02 HEART SHAPED POOL

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NIGHT CLUB, MYKONOS, GREECE

Tatsächlich kam Halia mit ihrem gefälschten Ausweis in den Klub, den Rubie ihr noch auf die Schnelle machen konnte. Fünfzehn Minuten hatte sie an den gefälschten Ausweis gearbeitet und präsentierte ihn uns hinterher ziemlich stolz. Innerlich schien Halia sie wohl zu verfluchen, da sie nun die Nacht mit uns verbringen musste und es keinen anderen Ausweg gab. In ihrem Alter hätte ich mich dumm und dämlich gefreut, wenn unsere ältere Schwester Kaimana und ihre Freundinnen mich in einen Klib mit einem gefälschten Ausweis gedchmuggelt hätten – Aber da ich Halia kein bisschen weiter unter Druck setzen wollte, ließ ich die Rede über Alkohol aus.

In diesem Augenblick wollte ich nur, dass sie unseren Urlaub in vollsten Zügen genoss und für einen kurzen Momen vergaß, was alles in England passierte. Genau das hatte sie sich echt verdient.

Obwohl ich Halia all ihre Freiheiten in dem vollen Klub gab, behielt ich dennoch ein Auge auf sie und auch auf Rubie, die sich momentan pudelwohl fühlte und ausgelassen neben meiner kleinen Schwester tanzte. Hin und wieder schnappte sie sich Halias Hände und versuchte sie zum Tanzen zu bringen. Manila stattdessen saß mit Stacey an der Bar und versuchte sich nicht sofort abzuschießen, was nach ein paar weiteren Drinks gar kein Thema mehr war. Aber auch Halia hatte es nach ein paar Drinks angetan, die nun endlich mit Rubie und Manila ausgelassen tantzte. Stacey und ich beobachteten die Situation kurz, ehe wir uns ihnen nüchtern anschlossen und uns die Füße in den High Heels blutig tanzten.

Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt hielt ich es nicht mehr in dem stickigen Raum aus und gab Stacey Bescheid, bevor ich die Szene verließ und für ein paar Minuten an die frische Luft ging. Sofort atmetete ich die Luft ein, die Drinnen echt fehlte. Je mehr ich mich von dem Klub entfernte, desto besser erkannte ich ein paar Gäste, die ebenfalls einen Moment für sich brauchten. Unter ihnen erkannte ich einen wieder, den ich schon oft an der Bar mit seinen Freunden stehen gesehen hatte und konnte mir nun sicher sein, dass er gerade nicht wusste, wo ihm genau der Kopf stand.

Er saß völlig alleine auf einer Bank und konnte sich gerade noch auf seinem Platz halten, was echt witzig aussah. Er hatte seine Augen geschlossen und kippte immer wieder leicht nach vorne.

»Geht es dir gut?«, fragte ich ihn vorsichtig und legte eine Hand auf seine Schulter ab, die ihn wieder zurück in die Realität holte. Schnell öffnete er seine Augen und sah zu mit hoch, was mich leicht zum Schmunzeln brachte. »Hi. Sorry, falls ich dich erschreckt habe.«, entschuldigte ich mich bei ihm und nahm einfach an, dass er mich verstand.

»Ich hatte eindeutig viel zu viele Drinks.«, nuschelte er schon beinah unverständlich und atmete die Luft in seinen Lungen tief aus. »Dein Zwilling ähnelt dir.«, kam es wie aus dem Nichts aus ihm, was mich tatsächlich zum Lachen brachte. Anscheinend hatte er auch Halia zu Gesicht bekommen oder sah mich wohl doppelt, was ich ihm in seinem Zustand mehr abnahm als das er Halia gesehen hatte. Seine Aussage gab mir erst zu verstehen, dass er viel zu tief in sein Glas geguckt hatte und nicht mehr auf sein Leben klarkam.

»Hier.«, drückte ich ihm mein Becher in die Hand. »Es ist leider nur Wasser, aber das sollte dir gut tun.«, ließ ich ihn wissen und beobachtete ihn dabei, wie er aus dem Becher trank und mir anschließend den leeren Becher wieder in die Hand drückte. »Erinnerst du dich noch an deinen Namen?«, fragte ich ihn und wollte somit einschätzen, wie viel er tatsächlich getrunken hatte. Ich setzte mich neben ihm auf die Bank und blickte leicht überrumpelt in die Luft, als er plötzlich seinen Kopf an meine Schulter lehnte.

»Chilwell. Benjamin Chilwell.«, antwortete er.

»Na dann, Benjamin Chilwell. Kannst du dich auch noch daran erinnern, wo du zurzeit wohnst? Dich sollte man lieber zurückbringen, bevor dir noch etwas passiert.«, fragte ich ihn und merkte, dass er an meiner Schulter schon fast einschlief. Daher stand ich wieder auf und musste ihn hochziehen, damit er nicht zur Seite fiel und seinen Kopf aufschlug. Ich griff nach seiner Hand und führte ihn wieder in den stickigen Klub, während er mir erzählte, dass er und seine Freunde in einer Villa mit einem herzförmigen Pool wohnten, die nicht sehr weit von hier war. Leider brachte mich seine Beschreibungen kein Stück weiter und hoffte, dass mir einer seiner Freunde weiterhelfen konnte.

Und zu meinem Glück tauchte auch schon sofort ein Kerl auf, den ich als seinen Freund identifizierte. Er stellte sich bei mir als Declan vor und lachte seinen Freund auf, der sich noch kaum auf seinen eigenen Beinen hielt. Da auch Benjamin ihn ebenfalls als seinen Freund wiedererkannte, klärte ich ihn über alles auf und bot ihm an, seinen Freund sicher nsch Hause zu begleiten, wenn er mir eine brauchbare Wegbeschreibung mitgab. Er schien nichts dagegen zu haben, dass eine Fremde seinen Freund nach Hause begleitete. Das Vertrauen zu mir war so groß, dass er mir seinen Schlüssel anvertraute und mir den Weg erklärte.

Leider ließ er in seiner Erklärung aus, wie furchtbar der Weg eigentlich war. Auf High Heels schleppte ich einen betrunkenen Erwachsenen mit mir herum und brach mir auf dem unebenen Boden beinah beide Knöchel. Gott sei Dank erreichte ich die Unterkunft mit dem herzförmigen Pool und ließ ihn auf der Couch zurück.

»Es macht dir hoffentlich nichts aus, wenn ich noch hier bleibe bis deine Freunde kommen, oder? Ich möchte nicht, dass du im Liegen plötzlich brichst und an deinem Erbrochenen erstickst, weil du dich nicht zur Seite drehen konntest.«, fragte ich ihn und deckte den halb schlafenden Benjamin mit der Decke zu, die am Fußende lag. »Gute Nacht, Benjamin.«, wünschte ich ihm und schmunzelte, als er sich sofort in die Decke kuschelte.

»Nenn mich nicht Benjamin. Nenn mich bitte Ben.«, nuschelte er. »Du hast mir deinen Namen noch nicht verraten.«

»Vaiana.«, nannte ich ihm meinen Namen.

»Vaiana.«, wiederholte er meinen Namen und lächelte leicht mit geschlossenen Augen. »Was für ein wunderschöner Name. Er hat sicherlich auch eine Bedeutung, nicht?«, fragte er und fuhr auch schon fort, bevor ich überhaupt eine Antwort geben konnte: »Vaiana?«

»Ja, Ben?«

»Würdest du mit mir schlafen, wenn ich nicht betrunken wär?«, stellte er mir eine direkte Frage, die mich leicht überraschte und mich gleichzeitig zum Grinsen brachte.

»Garantiert«, nickte ich grinsend mit meinem Kopf und setzte moch auf die Couchlehne. »Es ist echt blöd, dass du nicht nüchtern bist oder ich nicht betrunken. Sonst hätte ich mich Hundert Pro auf dich eingelassen.«, ließ ich ihn wissen und bereute es gerade wirklich, nichts getrunken zu haben.

Auch wenn er sich komplett abgeschossen hatte, sah er unglaublich heiß aus! Allein seine fluffigen Haare hatten es mir in der ersten Sekunde angetan und seine blauen Augen, die ich kurz im Licht sehen durfte, machten es nicht besser. Ein Teil in mir schrie förmlich nach einem One Night Stand, jedoch riet mein Verstand mir davon ab.

»Echt scheiße.«, lachte er leicht. »Beim nächsten Mal dann?«, fragte er mich und dachte nicht daran, dass ich ihn nach dieser Nacht wohlmöglich nicht mehr wiedersehen würde.

»Beim nächsten Mal.«, nickte ich mit einem Grinsen auf den Lippen.

»Versprochen?«, fragte er und hielt mir mit aller Kraft seinen kleinen Finger hin.

»Versprochen.«, sagte ich und legte meinen kleinen Finger um seinen. »Gute Nacht, Ben.«

𝐏𝐎𝐋𝐀𝐑𝐎𝐈𝐃 ▶︎ 𝑏. 𝑐ℎ𝑖𝑙𝑤𝑒𝑙𝑙Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt