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Es klingelte an der Tür. Niemand schien da zu sein um sie zu öffnen, also erhob er sich schwerenherzens von seinem Bett und trottete zur Tür.

Es war bereits Nachmittag. Die Schule war kurz, da es ohnehin der letzte Ferientag war und sich die Lehrer genauso wenig wie die Schüler heute noch um den Unterricht scherten.

Er hatte eigentlich nicht vorgehabt zu gehen, aus eben diesen Gründen, aber natürlich war ein gewisser Jemand mal wieder sehr überzeugend gewesen. Gelangweilt öffnete er die Tür "Hi." kam es nur und schon huschte ein Junge an ihm vorbei in sein Zimmer.

"Was machst du hier Manu?" fragte er verwundert, folgte ihm dann aber in sein Zimmer. "Hasst du mich?" "Was?" "Ob du mich hasst?" Kurz antwortete er nicht. Er wusste selbst nicht warum, die Antwort war schließlich klar.

Was ihn an der Situation irritierte war nicht, wie stürmisch er einfach bei ihm aufgetaucht war, sondern, dass es ihn scheinbar überhaupt noch interessierte. "Ich- warum willst du das wissen?" "Jetzt lenk nicht ab! Beantworte die Frage, frag nicht wo Pat ist, oder warum ich das wissen will, oder warum jetzt, sag einfach!"

"Hey wo ist eigentlich Palette?" grinste er. "Ich beantworte deine Frage, du beantwortest meine, so läuft das!" Kurz war Pause, dann begannen beide gleichzeitig zu sprechen. "Nein." "Streit." "Ach verdammt das war doch offensichtlich, jetzt hab ich meine Frage für sowas verschwendet!" fluchte er.

"Warum war das offensichtlich?" "Ha! Jetzt hab ich wieder eine Frage!" rief er triumphierend. "He, so läuft das aber nicht! Du hast nur eine Frage, wenn du meine Frage auch beantwortest, du hast wohl die Spielregeln vergessen!"

"Stimmt sorry, warum das offensichtlich war. Du bist hier, Patrick fand das sicher nicht so toll, aber Geheimnisse willst du vor ihm auch nicht haben, also hattet ihr einen Konflikt, er ist sauer, weil du zu mir gehst, obwohl er gesagt at du sollst es lassen und du hast ihm die Tür vor der Nase zugeknallt."

Ziemlich genau so musste es gewesen sein, das bestätigte Manus Gesichtsausdruck. Das mit den Fragen hatte seinen Ursprung in der 8. Klasse. Er hatte Manu immer nach den Hausaufgaben gefragt, und das war diesem dann irgendwann so auf den Sack gegangen, dass sie sich darauf einigt hatten, dass Micha Manu nur noch etwas fragen durfte, wenn dieser ebenfalls eine Frage ehrlich beantworten musste und andersrum.

Das war zwar ziemlich sinnlos, denn seine Frage war immer: "Was sind die Lösungen in der Hausaufgabe?" und Manus war aus Mangel einer besseren Idee immer "Willst du mich heiraten?" gewesen, trotzdem hörten sie damit nicht auf, einfach weil es trotzdem jedes Mal witzig war.

"Na schön, du hast doch noch eine Frage. Schieß los." forderte ihn Manu auf. Kurz musste er überlegen, doch entschied sich dann für die Frage, die er schonmal gestellt hatte. "Warum bist du hier?" Stille.

Er schien zu überlegen, ziemlich lange. "Ich weiß es nicht. Ich schätze ich kann einfach nicht loslassen. Das gesamte Jahr über, hab ich mir eingeredet, dass es nur ein Streit war, immer wenn Patrick davon anfing, gab es Zoff bei uns. Und vielleicht, vielleicht wollte ich mich auch bei dir entschuldigen."

Er riss seine Augen auf. "Entschuldigen? Du? Warum zur Hölle solltest du dich entschuldigen?"

"Wir waren davon ausgegangen, dass du dich für uns freuen würdest, was man von einem Freund auch erwarten kann, aber wir haben nicht eine Sekunde daran gedacht, wie du das finden könntest. Wir wussten, dass du Probleme mit dem allein sein hast und trotzdem sind wir davon ausgegangen, dass du in erster Linie dich für uns freuen würdest. Wir haben die ganze Situation nur aus unserer Sicht gesehen und haben vergessen, dass es auch noch dich gibt. Das klingt blöd, aber es ist so. Wir haben die gesamte Zeit über übersehen, dass es für dich ebenfalls schwierig war. Die ersten Wochen war ich sauer, aber danach hab ich mehr angefangen mich in dich hineinzuversetzen, nicht nur in dieser Situation, sondern für die gesamte Zeit in der wir uns kennen und davor und immer wenn etwas in deinem Leben passiert ist, das hab ich unterschätzt und das tut mir Leid. Das macht nicht wieder gut was du getan hast, aber ich kann nachvollziehen wie es dazu kommen konnte. Ich weiß nicht was du denkst, aber nachdem das alles passiert ist hatten wir alles andere als eine gesunde Beziehung. Ich hab mich nur mit dir beschäftigt, während Pat immer noch wütend auf dich war, ist er im Übrigen immer noch, er verstand nicht wie ich mich überhaupt für dich und das was aus dir geworden ist interessieren konnte und dabei hat er immer etwas ganz entscheidendes übersehen, nämlich dass du mein bester Freund bist... du hast es nie aufgehört zu sein."

Er konnte es nicht zurück halten. Eine Träne lief ihm über die Wange. Erst jetzt so wirklich war er gezwungen sich damit auseinanderzusetzen, doch durch Maurice war ihm klargeworden, was zu tun war. Er schaute einmal zu Mauri, der es fertig brachte besorgt, traurig und aufmunternd zu gleich auszusehen.

"Das ist unfair!" sagte er dann entschlossen. "W-was ist unfair?" "Ich hab die Scheiße gebaut, ich bin einfach weg gelaufen, als das schlimmste passiert ist, was hätte passieren können. Damit meine ich nicht, dass ihr euch ineinander verliebt habt, das ist toll, das hat es nur noch schwerer gemacht, ich meine, dass ihr etwas verkündet habt, was ein verdammt guter Grund war mich wieder allein dastehen zu lassen-"

"Du wärst nicht allein gewesen. Wir waren immer noch die gleichen, es wäre doch alles wie immer gewesen." "Das stimmt nicht Manu und das weißt du ganz genau." Der Junge schwieg wieder und senkte seinen Blick.

"Das war eine verdammt beschissene Situation für mich, aber nichts auf der Welt hat mir das Recht gegeben mich über euch zu stellen in dem Moment und nichts gibt dir das Recht, hier her zu kommen, dich mit deinem Freund zu streiten und dich dann bei mir für die Scheiße die ich verbockt habe zu entschuldigen, also nochmal von vorne jetzt!"

Auch Manu begann zu schniefen. "Ding Dong." sagte er undeutlich durch das gleichzeitige Schniefen und lachen. "Herein." "Du bist ein Arschloch, ich hasse dich!" "Oh Manu ich wollte mich sowieso bei dir entschuldigen, für alles was ich vor einem.... einem Jah- Jahr gesagt habe und w-wie ich seitdem drauf bin, i-ich habe kein Recht gehabt das zu tun, ich hätte meinen..... meinen besten Fr-Freund nicht so behandeln dürfen."

Der Schluss wurde immer undeutlicher, da aus dem Schniefen mittlerweile ein halber Heulkrampf geworden war. Das war allerdings nicht nur bei ihm so, auch Manu liefen unaufhörlich die Tränen. Das war ein Beweis mehr, wie viel ihm das hier bedeutete.

"Verdammt sie hat echt was mit dir gemacht." schluchzte er. "Er" korrigierte er Manu. "Wie auch immer, du musst echt verliebt sein." "Nein, ich bin nicht verliebt." "Oh nein natürlich nicht, kommt mir vielleicht nur so vor." grinste der Langhaarige.

"Wie, wie geht es jetzt weiter?" fragte er zaghaft, nachdem beide sich wieder etwas beruhigt hatten. "Gott, wenn ich das wüsste, hätte ich so viel weniger Probleme." lachte Manu verbittert.

"Ich will, dass es wieder ist wie früher, ich vermisse euch." leicht nickte Manu. "Hast du eigentlich nochmal was von deiner Anzeige gehört?" Jetzt runzelte der Langhaarige die Stirn. "Wie kommst du da jetzt drauf?"

"Naja, schließlich wird sie doch sicher erfolgreich." Manu zog eine Augenbraue hoch. "Das klang aber als ich dich deswegen angerufen habe anders." Er musste leicht grinsen. "Naja, da bin ich noch nicht mit Videobeweis um mein Leben gerannt."

Der Braunhaarige riss erschrocken die Augen auf. "Du hast was!?" Er winkte ab. "Ist ja auch egal. Jedenfalls dürfte jetzt alles durchgehen. Phillip zumindest ist weg. Seine Eltern schicken ihn auf ein Internat, irgendwo in einer ganz anderen Ecke von Deutschland, er hat mit seinem Verhalten scheinbar der Firma seines Vaters ziemlich geschadet."

Manu sah ziemlich verwirrt aus. "Aber warum hast du dich so sehr gegen ihn verschworen?"
"Er hat jeden beleidigt und verletzt, der mir wichtig ist! Dich, Patrick, Mira, Maurice, das reicht, das musste aufhören!" Manu lächelte immer mehr. "Ist das sein Name?" Er nickte und sah zu dem Blonden, der ein bisschen verlegen drein schaute.

"Ich würde ihn gerne mal kennen lernen und Pat bestimmt auch." "Ja ich würde das auch gern...... wie auch immer, ich muss das bei Patrick erstmal in Ordnung bringen!" Entschlossen nickte er und der langhaarige tat es ihm gleich.

"Morgen gehen wir hin!" "Morgen schon!?" "Sei kein Schisser, wir kriegen das hin er ist schließlich sauer auf uns beide!" "Ja genau das ist ja das Problem. Bring das doch erstmal zwischen euch wieder in Ordnung." Manuel schaute traurig. "Ich fürchte da gibt es bald nichts mehr in Ordnung zu bringen. Entweder ganz oder gar nicht heißt es jetzt, sonst....... gehen wir möglicherweise bald alle drei getrennte Wege."

"So schlimm?" "Nie gut." Schweigen. Schließlich stand Manu auf. "Ich geh dann jetzt. Ich muss noch ein bisschen heulen und in Selbstmitleid versinken." Er lachte kurz. "Tu das, das hast du echt schon lang vor dir her geschoben." Auch Manu musste dann doch nochmal grinsen.

Und etwas verloren standen beide im Raum. Keine Ahnung wie sie sich verabschieden sollten. Schließlich entschied sich der Kleinere zu einem kurzen Winken und ging schließlich aus der Tür, auf welcher, bei genauerm Hinsehen ein Wort stand.

'Zusammenhalt'

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1557 Wörter

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