Der dunkle Wächter

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»Krys!« Chip stand mit verschränkten Armen am Bett des Dalmatiners. »Krys, wir müssen aufbrechen!« Krys rührte sich nicht und schlief seelenruhig weiter. »Mann, wieso schläft Krys denn so tief?«, fragte Chip sich ärgerlich. Augenblicklich öffneten sich die Augen des Kapitäns und er saß aufrecht im Bett. »Wieso ich so gut schlafe? Deep Sleep von Open Mind! Diese Fanfiction ist nicht gesponsert.« »Ach Krys, hast du dir schon wieder Drogen im Zauberwald besorgt?« »Das hat Kaspers Freund Simon mir verkauft.« »Steh jetzt endlich auf, wir müssen los!« Gestern Abend waren die Kapitäne im Rechten Rand angekommen und hatten Kaspers Freund Shlomo aka den vulgären Pudel abgeholt, der zuvor mit dem God Emperor des Rechten Randes Poker gespielt hatte. »Schalömchen!« Shlomo kam den Captains auf ihrem Weg zum Cockpit frisch ausgeschlafen entgegen. »Ihr seid also die Captains, von denen Kasper mir erzählt hat. Ich bin Shlomo aka...« »Shlomo fucking Pudelstein!« Krys verneigte sich vor Shlomo. »Alter Shlomo, jeder im Land kennt dich. Du hast den Emperor gerettet und den Rechten Rand davor bewahrt, genauso ein Shithole zu werden wie die Linken Berge.« Shlomo kicherte. »Ja, das war schon ne witzige Aktion damals.« »Wir wollen unseren Freund aus den Linken Bergen retten.«, erklärte Chip. »Du kannst uns doch sicher helfen ihn wieder zu redpillen, oder?« »Naaah ich weiß nicht.« Shlomo überlegte. »Ich hab zwar den Zauberwald und den Rechten Rand vorm Untergang gerettet, aber die Leute in den Linken Bergen sind inzwischen so gecuckt, das bringt selbst eine Unterweisung im Dreisatz nichts, fürchte ich.« »Die Hoffnung stirbt zuletzt.« Chip seufzte. »Komm Krys, lass uns endlich loslegen!«

Die Gewässer vor den Linken Bergen waren am heutigen Tag besonders stürmisch und die Captains taten sich schwer, Kurs zu halten. Chip konnte die Berge bereits am Horizont erblicken. Wehmütig dachte er an seine Heimat, der er vor langer Zeit den Rücken gekehrt hatte, um auf hoher See in Freiheit zu leben. Er hasste die Linken Berge nicht, im Gegenteil, er trauerte um sein Land und wünschte sich, die Facharbeiter könnten wieder in Freiheit und Wohlstand leben. »Alter Chip, schau dir die Wellen an!«, schrie Krys erschrocken. »Wo kommt den plötzlich der hohe Seegang her?« »Die Facharbeiter hüpfen mal wieder gemeinsam fürs Klima.«, erklärte Chip seufzend. »Dabei bringen sie den Erdboden so in Schwingung, dass die Wellen nicht ans Ufer schwappen, sondern von der Küste her auf uns zu kommen.« »Sag mal wie bescheuert ist euer Volk eigentlich?« Krys schüttelte verzweifelt den Kopf. »Da, schau! Da kommt eine riesige Welle direkt auf uns zu! Chip, reiß das Steuer rum!« Die fliegende Person mit Windmühlenhintergrund wurde ordentlich durchgeschüttelt, während eine schwarze Welle, die höher war als der Schiffsmast, direkt auf sie zukam. »Wir sind gefickt, Alter.«, flüsterte Krys. Hinter ihm ertönte eine schockiert klingende Stimme: »Scheiße Alter!« Die plötzlichen Turbulenzen hatten Kasper aus dem Unterdeck gelockt und er kam mit Shlomo im Schlepptau zum Cockpit gerannt. »Chip, Krys, was ist da los?« »Wir sind tot alter!«, erklärte Krys. »Was zum fick?« In Shlomo kochte Wut hoch, als er die Welle auf das Schiff zukommen sah. »Da unterbreche ich extra mein Pokerspiel mit dem Emperor nur um ein bisschen Spaß mit Kasper zu haben und jetzt erzählt ihr mir, ich soll sterben? Fuck off Kasper, dafür schuldest du mir mindestens eine kostenlose Bestellung bei Open Mind. Das war das letzte Mal, dass ich mit dir auf Abenteuerreise gegangen bin!« Augenblicklich beruhigte sich das Wasser und die Welle flachte ab. Im nächsten Moment wurde das Schiff von einer schwarzen Wolke umhüllt und dunkle Nebelschwaden nahmen den Captains die Sicht. »Sterben wir jetzt oder nicht?«, fragte Chip. »Ihr verwirrten Narren!« Eine Stimme ertönte über ihnen, die so geschmeidig war wie Samt und gleichzeitig Schwer wie eine bleierne Abrissbirne. »Ihr befindet euch in den Gewässern der Linken Berge, minderbemittelter Pöbel. Sterben ist in diesem Gebiet seit Übernahme von Maite Lobo illegal.« Vor den Captains erschien eine Gestalt in schwarzen Gewändern, deren Gesicht hinter einer Kapuze verborgen war. »Hey Schattenmann!«, begrüßte Kasper die Kreatur. »Lange nicht gesehen, alles klar?« »In einer Welt, die im Kern verdorben ist und sich täglich ein Stück mehr ihrem selbst gewählten Abgrund nähert, wagst du nutzloses Fabelwesen mich zu fragen, ob alles klar ist?« »Ja Schatti, sorry dass ich nicht außerhalb von Raum und Zeit denken kann wie du und dumme Fragen stelle, kommt nicht wieder vor.« »Immerhin bist du dir deiner Unterlegenheit bewusst.« Der Schattenmann nickte zufrieden. »Also werte Herren, was treibt euch in diese stürmischen Gewässer?« »Wir wollen unseren Freund besuchen.«, erklärte Chip. »Wir müssen ihn aus Maite Lobos Fängen befreien.« »Der Eintritt in die Linken Berge ist grundsätzlich jedem noch so unwürdigen Strolch gestattet.«, erklärte der Schattenmann. »Jedoch gibt es eine Bedingung für den Übertritt.« »Nee!« Shlomo schüttelte entschieden den Kopf. »Wir sollen wieder Clownsnasen aufsetzen? Fick dich ins Knie, nie wieder lasse ich mich so herabwürdigen!« Der Schattenmann brach in schallendes Gelächter aus. »Clownsnasen sind doch etwas für Neunzehnhundertnuller, du Tattergreis! Nein, für den Einlass gilt inzwischen die 2G Regel.« »Was bedeutet denn 2G?«, fragte Kasper verwirrt. »Grenzübertritt nur mit zwei Gistn Bier!« »Wie bidde?« Chip verschränkte empört die Arme vor der Brust. »Alles können sie uns nehmen, aber nicht unser Bier!« »Du Chip, was sind denn bitte Gistn?«, fragte Kasper leise. Da brach der Schattenmann wieder in Gelächter aus. »Wieso wundert es mich nicht, dass unser Kaschber kein Meddlfränkisch versteht?« »Wir sollen zwei Kästen Bier besorgen.«, erklärte Chip. »Aber den Teufel werde ich tun, unser hart ergaunertes Bier der Regierung der Linken Berge zu übergeben!« »Komm schon Chip.« Krys legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Nur dieses eine Mal. Du weißt, wie wichtig es ist.« »Sag mal Schattenmann, bist du zufällig auch bestechlich?«, fragte Chip neugierig. »Du verlauster Facharbeiter wagst es, meine Integrität infrage zu stellen?« Der Schattenmann kam Chip bedrohlich nahe. »Ich weiß, dein vom Skorbut zerfressenes Seeräubergehirn begreift nicht, was Prinzipien sind, aber glaub mir, ohne 2G kommst du am erhabenen Schattenmann nicht vorbei.« »Reg dich nicht auf, Chip.«, riet Krys seinem Freund. »Wir haben doch genug Bier im Unterdeck. Komm, lass uns den Mullen einen Besuch abstatten!« Die Captains stiegen hinab in das Unterdeck der fliegenden Person mit Windmühlenhintergrund, gefolgt von Shlomo und Kasper. »Gabi! Raxel!« Chip klopfte kräftig gegen die Tür, wenig später öffnete ihm eine Hündin mit langem, dunklen Fell. »Gabi, wir brauchen zwei Kästen Bier.«, erklärte Krys. »Wollt ihr euer eigenes Bierkränzchen veranstalten?«, fragte Gabi erstaunt. »Aber Captains, ihr wisst doch, dass ihr bei den Mullen jederzeit willkommen seid!« »Nein, das ist es nicht.« Krys drückte sich an Gabi vorbei in die Kabine der Mullen. Neben Gabi und Raxel hausten hier die Einhorndamen Charlotte und VN sowie der Facharbeiter Holger. Sie saßen alle Bier trinkend auf dem Boden und spielten ein im Zauberwald beliebtes Kartenspiel namens Horn oder kein Horn. »Wer ist denn der Kerl dort?«, fragte Kasper leise und deutete auf Holger, der einen Minirock und eine blonde Perücke trug. »Ach, das ist der Facharbeiter Holger.«, flüsterte Chip. »Früher war er ein ziemlich stabiler Typ, er hat er uns geholfen, das Schiff instand zu halten, aber seit er wieder längere Zeit in den Linken Bergen verbracht hat besteht er darauf, nur noch Bratwurst zu essen und Helga genannt zu werden.« »Ach du Scheiße.« Im nächsten Moment stieß Krys einen erzürnten Schrei aus. »Raxel, was soll die Scheiße?« Eine Hündin mit goldenem Fell und Brille sah erstaunt auf. »Wo ist das Bier hin?«, fragte Krys wütend. »Das haben wir getrunken.«, erklärte Raxel unverblümt. »Wir haben fünfzig Kästen aus dem Rechten Rand ergaunert!«, schrie Krys weiter. »Das war vor zwei Wochen, Raxel!« »Wieso soll ich jetzt daran Schuld sein?« Raxel schüttelte den Kopf. Charlotte zog eine Augenbraue hoch und warf Krys einen Blick zu. »Krys, darf ich dich daran erinnern, dass eines Tages fünfzehn Flaschen Don Papa Rum spurlos aus dem Unterdeck verschwunden sind? Die waren für Gabis Geburtstag gedacht, weißt du, wo die abgeblieben sind?« »Chip und ich hatten Langeweile, Mann.« Krys schüttelte verzweifelt den Kopf. »Wie sollen wir ohne Bier in die Linken Berge kommen?« »Zurück in den Rechten Rand, würde ich sagen.« Chip verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf Shlomo hinab. »Einer unserer Passagiere hat dort ja gute Kontakte an die Obrigkeit, oder?«

Shlomo und Kasper auf hoher SeeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt