hinüber. Mit offenem Mund starrte ich ihn an. Dieser legte seinen Kopf schief und musterte mich fragend. „Hast du gerade gesprochen?", stammelte ich. Doch der kleine Drache nickte nur und kam mit ein paar großen Sprüngen auf mich zu.

„Fürst du jetzt Selbstgespräche?" ertönte eine bekannte Stimme hinter mir. Ich drehte mich zu ihm um und schaute ihn, immernoch geschockt an. „Nunja, nicht ganz.", setzte ich zu einer Erklärung an. Max lachte nur und kam auf mich zu. „Keine Sorge, du musst dich für nichts schämen.", lachte er. Ich knuffte ihn nur kurz gegen die Schulter und redete weiter. „Ich spreche nicht mit mir selbst! Ich rede mit Cyril." zeigte damit auf den kleinen Drachen der jetzt neben mir stand.

Ich mag den Typen nicht. Was findest du an ihm?

„Ach, wenn du ihn näher kennst, ist er gar nicht so nervig, wie er jetzt rüber kommt.", sagte ich an den Drachen gewandt. Ich spürte wie Max plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte. „Amelia?"
Ich nickte nur, schaute aber immernoch den kleinen Drachen an. Ich kann immernoch nicht glauben, dass das hier alles passiert.
„Das ist ein Drache. Drachen können nicht sprechen.", versuchte Max mir zu erklären. Aber ich hatte es gehört. Der kleine hatte definitiv Worte von sich gegeben!

„Doch Max, ich habe es mit meinen eigenen Ohren gehört. Komm schon, sag nochmal was!", die letzten Worte wendete ich wieder an das blaue Geschöpf neben mir.

Er würde mich nicht verstehen!

Irritiert schaute ich den kleinen Drachen an. Wie jetzt?!
Wenn ich Cyril doch verstehen konnte, warum Max dann nicht auch?
Max drehte mich jetzt ruckartig zu sich um und legte zwei Finger unter mein Kinn, zwang mich somit ihn dierekt anzusehen.
„Du hast in den letzten Tagen nicht viel gegessen, hab ich Recht?"
Er runzelte besorgt die Stirn. Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Das hatte doch jetzt nichts damit zu tun. Oder doch? War ich einfach nur wirr im Kopf, durch die fehlende Nahrung?
Meine Gedanken drehten sich im Kreis, während ich teilnams los in der Gegend herum stand.

Einzig ein Knurren von Cyril riss mich wieder aus meiner Starre. „Ist ja gut, du hast Hunger. Ich besorge dir schon was, gleichzeitig kann ich auch was für mich besorgen!" seufzte ich schließlich.
„Oh nein, du gehst nirgendwo hin!", redete Max in mein Vorhaben. „Ich gehe, du bleibst. Bevor du etwas dagegen sagen kannst, ich wandere jetzt schon einige Wochen durch diesen Wald und kann mich gut verteidigen.", hing er noch an seine vorherigen Worte.
„Und was soll ich in der Zeit machen?", entgegnete ich genervt. Hoffend, dass er darüber nicht nachgedacht hatte. Leider lag ich dabei falsch, denn seine gelassene Antwort lautete: „Dein kleiner Drache hier, wird auf dich aufpassen. Denn, wenn euch das verbindet, was ich denke, wird er nicht zu lassen, dass dir auch nur das kleinste Haar an deinem Körper gekrümmt wird!"

Was heißt das denn jetzt schon wieder?!
Viel Zeit blieb mir nicht, um über Max' Worte nachzudenken, denn da war der junge Mann schon hinter den Büschen verschwunden. Frustriert ließ ich mich auf den kühlen Waldboden fallen und legte vorsichtig meine Hand auf den Kopf des Drachen. Dieser schmiegte sich in meine Berührung und gab ein zufriedenes knurren von dich.

Wenige Minuten später hörte ich es in den Büschen Rascheln und Max tauchte aus dem Gestrüpp auf. Vollbepackt mit Beeren und anderen essbaren Pflanzen kam er auf mich und den kleinen Drachen zu.
„Ich hoffe das reicht für euch beide.", sagte er ruhig und hielt mir etwas hin.

Scheint, als wäre der doch zu etwas zu gebrauchen...

Ich schaute geschockt zu dem kleinen Drachen hinüber. „Vielleicht sollte ich dir auch noch ein paar Manieren bei bringen...", knurrte ich verärgert. Auf Max' verwirrten Blick hin erklärte ich ihm, was ich meinte. Ich versuchte dem jungen Mann erneut zu erklären, dass ich den Drachen sehr wohl verstehen konnte.
Verwirrt runzelte Max nur die Stirn. „Ich weiß ja nicht, Amelia. Niemand hat diese Sprache in den letzten tausend Jahren verstehen können...", erklärte er.
Aber ich kann es.
Unwissend zuckte ich mit den Schultern. Was hatte das alles nur zu bedeuten.

Nachdem ich ein paar von den Beeren gegessen hatte, wussten wir noch ein wenig mehr über die Kuriosität dieser Kommunikation zwischen Cyril und mir. Nämlich war es so, dass Max immer nur ein knurren verstand, wärend Cyril, für meine Ohren, normale Worte von sich gab. Diese Tatsache, und noch ein paar andere Fakten, brachten uns am frühen Abend nocheinmal dazu, über diese, Situation zu grübeln.

„Wir müssen einen Experten aufsuchen!", waren letztenendes Max' Worte, die mich aufschauhen ließen, als ich ausdruckslos, grübelnd auf den Tisch starrte. „Gibt es denn einen Experten für Drachen und deren Sprache?", fragte ich skeptisch. Max nickte nur langsam. Scheinbar war er gerade in eine Art Erinnerung versunken. Ich räusperte mich kurz, um seine Aufmerksamkeit wieder auf mich zu ziehen. Er schreckte leicht auf und als ich daraufhin ein wenig lachen musste, erntete ich einen leichten knuff gegen die Schulter.

Dann schüttelte er den Kopf und redete langsam weiter. „Ich bin mal einem Begegnet. Du weißt ja, dass ich viel rum gekommen bin."
Ich nickte freudig. Das wäre genau das, wonach wir gesucht hatten.
„Wie weit ist das?", fragte ich enthusiastisch. Max überlegte wieder etwas. „Naja, Es ist nicht gerade um die Ecke." er kratzte sich nervös am Hinterkopf.
„Wie weit?!" forderte Ich ihn erneut auf mir zu antworten. „an der west Küste." Er lachte ein wenig nervös.
Das ist jetzt nicht sein ernst!
„DAS IST AM ANDEREN ENDE DIESER INSEL!"
Er zuckte ein wenig erschrocken. „Hab ja gesagt es ist nicht gerade um die Ecke."

Ich atmete einmal tief ein und dann wieder aus. Beruhig dich Amelia, für Aggressionen ist das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt!
Ich schloss einmal kurz meine Augen und schaffte es so, mich wieder ein wenig abzuregen.
„Nicht ganz um die Ecke, ist da doch schon ein wenig untertrieben." knurrte ich. Aber ich wusste auch, dass dies die einziege Chance war, um mehr über diese Art "Verbindung" herauszufinden. Ich seufzte also einmal tief und fasste einen Entschluss.

„Okay, wie lange genau bis zu diesem Experten?", fragte ich schließlich.
Max zuckte mir den Schultern. „Ungefähr ein zwei-Monatiger Fußmarsch.", er schluckte.
Ich spürte die Hitze wieder in mir hoch kochen.
Ich sollte echt mal etwas dagegen tun...
Ich nickte allerdings nur. „Such jeden Proviant zusammen, den du in der Hütte und draußen auf der Lichtung finden kannst. Wir brechen morgen früh auf!" befahl ich mit härter Stimme. Ein Zeichen für Max, dass ich keine Wiederworte hören wollte. Also nickte er nur brav und stand vom Tisch auf, um nach draußen zu gehen.

Ich schnappte mir derweilen meinen Stab und gin hinaus in den Wald. Es war bereits dunkel geworden, aber das störte mich nicht. Der Mond und die vielen Sterne spendeten mir genug Licht. Cyril folgte mir durch den Wald zu dem großen Baum, auf dem ich am Vortag noch gesessen und gegrübelt hatte, wie ich die Bären von mir fern halten konnte. Jetzt war ich zu erschöpft, um auf die Baumkrone zu klettern. Also lehnte ich mich einfach an dem dicken Stamm an und ließ mich ins Gras sinken. Kaum dass ich saß, hüpfte der kleine Drache auf meinen Schoß und bedeutete mir, seinen Kopf zu streicheln.

Ich weiß nicht wie lange ich dort saß und die Wärme des kleinen Drachen genossen hatte, aber irgendwann war ich eingeschlafen.

Drachen AugeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt