Bingo! Zufrieden ließ ich mich auf meinen Platz, neben meinen besten Freund Danny fallen. Dieser Abgang eben hatte echt Stil gehabt. Ich musste mir unbedingt angewöhnen, die Räume ab jetzt immer so spektakulär zu verlassen. „Vielen Dank, Ms. Blair, dass Sie uns heute auch noch mit Ihrer Anwesenheit beehren!“ Seufzend verfluchte ich alle Götter, die mir einfielen und auch die, die ich gerade vergessen hatte, dafür, dass sie mich von Mausefalle zu Mausefalle stolpern ließen.
„’tschuldigung Ms. Franklin. Wird nicht wieder vorkommen. Wenn Sie Mal mit Mr. Carell reden könnten und ihm verklickern würden, das ich auch noch andere Schulstunden außer Schwertkunst zu verrichten habe, wäre ich Ihnen sehr dankbar und würde wahrscheinlich jede Stunde pünktlich zum Unterricht erscheinen!“
Ein belustigtes Lächeln erschien auf Ms. Franklins zartem, hübschem Gesicht. Wie den meisten Lehrern der Courtney, sah man auch ihr nicht im Geringsten an, das ihr eigentlicher Beruf der eines Auftragsmörders war. Mit ihrem langen, blond gelockten Haar, das ihr bis zur Taille reichte und den großen ozeanblauen Augen, sah Sie eher wie ein Weihnachtsengel aus. Aber der Eindruck trog, denn wie jeder andere Erwachsene, der die Schule betrat, war auch sie eine Meisterin ihres Faches. Zwar unterrichtete sie uns ausschließlich in spiritueller Verfeinerung und Verkleidung und Darstellung, was aber nicht heißen soll, dass sie nicht mit Schwertern, Wurfklingen oder Explosivstoffen umgehen konnte.
„Ausgezeichneter Vorschlag, Florence. Bei Gelegenheit werde ich das tun, darauf können Sie sich verlassen! Aber jetzt werde ich erst mal meinen Unterricht fortführen! Danny könnten Sie Ms. Blair erzählen, was wir die letzten 20 Minuten getrieben haben?“
Danny grinste mich an, sein schokoladenbraunes Haar stand im Kontrast mit seinen grasgrünen Augen. Bevor er mit 6 Jahren zur Courtney gekommen war, hatte er eine Brille getragen. Die aber hatte er schnellstmöglich durch Kontaktlinsen ersetzten müssen, weder Seh- noch irgendeine andere Schwäche ist bei der Ausbildung zum Shinobi (das bedeutet in unserer Fachsprache ungefähr das gleiche wie „Ninja“ oder „der Unsichtbare“) erwünscht.
„Richtig Danny. Und Ms. Blair, denken Sie das irgendeine magische Ader in Ihnen schlummern könnte?“ Nein, das dachte ich nicht! Ich war mir sogar 100%ig sicher, dass ich keine übermenschlichen Kräfte hatte und das sagte ich Ms. Franklin auch.
„Viele berühmte Shinobis hielten sich für durchschnittlich!“, dozierte die Lehrerin und zog forschend eine ihrer schmalen Augenbrauen hoch „Ich würde mich freuen Sie heute Mittag bei dem alljährlichen Talent-Festival sehen zu dürfen.“ Ein Raunen ging durch die ganze Klasse, die eine beeindruckende Gesamtzahl von 18 Schülern aufwies. Und zum zweiten Mal an diesem Tag entzog sich meine Mundlade meiner Kontrolle und klappte hinunter. „Was?“, fragte ich nicht sehr intelligent. Ms. Franklin nickte ernst: „Sie haben mich schon verstanden!“
„Ich bin 16. Ich darf erst in zwei Jahren an dem Festival teilnehmen!“
Ein düsterer Ausdruck überschattete Ms. Franklins Engelsgesicht: „Ich weiß! Aber ich bin Ihre Lehrerin in spiritueller Verfeinerung, ich weiß, was ich tue.“
Danach setzte sie ihren Unterricht fort, als wäre nichts geschehen. Ein tiefer Seufzer entwich meiner Kehle, während ich mich auf meinem Stuhl zurücklehnte und meine Gedanken zu dem Goldäugigen abschweiften.
„Florence, du darfst mit 16 zum Talent-Festival! Das ist der absolute Wahnsinn, ich glaube das gab’s bis jetzt noch nie.“
„Gütiger Himmel, Danny! Manchmal bist du überflüssiger als ein Sandkasten in der Sahara. Als ob ich das nicht selber wüsste, also reg dich jetzt endlich ab!“ Genervt verdrehte ich die Augen und stopfte mir noch etwas von der Pizza Calzone in den Mund. Danny saß neben mir und begeisterte sich seit ungefähr zehn Minuten, wie ein kleines Kind an Weihnachten darüber, dass ich zu diesem Festival durfte. Selbstverständlich durften auch die Schüler, die noch nicht 18 waren dorthin, allerdings war es ihnen verboten, an der Auswahl teilzunehmen.