Sobald ich eingetreten war, überkam mich das übliche geborgene Gefühl von Heimat. Auf andere wirkten die riesigen Gemäuer mit den unzähligen Projektoren um Szenerien nachzustellen trostlos, doch mir war es jedes Mal, als würden mir die Wände „Willkommen zu Hause Florence“ zuflüstern. Ein seliges Lächeln trat auf mein Gesicht, als ich, den Kopf in den Nacken gelegt in die „offene Halle“ trat. Der überdimensional große Übungsraum war ursprünglich von einem berühmten Architekten um die 5. Jahrhundertwende herum entworfen worden. Das Besondere daran war, das auf den ersten Blick alles, abgesehen von der immensen Größe, vollkommen normal aussah. Selbst ein geschulter Blick erfasste nicht sofort die Ausmaße der Besonderheit, der Halle. Denn man konnte von einer hoch gesicherten Schaltzentrale, von der kein Schüler wusste, wo sie lag, auf die offene Halle zugreifen und sie im wahrsten Sinne des Wortes verändern.
Alles, Wände, Böden, Decken waren beweglich und konnte so an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst werden. Der Preis für diese fortschrittliche Technik geht bestimmt ins Astronomische und zur Kontrolle der Sicherheit, muss jedes zweite Jahr eine Kolonne von Ingenieuren, Architekten, Stuckateuren und was weiß ich, noch wer das Bauwerk kontrollieren und wenn nötig renovieren. Dazu waren auch noch Projektoren überall in die Wände eingebaut, nicht erkennbar versteht sich, mit deren Hilfe man Projektionen, sowie Hologramme hervorrufen konnte. Außerdem waren die aktiven Gehirnströme eines jeden Shinobis, ob Schüler oder Lehrer, mit der Schaltzentrale verbunden.
Das heißt im Grunde, dass man die Materialien, die man benötigt einfach denken und an die, von selbst arbeitende Schaltzentrale senden muss. Diese ließ im Augenblick eine besondere Art von Hologramm erscheinen. Das Hologramm war selbstverständlich nur ein Trugbild, existierte demnach nur für unsere Augen, doch es war auf eine enorm fortschrittliche Art programmiert: Man konnte die Präsenz des Hologramms mit dem Körper wahrnehmen. Selbstverständlich konnte man mit den projizierten Waffen ausschließlich ebenfalls projizierte Gegner und Gegenstände bekämpfen und keine echten Menschen.
Im Moment jedenfalls war die Halle kein stinknormaler Saal, sondern hatte von oben gesehen wahrscheinlich die Form eines P mit Haken unten. Von dort aus, wo ich stand, konnte man nicht um die nächste Ecke sehen, deshalb war das Einzige, das mir vorerst auffiel, das der Boden nicht steinig, sondern gepflegt mit weißen Steinen gepflastert war. Rechts und links wuchs grünes Gras und kein einziges Blümchen wagte es, auf der akkurat zu Recht geschnittenen Wiese zuwachsen. Alles in allem wirkte es auf mich, wie der Vorhofgarten eines stinkreichen Kinderverabscheuers.
Von vorne war klar und deutlich, obwohl ich die Letzte in der Reihe war, die Stimme von Mr. O’bryan zuhören, eine weitere Raffinesse der offenen Halle: „Jayden. Herkommen. Treten Sie um die Ecke und machen Sie eine Bestandaufnahme. 30 Sekunden!“
Jayden lief mit schnellen Schritten den Pflastersteinweg hinunter und folgte ihm auch weiter als er einen scharfen Knick nach rechts machte. „Der gepflasterte Weg führt einmal nach rechts, geht dann geradeaus weiter und führt anschließend in einem geschätzten Durchmesser von drei Kilometern um das potenzielle Zugriffsziel herum. Das Zugriffsziel ist eine schwer gesicherte Hochburg mit beinahe mittelalterlichen, schwarzen Mauern, die von unten direkt in den Fels geschlagen sind, was sowohl einen Einstieg wie auch einen Zugriff von dort unmöglich macht. Die geschätzte Höhe der Mauern, beziehungsweise der gesamten Burg, beträgt zwischen 150 und 185 Metern. Die Dicke der Mauern im Allgemeinen dürfte höchstens fünf Meter betragen. Die Hochburg ist schwer zu erreichen, weil …“, seine Stimme verlor, sich. Ein paar kostbare Sekunden später hatte er sich wieder gefangen und sprach in hastiger monotoner Stimme weiter. „Es wird schwer sein auf die Burg zu gelangen, denn sie ist von einem vier bis fünf Meter breiten Graben umgeben. Dieser hat keinen Boden, sondern besteht aus reinem Nichts. Syodann.“
Seine, mit Sicherheit existierende Verbeugung war nur zu erahnen. Es herrschte Totenstille, nicht die disziplinierte Art von Tonlosigkeit, sondern eine, in der die Fragen beinahe in der Luft lagen. Reines Nichts? Das war doch absolut unmöglich. „Irgendwelche Vermutungen, welche Materien in dem von Ihnen beschriebenen „Nichts “ herrschen könnten oder Möglichkeiten zur Umgehung oder Überbrückung Jayden?“