»Geh ruhig schon in die Hütte«, sagt Joey mit belegter Stimme und deutet zu den Mitarbeitern des Teams. »Ben da vorn hat den Schlüssel. Ich mach das hier.«
»Danke«, lächle ich, wirklich dankbar, und während sich Joey zu den Kameras wendet, lasse ich mir von Ben den Schlüssel für die Holzhütte geben.
Ein paar Stufen führen hinauf auf die Veranda der Holzhütte, auf der ein Picknicktisch und sogar ein Whirlpool stehen. Im Inneren der Hütte finde ich einen einzigen großen Raum vor mit einer Küche, die neben der Eingangstür in die rechte hintere Ecke des Raumes eingebaut ist. Davor stehen ein Esstisch und zwei typisch amerikanische Dinerbänke. Eine schmale Tür neben der Küche führt in das erste Schlafzimmer, direkt daneben befindet sich ein Badezimmer. An der Frontseite des Zimmers steht ein gemütliches Sofa mit Fernseher und breiter Fensterfront, eine enge gewundene Treppe neben der Sofaecke führt in ein kleines Schlafzimmer im Obergeschoss. Natürlich muss ich auch die Dachterrasse gleich inspizieren; hier gibt es eine weitere Sitzecke mit Campingstühlen und einen schönen Bick auf einen Seitenstrom des Wolf Creek-Flusses, der hier offenbar in einen weiteren kleinen See öffnet. Es ist wunderschön, perfekt für einen Tag Auszeit, und schon überlege ich, ob ich Joey zu zwei Tagen Pause überreden kann. Vielleicht, denke ich, wird er ja noch merken, wie müde er tatsächlich ist, und dass ihm noch ein Tag Erholung guttun wird.Ich beschließe, Joey entscheiden zu lassen, wo er schlafen möchte, und schäle mich im Bad aus den nassen, schweren Klamotten. Genießerisch aufseufzend stelle ich kurz danach die Dusche an, lasse mir das warme Wasser eine kurze Weile einfach übers Gesicht laufen. Es ist schon seltsam, denke ich, wie sehr man die normalsten Dinge der Welt zu schätzen lernt, wenn man die Annehmlichkeiten eine Weile entbehrt. Ich lasse mir nicht viel Zeit im Bad, schließlich hat auch Joey seine Dusche redlich verdient.
»Hey«, empfange ich ihn, als er die Holzhütte sichtlich müde betritt. »Alles erledigt?«
»Ja«, nickt er und fährt sich mit einer Hand in den Nacken. Kurz mustert er mich, lächelt wie immer und mir fällt wieder auf, wie krass blau seine Augen sind. »Und, gefällt es dir?«
»Es ist perfekt«, schwärme ich. »Bad ist frei, such dir aus, wo du schlafen möchtest. Ist Essen im Kühlschrank?«
»Ich hab das Team gebeten, ein paar Sachen einzukaufen«, nickt Joey. »Ich nehme gern das untere Schlafzimmer. Bis nachher.«Kurz darauf höre ich die Dusche rauschen und ziehe mich in die Küchenzeile zurück. Das Stern TV-Team hat Nudeln besorgt, Soße dazu und Parmesan, sowie Salat und ein paar Kleinigkeiten für Frühstück. Wenn wir morgen noch hier bleiben, werde ich definitiv noch einkaufen müssen. Trotzdem laufe ich zum Bulli, der auf dem Parkplatz neben der Hütte steht und hole noch ein paar Sachen, Cola unter anderem, eine Flasche Wein und anderes. Die Nudeln und die Soße sind schnell gekocht, Joey ist auch recht schnell fertig. Ich muss kichern, als er aus dem Bad kommt, die langen, blonden Haare offen über die Schultern fallen. »Weißt du was, meine Welt würde echt zusammen brechen, wenn du und Angelo euch auch noch die Haare abschneiden lasst«, bemerke ich.
Joey lacht und bindet die Haare auf dem Hinterkopf zusammen. »Wird nie passieren«, beruhigt er mich. »Wir bleiben die letzten Kelly-Mohikaner. Mmh, das duftet hervorragend.«
»Sind nur Nudeln und Soße«, lache ich.
»Das Beste, was es nach solch einem Tag gibt«, behauptet Joey, aber ich finde, dass er durchaus Recht hat. Man freut sich tatsächlich deutlicher über die kleinen Dinge.
Ich decke den Tisch, während wir uns weiter unterhalten. »Ich finde, das gehört einfach zu euch, zu Angelo und dir. Bei den anderen hat man sich so sehr an die kurzen Haare gewöhnt. Aber da kann ja nicht mal ich mithalten.«
Wieder ruht Joeys Blick auf mir, weich und… warm, und mein Herz schlägt einen Schlag schneller. »Also, du… kannst durchaus mithalten, du siehst auch nach so einem Tag umwerfend aus«, bemerkt er, und ich muss unwillkürlich grinsen.
»Ähm… danke?«, gebe ich belustigt zurück. Es fühlt sich ein bisschen seltsam an, von meinem Schwager ein solches Kompliment zu bekommen, dennoch tut es einfach gut. Denn natürlich blieb auch das in den letzten Monaten zwischen Patrick und mir auf der Strecke. Komplimente, kleine Aufmerksamkeiten, all das, was unsere Beziehung zu Beginn so sehr ausmachte. Wieder wird mir bewusst, wieviel wir verloren haben.
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Never Gonna Break Me Down
RomanceChiara und Michael Patrick - ein Traumpaar? Während der Musiker immer seltener zuhause ist, besucht seine Frau immer öfter seinen Bruder Joey. Ist ihr Joey viel mehr als nur eine Stütze in schweren Zeiten? Und was sagen die Familienmitglieder und vo...